Sowohl die im Regierungsprogramm vorgesehene Verkürzung der Beschwerdefristen als auch der Ausschluss der außerordentlichen Revision in Asylverfahren stoßen auf gravierende verfassungsrechtliche Bedenken. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in einer Reihe von Entscheidungen auf das von der Verfassung vorgegebene Erfordernis eines möglichst einheitlichen Verfahrensrechts für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hingewiesen. Vom VwGVG abweichende Regelungen dürfen daher nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes „unerlässlich“ sind (Art 136. Abs. 2 B-VG).
Verwaltungsgerichtshof gegen Sonderregelungen
In einer Presseaussendung weist der Gerichtshof darauf hin, dass es mit der 2012 beschlossenen Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform gelungen ist, ein für alle Verwaltungsmaterien einheitliches Rechtsschutzsystem zu schaffen, indem der Verwaltungsgerichtshof sicherstellt, dass das Verwaltungsrecht nach einheitlichen Grundsätzen vollzogen wird.
Ein Ausschluss der außerordentlichen Revision in Asylverfahren bedeute eine Durchbrechung der derzeit bestehenden einheitlichen rechtsstaatlichen Standards und einen rechtsstaatlichen Rückschritt in einem menschenrechtlich besonders sensiblen Bereich, dem keine signifikanten Effizienzsteigerungen gegenüberstehen.
Der Verwaltungsgerichtshof spricht sich daher gegen den geplanten Ausschluss der außerordentlichen Revision in Asylverfahren aus.
Eigene Verwaltungsprozessordnung erforderlich
Der Dachverband der Verwaltungsrichter hat in seiner AGENDA VG 2022 dazu festgestellt, dass ein zersplittertes Verfahrensrecht eine Einfallpforte für uneinheitliche Rechtsprechung, missbräuchliche Anwendung und damit Rechtsunsicherheit sein kann. Das zeigen Erfahrungen in verschiedenen europäischen Rechtsschutzsystemen. Ein möglichst bestandsicheres, übersichtliches und verständliches Verfahrensrecht ist dagegen einer der wesentlichsten Garanten für Rechtssicherheit. Daher wird eine eigene Verwaltungsprozessordnung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gefordert.