VfGH Judikatur / Höhe der Verwaltungsstrafen nicht mehr begrenzt

Der Verfassungsgerichtshof hat seine bisherige Rechtsprechung, wonach Geldstrafen ab einer gewissen Höhe nur von regulären Strafgerichten und nicht von Behörden verhängt werden dürfen, geändert. Der Gerichtshof hat damit einen Antrag des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) abgewiesen, die entsprechende Bestimmung im Bankwesengesetz (BWG) für verfassungswidrig zu erklären.

Dem Verfahren zugrunde lagen Beschwerden von Meinl-Bank und Western Union gegen Geldstrafen in der Höhe von mehr als 900.000 beziehungsweise mehr als 200.000 Euro, die die Finanzmarktaufsicht (FMA) wegen Verstößen gegen Bestimmungen zur Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsprävention verhängt hatte. Das BVwG berief sich dabei auf die frühere Judikatur des Höchstgerichts und beantragte die Aufhebung der Strafbestimmungen als verfassungswidrig, da diese gegen Artikel 91 des Bundesverfassungsgesetzes verstoße.

Änderung der Rechtsprechung

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Illegales Glücksspiel: Verwaltungsstrafen schrecken nicht ab

Foto: KURIER/Dominik Schreiber

Finanzbehörden, die aus Sicherheitsgründen nur mit der Eliteeinheit WEGA, Feuerwehr, Elektrikern und Entminungsdienst zu Razzien ausrücken – aus Angst vor Angriffen mit Reizgas oder Stromfallen. Steigende Gewalt der albanischen, ex-jugoslawischen und tschetschenischen „Security-Mitarbeiter“ von Automatenbetreibern.

Verwaltungsstrafen, die oft ins Leere laufen und geschätzte rund 70.000 (teils minderjährige) Spielsüchtige, die das letzte Geld ihrer Familien und Freunde in Automaten verspielen, bevor sie straffällig werden, um Bares herbeizuschaffen. Zweistellige Millionenbeträge als Reingewinn jedes Jahr für die Hintermänner.

So wurde in einem Beitrag in der Tageszeitung „Kurier“  die aktuelle Situation rund um das illegale Glückspiel in Österreich beschrieben.

Verwaltungsbehörden fehlen Mittel zur Strafverfolgung

Die Landesverwaltungsgerichte Tirol und Burgenland hatten bereits im Jahr 2014 verfassungsrechtliche Bedenken dagegen erhoben, dass die Verfolgung des illegalen Glückspiels ausschließlich in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden  fallen sollte. Gerade das Glücksspiel sei mit besonderen Gefahren verbunden und dessen Sozialschädlichkeit nachweislich gegeben. Die ausschließliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden bedeute einen Eingriff in den Kernbereich strafgerichtlicher Zuständigkeiten und würde die Bestimmung des § 168 StGB inhaltsleer machen.

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Verfassungsgerichtshof prüft Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG)

Im Anlassfall war der Antrag der Beschwerdeführerin –  einer nigerianischen Staatsbürgerin, deren Kind österreichische Staatsbürgerin ist –  auf Zuerkennung der Mindestsicherung vom Magistrat der Stadt Wien abgewiesen worden.  Das Verwaltungsgericht Wien hat die Abweisung des Antrages im Wesentlichen mit der Begründung bestätigt, dass es sich beim Aufenthaltstitel der Beschwerdeführerin („Familienangehöriger“ gemäß § 47 NAG) um keinen der in § 5 Abs. 2 Z 3 und 4 WMG taxativ aufgezählten Aufenthaltstitel handelt, sodass eine Zuerkennung rechtlich unzulässig ist.

Der Verfassungsgerichtshof hegt in seinem Prüfungsbeschluss (E 2239/2016-15 vom 13. Dezember 2017) Bedenken, ob es sachliche Gründe dafür gibt, Drittstaatsangehörigen, denen in Österreich ein Aufenthaltsrecht als „Familienangehörige“ iSd § 47 NAG zukommt, das Existenzminimum nach mindestsicherungsrechtlichen landesgesetzlichen Vorschriften für sich und ein minderjähriges Kind österreichischer Staatsangehörigkeit zu verweigern, obschon sie für das im gemeinsamen Haushalt lebende Kind unterhaltspflichtig sind.

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VfGH Judikatur / Mindestsicherung in Vorarlberg weitgehend sachlich gerechtfertigt

Übergangsregelung für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte aber unsachlich geregelt. Fälle aus Niederösterreich wurden vertagt.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Dezembersession Klarstellungen zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung getroffen. Bestimmungen über den Ersatz von Geld- durch Sachleistungen in der Vorarlberger Mindestsicherungsverordnung (MSV) sind ebensowenig zu beanstanden wie  eine von der Haushaltsgröße abhängige Staffelung der Leistungen für den Wohnbedarf oder die Berücksichtigung der Familienbeihilfe. Aufgehoben hat der VfGH allerdings eine Bestimmung über Übergangsfristen für Asyl- und subsidär Schutzberechtigte. Beratungen betreffend das niederösterreichische Mindestsicherungsgesetz hat der Gerichtshof vertagt.

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EuGH: Mehr Rechte für anerkannte Umweltorganisationen

Der  Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat zur Frage der Klagebefugnis von Umweltschutzorganisationen in wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren entschieden, dass anerkannte Umweltorganisationen Parteienrechte einzuräumen sind und diese Bescheide, die gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot verstoßen, vor Gericht als Partei anfechten können.

Fehlende Umsetzung der Aarhus-Konvention

In Österreich fehlte bisher bei kleinen und mittelgroßen Bau- und Industrieprojekten, die das Wasserrecht, Abfallrecht oder Naturschutzrecht berühren, die Rechtsschutzmöglichkeit für Umweltorganisationen. Vor allem Artikel 9 Absatz 3 der Aarhus-Konvention, der eine gerichtliche Beschwerde- und Überprüfungsmöglichkeit der Öffentlichkeit für sämtliche Verstöße gegen das innerstaatliche Umweltrecht vorsieht, hat noch keinen Eingang in die heimische Rechtsordnung gefunden (siehe dazu: Lücken im innerstaatlichen Rechtsschutz).

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Niederlassungsrecht (2): Nicht-EU-Bürger kann Aufenthalt auf Unionsrechte seiner eingebürgerten Ehefrau stützen

Schwerpunkt Migration

Der Kläger des Ausgangsverfahrens – ein algerischer Staatsangehöriger – reiste 2010 mit einem auf sechs Monate befristeten Besucher-Visum nach Großbritannien und blieb rechtswidrig auch nach dessen Ablauf dort.

Im Jahr 2014 heiratete er eine Spanierin, die sich in Großbritannien niedergelassen und durch Einbürgerung zusätzlich auch die britische Staatsbürgerschaft erworben hatte. Aufgrund dessen beantragte er eine Aufenthaltskarte als Familienangehöriger einer Staatsangehörigen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR).

Der Antrag wurde abgelehnt, da die Ehefrau nach den geltenden Bestimmungen mit Erwerb der britischen Staatsbürgerschaft  keine „EWR-Staatsangehörige“ mehr sei. Der mit der dagegen gerichteten Klage des Mannes befasste High Court zweifelt an der Rechtmäßigkeit der britischen Regelung und ersuchte den Europäischen Gerichtshof um Klärung und Vorabentscheidung.

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Kultige “Fixie“-Fahrräder laut VwGH-Urteil verboten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass der „starre Gang“ der sogenannten „Fixed-Gear“-Fahrräder, auch „Fixie“-Räder genannt, keine Bremsvorrichtung im Sinne der Fahrradverordnung darstellt. Das Rad ist besonders bei Zustellern und Fahrradboten beliebt.

Sie sind die kultigen Drahtesel aus der Rad-Kurier-Szene. „Naked-Bikes“, die nur einen fixierten Gang und keine Hinterbremse haben. Die urbanen Radler bremsen oft mit der Schuhsohle am Hinterreifen. Doch nach einem Spruch des Verwaltungsgerichtshofes müssen diese Räder nun wohl aus dem Verkehr gezogen werden.

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„Ehe für alle“ kommt 2019

Die Unterscheidung zwischen der Ehe und der eingetragenen Partnerschaft verletzt das Diskriminierungsverbot, urteilt der Verfassungsgerichtshof.

Auch gleichgeschlechtliche Paare können in Österreich künftig heiraten. Der Verfassungsgerichtshof hat heute eine Entscheidung veröffentlicht, mit der er jene gesetzlichen Regelungen aufhebt, die diesen Paaren den Zugang zur Ehe bisher verwehren. Der Gerichtshof begründete diesen Schritt mit dem Diskriminierungsverbot des Gleichheitsgrundsatzes. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2018 in Kraft. Gleichzeitig steht dann die eingetragene Partnerschaft auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen.

VwGH Judikatur / Verfahrensrecht: Mängelbehebung bei mangelnden Deutschkenntnissen

Auch vor den Verwaltungsgerichten sind schriftliche und mündliche Anbringen in deutscher Sprache zu formulieren. Ebenso wie bei unzulässigen kann das Gericht daher auch bei fremdsprachigen Eingaben einen Mängelbehebungsauftrag (§ 13 Abs. 3 AVG) erteilen.

Im konkreten Revisionsverfahren war ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) bekämpft worden, mit dem eine Beschwerde zurückgewiesen worden war, weil der Beschwerdeführer einem Mängelbehebungsauftrag nicht nachgekommen war. Begründend führte das BVwG aus, die Beschwerde bestünde im Wesentlichen aus einem in arabischer Sprache verfassten Schreiben, weshalb dem Revisionswerber die Behebung dieses Mangels aufgetragen worden sei.

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Staatsschutzgesetz: Vorbeugender Schutz vor Anschlägen ist verfassungskonform

Das Polizeiliche Staatsschutzgesetz ist im Lichte eines von 61 Abgeordneten zum Nationalrat gestellten Antrags nicht verfassungswidrig. Grüne und FPÖ wollten mit ihrem – vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) ausgearbeiteten – Drittelantrag die gesamte Novelle kippen. Die Richtervereinigung und Rechtsanwälte hatten eine richterliche Kontrolle der einzelnen Ermittlungsschritte gefordert.

Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Bedenken in seinem Erkenntnis G 223/2016 vom 29. November 2017 nicht.

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