EuGH:  Facebook kann zum Löschen von „Hasspostings“ gezwungen werden

Dado Ruvic/REUTERS

Auf gerichtliche Anordnung muss Facebook „Hasspostings“ nicht nur für Nutzer in der EU unzugänglich machen oder löschen, sondern weltweit.

So der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg in einer aktuellen Entscheidung  (C-18/18).

Auch wortgleiche Äußerungen betroffen

Onlinedienste wie Facebook können gezwungen werden, bei für rechtswidrig erklärten Kommentaren weitere wortgleiche Äußerungen zu suchen und diese ebenfalls zu sperren oder zu löschen. Unter Umständen gilt dies sogar für Informationen sinngleichen Inhalts. Nach Auffassung des Gerichtshofs steht das EU-Recht entsprechenden Entscheidungen nationaler Gerichte nicht entgegen. Unter Berücksichtigung des relevanten internationalen Rechts könne sogar eine weltweite Löschung der Beiträge veranlasst werden.

Damit geht der EuGH über die Position des Generalanwalts hinaus, der sich ursprünglich dagegen ausgesprochen hatte, Facebook eine Pflicht aufzuerlegen, auch sinngleiche Kommentare dritter Nutzer zu löschen, hieß es in seinem Schlussplädoyer. Dies könne schon wegen der Kosten von Facebook nicht verlangt werden. Außerdem sei die Meinungs- und Informationsfreiheit in Gefahr, wenn Facebook zur Löschung solcher Drittkommentare verpflichtet würde.

Kein Verstoß gegen EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr

 

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Falsche Beweismittel durch fehlerhafte Software: Dänemark muss tausende Inhaftierungen neu untersuchen

32 Personen wurden in den letzten Wochen aus Gefängnissen in Dänemark entlassen. Die Verurteilungen basierten auf falschen Standortinformationen. Unschuldige wurden zu Unrecht verurteilt und Schuldige konnten dadurch vielleicht einer Strafe entkommen.

Dänemark hat 32 Gefängnisinsassen freigelassen. Grund dafür sind laufende Untersuchungen von mehr als 10.700 Inhaftierungen. Die in den Fällen verwendete Software zur Ermittlung von Standortinformationen der Mobilfunkanbieter sollen fehlerhaft gewesen sein. Und so zur Verurteilung von Tausenden Unschuldigen geführt haben – und umgekehrt. Sieben Jahre lang wurde das IT-System verwendet.

Bei all den Fällen handelt es sich um Verfahren, bei denen ein Strafmaß von mehr als sechs Jahren erwartet wurde. Andernfalls hätten die Provider die Daten nicht herausgeben müssen.

„Drastische Entscheidung, aber notwendig“

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Umweltrecht: Nationalrat erklärt Klimanotstand

Der Nationalrat hat sich in seiner letzten Sitzung vor den Wahlen in einem Entschließungsantrag dazu bekannt, in Österreich einen „Climate Emergency“, also Klimanotstand, zu erklären und damit die Eindämmung der Klima- und Umweltkrise und ihrer schwerwiegenden Folgen als Aufgabe höchster Priorität anzuerkennen.

Österreich ist nach Großbritannien, Irland und Frankreich nun der vierte Staat Europas, der Klima- und Umweltschutz zur Aufgabe höchster politischer Priorität macht.

Bekenntnis zum Klimanotstand

Abgelehnt wurde der Entschließungsantrag nur von der FPÖ. Deren Abgeordneter Walter Rauch sprach von einem Versuch „Klimahysterie abseits von jeglichen Realitäten“ zu erzeugen. Weltuntergangsszenarien würden niemandem weiterhelfen, ergänzte der Abgeordnete Harald Stefan.

NGOs begrüßen Signal und drängen auf Taten

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Gericht der Europäischen Union: Das unbekannte Verwaltungsgericht

Bericht von einer Studienreise (2) 

Während der Europäische Gerichtshof (EuGH) durch eine Reihe von Entscheidungen einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden ist, arbeitet das zweite Gericht im Europäischen Gerichtssystem, das Gericht der Europäischen Union (EuG), von außen weitgehend unbeachtet. Zu Unrecht, wie wir uns im Rahmen unserer Studienreise nach Luxemburg überzeugen konnten.

EuG als erstinstanzliches Verwaltungsgericht

Während der EuGH als oberstes Rechtsprechungsorgan der EU im Wesentlichen zur Entscheidung in Vorabentscheidungsverfahren und Vertragsverletzungsverfahren zuständig ist, hat das EuG (Englisch: „General Court“) die Funktion eines erstinstanzlichen Verwaltungsgerichts, welches zur Kontrolle der Entscheidungen von EU-Organen (hauptsächlich der EU-Kommission) berufen ist.

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Luxemburger Verwaltungsgerichte: Rechtsschutz ohne Sprachbarriere

Bericht von einer Studienreise (1)

Der schmucklose 70er Jahre-Bau, in dem die beiden Verwaltungsgerichte des Großherzogtums untergebracht sind, war damals eines der ersten Gebäude auf dem Kirchberg. Heute ist es neben den drei neuen Türmen des EuGH und den anderen Gebäuden europäischer Institutionen in der neu geschaffenen Stahl-Glas-und Asphaltwüste des heutigen Kirchberges fast zu übersehen.

Frankreich als Vorbild

Notwendig geworden war die Einrichtung von Verwaltungsgerichten in Luxemburg im Jahr 1997, nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht (EGMR) die Doppelfunktion des nach französischem Vorbild eingerichteten Staatsrats als Beratungsorgan der Regierung und als Verwaltungsgericht als unzulässig erklärt hatte (Urteil“ Procola“).

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RZ Editorial 9/19: Justitia 2025

« Wir alle appellieren an das Verantwortungsbewusstsein der Politik. Es wird an der künftigen Regierung und dem neugewählten Nationalrat liegen, die Justiz so auszustatten, dass sie ihre verfassungsmäßige Rolle im Rechtsstaat wahrnehmen und ihre Aufgaben – zeitnah und qualitätsvoll – erfüllen kann. Denn eines steht fest: Am Rechtsstaat darf nicht gespart werden. » Den ganzen …

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Tagung: Künstliche Intelligenz – Fluch oder Segen?

Die eintägige Veranstaltung der Forschungsstelle für Polizei und Justizwissenschaften („Austrian Center for Law Enforcement Sciences“ – ALES) der Universität Wien beleuchtet den Einsatz künstlicher Intelligenz aus verschiedenen Perspektiven. Unter anderem wird in den Vorträgen der Frage nachgegangen, welche Haftungsfragen es bei den Entwicklungen künstlicher Intelligenz geben kann, wie vielversprechend  KI-geleitete Kriminalanalyse ist und ob es  …

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EuGH bestätigt die Bedenken des LVwG Steiermark hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit von Sanktionen bei Arbeitskräfteüberlassung

Das LVwG Steiermark hegte berechtigte Zweifel an der Vereinbarkeit der Strafbestimmungen des AVRAG im Zusammenhang mit der Arbeitskräftüberlassung, entschied der EuGH im Vorabentscheidungsverfahren.

Auch wenn den Gerichten ein gewisser Ermessensspielraum bei der Strafbemessung eingeräumt wird, wird dieser jedoch durch das Zusammenspiel von Kumulationsprinzip, strafsatzändernden Umständen und hohen Mindeststrafen so stark eingeschränkt, dass sich selbst bei Verhängung der niedrigsten möglichen Strafe eine sehr hohe Gesamtstrafe ergibt. Dies ist mit dem unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Sanktionen nicht vereinbar.

Weiters wollte das vorlegende Gericht wissen, ob die Möglichkeit der Verhängung einer mehrjährigen Ersatzfreiheitsstrafe im Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe für ein fahrlässig begangenes Verwaltungsdelikt mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang steht. Schließlich wurde auch der Beschwerdekostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe für den Fall der Abweisung der Beschwerde gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG in Frage gestellt. Auch diese Bedenken teilt der Gerichtshof.

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„App-Based Companies“: Kalifornien revolutioniert Arbeitsrecht

Kalifornien hat den Weg für ein Gesetz geebnet, das Folgen weit über den US-Bundesstaat hinaus haben könnte: Fahrdienstvermittler wie Uber und Essenszustelldienste müssen ihre Vertragsarbeiter künftig als Angestellte behandeln und ihnen alle entsprechenden Absicherungen zukommen lassen. Die Gig-Economy ist erschüttert.

Die Gesetzesvorlage „Assembly Bill 5“ wurde von der demokratischen Abgeordneten Lorena Gonzalez eingebracht und von Gouverneur Gavin Newsom unterstützt – mit 29 zu elf Stimmen nahm der Senat die Vorlage an. Das Gesetz, das mit Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten soll, würde das bisherige Geschäftsmodell derartiger Firmen nachhaltig umkrempeln – beziehungsweise gefährden.

Es besagt, dass Arbeiternehmer und Arbeitnehmerinnen als Angestellte eines Unternehmens im Sinne des staatlichen Lohngesetzes einzustufen sind, wenn der Arbeitgeber Kontrolle über ihre Arbeit und ihre Leistung ausübt oder sie integraler Bestandteil seines Geschäfts sind.

Hunderttausende Betroffene

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Polnische Richter im Visier von Internet-Trollen

Eine Trollfabrik in Polen scheint Personaldaten von politisch unliebsamen Richtern direkt aus dem Justizministerium bekommen zu haben

Es fängt mit übler Nachrede an. Dann verbreitet das nationale Fernsehen die Verleumdungen. Und am Ende kommt der Staatsanwalt, der das ‚empörte Volk‘ repräsentiert“, berichtet Katarzyna Kałwak, eine Richterin aus dem oberschlesischen Olesno. Sie ist eine von vielen polnischen Richterinnen und Richtern, die Opfer einer Hetzkampagne aus dem Justizministerium wurden. „Das Schlimmste kommt mit der Angst“, bekennt der Posener Richter Bartłomiej Przymusiński. „Wenn die Richter anfangen, sich zu fürchten, ist das der Anfang vom Ende.“

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