Übergangsregelung für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte aber unsachlich geregelt. Fälle aus Niederösterreich wurden vertagt.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Dezembersession Klarstellungen zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung getroffen. Bestimmungen über den Ersatz von Geld- durch Sachleistungen in der Vorarlberger Mindestsicherungsverordnung (MSV) sind ebensowenig zu beanstanden wie eine von der Haushaltsgröße abhängige Staffelung der Leistungen für den Wohnbedarf oder die Berücksichtigung der Familienbeihilfe. Aufgehoben hat der VfGH allerdings eine Bestimmung über Übergangsfristen für Asyl- und subsidär Schutzberechtigte. Beratungen betreffend das niederösterreichische Mindestsicherungsgesetz hat der Gerichtshof vertagt.
In Vorarlberg ist die Mindestsicherung nach Maßgabe des Mindestsicherungsgesetzes durch die Mindestsicherungsverordnung näher geregelt. Letztere trat am 1. Juli 2017 in Kraft. Der Landesvolksanwalt hat eine Reihe von Bestimmungen der Mindestsicherungsverordnung angefochten.
Der Gerichtshof hat die Bedenken aber nur in einem Punkt geteilt, nämlich im Hinblick auf eine unsachliche Differenzierung bei Kürzung des Wohnbedarfes für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte. Für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte, die am 1. Jänner 2017 diesen Status bereits erlangt hatten, sah die Regelung einen unter Umständen wesentlich längeren Verbleib in einer vom Land zur Verfügung gestellten Unterkunft der Grundversorgung bzw. längere Zeiträume einer Leistungskürzung vor. Dies ist unsachlich, da für jene, die den Status erst nach dem 1. Jänner 2017 erlangt haben, maximal 2 Jahre Verbleib in einer Einrichtung der Grundversorgung oder Kürzung des Wohnbedarfs verlangt wird.
Andere Bestimmungen der Vorarlberger Mindestsicherungsverordnung wie die Möglichkeit des Ersatzes von Geld- durch Sachleistungen, wenn dies dem Zweck der Mindestsicherung besser entspricht, oder unterschiedliche Mindestsicherungssätze für Personen in Abhängigkeit von der Art der Unterbringung – alleinstehend oder in Wohngemeinschaften – hat der VfGH hingegen nicht beanstandet, weil in Wohngemeinschaften „regelmäßig eine Kostenersparnis insbesondere im Bereich des Hausrates, der Heizung und des Stromes anzunehmen ist“.
Die Anrechnung der Familienbeilhilfe ist ebenso zulässig, da es sich um Leistungen mit der Zweckbestimmung der Sicherung des Lebensunterhaltes handelt.
Auch eine gewisse Besserstellung von Alleinerziehenden ist sachlich gerechtfertigt. Nicht zu beanstanden sind schließlich die pauschalen Höchstsätze für die Abgeltung des Wohnbedarfs. Der Höchstsatz ist nach Haushaltsgröße gestaffelt und beträgt ab sechs Personen maximal 772 Euro pro Monat. Der Landesvolksanwalt hatte beanstandet, dass diese Höchstsätze angesichts der Lage am Vorarlberger Immobilienmarkt zu niedrig seien. Der VfGH folgte diesen Bedenken in dem Erkenntnis vom 12. Dezember 2017 nicht, auch weil die Vorarlberger Mindestsicherungsverordnung gewährleistet, dass „in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen“ eine Überschreitung dieser Höchstsätze zu gewähren ist.
In diesem Zusammenhang weist der Gerichtshof auch auf das Ziel des Landesgesetzgebers hin, eine entsprechende Relation zwischen Erwerbseinkommen und Leistungen aus der Mindestsicherung zu gewährleisten, um einen ausreichenden Anreiz zur Arbeitsaufnahme zu bieten. Diesem Ziel kann „in sachlicher Weise entsprochen werden, wenn ─ wie im vorliegenden Fall – der Bedarf der hilfsbedürftigen Personen nach sachlichen Kriterien berücksichtigt wird“.
Eine Entscheidung über zahlreiche Anträge des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich betreffend das Niederösterreichische Mindestsicherungsgesetz (NÖ MSG) blieb offen. Der Gerichtshof hat die Beratungen vertagt, eine Entscheidung ist daher frühestens im März 2018 möglich. Die Bedenken des Verwaltungsgerichts richten sich vor allem gegen eine Wartefrist und die Deckelung der Mindestsicherung: Leben mehrere Personen in einem Haushalt bzw. einer Wohngemeinschaft, dürfen sie – unabhängig von der konkreten Personenanzahl – nach dem NÖ MSG zusammen höchstens € 1.500,– bekommen.
Zur Entscheidung vom 12.12.2017 zu V 101/2017…