Asyl: Überprüfungsverfahren gegen Ländergutachter

Schwerpunkt Migration

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien leitete nach Kritik an Afghanistan-Expertise, auf die sich Asylentscheide berufen, ein Überprüfungsverfahren ein

Der Wiener Geschäftsmann Karl Mahringer ist in Österreich aktuell der einzige gerichtlich beeidete Sachverständige in der Fachgruppe Länderkunde für das Land Afghanistan. Daher kommt der Expertise des Sachverständigen bei Asylentscheidungen, die Afghanistan betreffen, ein rechtlich gewichtiges Wort zu – auch wenn vom Gericht andere, freie Gutachter mit entsprechender Expertise ebenfalls zurate gezogen werden können.

Im Jänner des Vorjahres hat Mahringer ein von einem Asylrichter am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in Auftrag gegebenes Gutachten zur Lage in Afghanistan verfasst. Auf die Mahringer-Expertise nahmen seither viele Asylentscheidungen Bezug.

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Entsenderichtlinie: Scheinfirmen agieren aus dem Ausland

Foto: Getty Images

Der Europäische Gerichtshof hat letzte Woche in einer Entscheidung klargestellt,dass nationale Gerichte Sozialversicherungsbescheinigungen, die in einem anderen EU-Staat ausgestellt worden sind, nicht beachten müssen, wenn sie die Vermutung haben, dass diese illegal erlangt wurden.

Nach Daten des Finanzministeriums gab es im Vorjahr insgesamt 118.500 Entsendungen aus dem EU-Raum nach Österreich, um 76 Prozent mehr als 2016. Da mit einem Formular meist mehrere Personen angemeldet werden, stieg die Zahl der entsendeten EU-Arbeitskräfte von 170.000 auf geschätzte 300.000.

Verlust von rund 65.000 Arbeitsplätzen

Hauptherkunftsländer sind Ungarn, Slowenien, Slowakei und Deutschland, hauptbetroffen ist der Bausektor in Wien und den Grenzregionen. Umgelegt auf Arbeitsstunden würden die Entsendungen einen Verlust von rund 65.000 Arbeitsplätzen in Österreich bedeuten, errechnete die Wirtschaftskammer. Die Wirtschaftskammer klagt auch über unfairen Wettbewerb durch neue Betrugsmaschen.

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So funktioniert „Big Data“

Was Daten über uns verraten

Jede im Internet getätigte Aktion produziert verarbeitbare Daten, ob der Nutzer will oder nicht. Und durch die Verknüpfung scheinbar harmlos oder gar nutzlos erscheinender Daten können teilweise die abstraktesten Dinge über Nutzer herausgefunden werden.

Der Informatiker David Kriesel  hat zwei Jahre lang alle Beiträge, die auf Spiegel-Online erschienen sind, gespeichert und dann nach unterschiedlichsten Kriterien ausgewertet (sog. SpiegelMining).  Er zeigt in einem Vortrag sehr anschaulich und verständlich, wie  „Big Data“ Daten interpretiert und welche erstaunlichen Ergebnisse man daraus ableiten kann.

Folgt man seinen Gedankengängen, erahnt man, welche Möglichkeiten auch Staaten das Speichern und Auswerten von Daten seiner Bürger (z.B. durch Vorratsdatenspeicherung) bietet.

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„Big Data“ – auf dem Weg zum gläsernen Richter (2)

„Big Data“ birgt Gefahren für rechtsstaatliche Prinzipien

Es zeigt sich, dass die Gefahr besteht, dass durch den Einsatz von „Big Data“ in der „digitalen“ Justiz rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung, der Grundsatz der Waffengleichheit und des  fairen Verfahrens verletzt werden könnten, auch die Verständlichkeit und Lesbarkeit richterlicher Entscheidungen könnte durch „automatisierte“ Entscheidungsfindung leiden.

Algorithmen sind nicht neutral

Der Einsatz von „Big Data” birgt auch die Gefahr, dass bereits bestehende Vorurteile und Stereotypen weiter verfestigt werden. Auch sind Algorithmen nicht neutral, sondern sie spiegeln die jeweils bestehende Rechtslage wider. Die Geschäftsmodelle der Internet-Big-Five basieren auf der amerikanischen Verfassungsrechtslage, nach der staatliche Eingriffe und Restriktionen unternehmerischer Tätigkeit absolut verpönt sind. Indem die US-Internetkonzerne in Europa genauso agieren wie in den USA, nehmen sie die Verletzung europäischer Normen, insbesondere der Grundrechte, billigend in Kauf.

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„Big Data“ – auf dem Weg zum gläsernen Richter (1)

In den USA ist bereits ein Programm erhältlich, welches erlaubt, die Entscheidungspraxis einzelner Richter detailliert zu analysieren (hier abrufbar: Judge Analytics Tutorial).

Bart van der Sloot vom “Tilburg Institute for Law, Technology, and Society (TILT)in den Niederlanden hat für das Europäische Netzwerk der Justizräte (ENCJ) untersucht, was „Big Data“ für die „digitale“ Justiz bedeutet, insbesondere welche neuen Gefahren drohen bzw. welche neuen Möglichkeiten entstehen könnten.

Feststeht bereits, dass “Big Data” Auswirkungen auf jeden einzelnen Verfahrensschritt vor Gericht haben kann: Von der Einbringung der Klage, über den Zugang zu Akten und Dokumenten, die Verhandlung bis zur Entscheidung und dem Zugang zu den Entscheidungen.

Auswertung von Entscheidungen durch neuronale Netze

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Richterernennung (2): Ex-Justizminister soll Verfassungsrichter werden

apa

Keine Wartefrist für Ex-Politiker

Man muss fast 100 Jahre zurückgehen, um ähnliche Fälle zu finden. Zuletzt gab es in der Ersten Republik direkte Wechsel aus der Regierung in den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Mit Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter könnte nun wieder jemand mehr oder weniger direkt aus der Regierung in das Höchstgericht wechseln. Anders als beim Präsident bzw. Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofes gibt es für die Ernennung von Expolitikern zu „einfachen“ Richtern keine sogenannte „Cooling-off“ – Phase.

Kritik an Nebentätigkeiten

Nach einem Bericht des „Standard“ stoße die Bestellung von Brandstetter bei etlichen Richtern des Verfassungsgerichtshofs auf  Unverständnis, habe er doch als Ex-Minister jahrelang in der Justiz und über Gesetze bzw. Gesetzesvorhaben (mit)bestimmt, sodass Befangenheiten entstehen könnten.

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Richterernennung (1): Nationalrats-Abgeordnete kann keine Richterin werden

Erstgereihte Bewerberin kommt beim Bundesfinanzgericht wegen Unvereinbarkeit nicht zum Zug

Bereits im Dezember 2016 waren beim Bundesfinanzgericht die offenen Stellen für 14 Richterinnen und Richter ausgeschrieben worden. Die Auswahlverfahren wurden schon im Frühjahr 2017 beendet (siehe dazu den Bericht der Tiroler Tageszeitung).

Das Finanzministerium hat die Reihungsvorschläge des Personalsenates allerdings erst jetzt dem Ministerrat vorgelegt. Letzte Woche hat die Regierung dem Bundespräsidenten 14 Kandidaten (acht Frauen und sechs Männer) für die offenen Richterposten zur Ernennung vorgeschlagen. Zum Zug kamen durchwegs die erstgereihten Bewerberinnen und Bewerber – mit Ausnahme der Außenstelle Innsbruck.

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Österreich: 75 Prozent der Asyl-Verfahren gehen zum Bundesverwaltungsgericht

Schwerpunkt Migration

Auf den ersten Blick sehen die Zahlen gut aus: 60.048 Asylentscheidungen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Jahr 2017 getroffen.

Der Berg, der sich während der Flüchtlingswelle 2015/’16 angehäuft hat, ist so gut wie abgebaut. 23.628 Fälle liegen derzeit beim BFA. Das ergibt sich aus der Jahresbilanz des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.

Auf den zweiten Blick relativiert sich die Erfolgsbilanz: Drei Viertel der abgewiesenen Asylwerber haben laut Innenministerium im Vorjahr Beschwerde eingelegt, aktuell werden 16.443 Personen in der Grundversorgung finanziert, die gerade auf eine Entscheidung der zweiten Instanz warten.

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BRD: Bewältigung der Asylklagen wird noch Jahre dauern

Schwerpunkt Migration

Flüchtlinge klagen gegen Asylbescheide, das Amt geht in Berufung: Diese Fälle werden die Justiz noch lange beschäftigen, sagt der Bund Deutscher Verwaltungsrichter – und viel Personal binden.

Der Bund Deutscher Verwaltungsrichter (BDVR) rechnet mit anhaltenden Verzögerungen bei der Bearbeitung von Asylklagen. Die Bewältigung der in den vergangenen Jahren bei den Verwaltungsgerichten eingegangenen Verfahren werde noch einige Jahre in Anspruch nehmen, sagte der Vorsitzende Robert Seegmüller der „Heilbronner Stimme“. Die Einschätzung, das zusätzlich zur Verfügung gestellte Personal könne in ein bis zwei Jahren wieder abgezogen werden, sei schlicht falsch.

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Vergaberecht: Firmen zittern um Schlichtungsstelle

Verpflichtend zuerst zur Schlichtung, erst dann zum Gericht: Das ist der EU ein Dorn im Auge.

Erst kürzlich wurde Österreich von der EU-Kommission wegen Nichtumsetzung von Vergaberichtlinien verklagt – und jetzt hat die Republik ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren am Hals. Diesmal geht es um ein niederösterreichisches Spezifikum: Dort können Unternehmen, die mit Vergabeentscheidungen öffentlicher Auftraggeber nicht einverstanden sind, nicht gleich vors Landesverwaltungsgericht ziehen. Sie müssen sich zuerst an eine Schlichtungsstelle wenden.

Die Wirtschaftskammer lobt das als Erfolgsmodell: 48 Schlichtungsanträge habe es im Jahr 2016 gegeben, in 94 Prozent der Fälle sei die Schlichtung gelungen. Die Unternehmen hätten sich dadurch ein kostspieliges Gerichtsverfahren erspart – die Schlichtung ist für sie gratis. Der EU-Kommission ortet jedoch einen Verstoß gegen Unionsrecht und hat Österreich zur Stellungnahme aufgefordert.

Verpflichtend oder fakultativ?

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