Rechtsstaat auf italienisch – neapolitanische Impressionen (2)

Wer den Eingang zum Verwaltungsgericht Neapel sucht, landet unweigerlich bei einer riesigen U-Bahn-Baustelle unmittelbar vor dem Gerichtsgebäude auf der „Piazza Municipio“.

P1020812Die Baustelle war wegen archäologischer Funde drei Jahre lang eingestellt, das Verwaltungsgericht bemühte sich redlich, durch seine Entscheidungen den Baufortschritt zu beschleunigen. In einem Jahr soll die Baustelle beendet sein. Auch bei der Präsentation der Fälle wurde deutlich, dass die Entscheidungen des Gerichtes, welches in einem gediegenen ehemaligen Hotel („Londres“) untergebracht ist, das Erscheinungsbild der Stadt ganz wesentlich mitbestimmen.

In den Vorträgen und Gesprächen sind auch beim Verwaltungsgericht die Abrenzungsprobleme zur Zivilgerichtsbarkeit und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Kriminalität ein Thema. Dort sorgt für besondere Empörung, dass seitens der Politik geplant wird, die Rechtskontrolle betreffend die Annullierung der Wahlen und der Verträge den Verwaltungsgerichten zu entziehen und dafür eine eigene – unabhängige – Antikorruptionsbehörde vorzusehen. Dafür fehlt es in Italien aber – noch – an einer verfassungsrechtlichen Grundlage.

Hohe Zugangshürden

Der Zugang zu den Verwaltungsgerichten wurde in den vergangenen Jahren deutlich erschwert. Die Eingangsgebühren wurden drastisch erhöht und an einen Streitwert gebunden, darüber hinaus besteht Anwaltspflicht. Diese Maßnahmen führten zu einem erheblichen Kostenrisiko, denn die Mindestgebühr beträgt 300 EUR, die durchschnittliche Verfahrensgebühr liegt bei rund 6.000 EUR pro Verfahren, die unterlegene Partei zahlt die gesamten Kosten. Prozesskostenhilfe gibt es zwar, aber die Anwaltskosten sind um ein Vielfaches höher als die erstatteten Kosten. Seither sinkt die Zahl der anfallenden Verfahren, unumstritten sind diese Maßnahmen aber bei weitem nicht.

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Rechtsstaat auf italienisch – neapolitanische Impressionen (1)

Neapel präsentiert sich für Touristen, wie man es erwarten kann: laut und schmutzig aber auch lebendig und pittoresk. In der medialen Öffentlichkeit, in den Vorträgen und in den Gesprächen mit Richterkollegen steht aber ein Thema ganz im Vordergrund: Der Kampf gegen die organisierte Kriminalität.

Bericht über eine Studienreise

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Justizpalast Neapel
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Studienreise 2015

„In der Nacht“, so der uns betreuende Kollege, Vorsitzender eines Geschworenensenates und Experte für Kapitalverbrechen, „in der Nacht sieht es hier aus wie in der Szenerie eines „Batman“-Filmes, es ist menschenleer und gefährlich“.

Er meint damit das in den 90er Jahren aus dem Boden gestampfte Business-Viertel („Centro Divezionale“) in dem sich auch der Justizpalast befindet, ein 20stöckiger, riesiger, schwarzer Koloss. Das Viertel hat keinen Anschluss an den öffentlichen Verkehr, die vor 10 Jahren erbaute U-Bahnstation ist nach wie vor nicht in Betrieb, den Justizpalast kann man mangels befahrbarer Straßen praktisch nur zu Fuß erreichen.

Und es sind Massen, die in diesem Gebäude täglich unterwegs sind, rund 6.500 Personen betreten das Gebäude täglich im Durchschnitt. „Es ist wie die Verwaltung einer Kleinstadt“, meint dazu der Präsident des Appellationsgerichtes bei der Begrüßung.

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Mediation als effektive Konfliktlösung in Verwaltungsverfahren

Nach dem Willen der EU-Kommission und des EU-Parlaments sollen Methoden der sogenannten „außergerichtlichen Streitbeilegung“ (Alternative Dispute Resolution – ADR) wie Schlichtung, Vergleich oder Mediation nicht nur im Zivilverfahren Anwendung stattfinden, sondern zukünftig auch in Verwaltungsverfahren. Ziel ist die Beschleunigung und Kostenreduktion von Verfahren und eine effektive Streitbeilegung.

Aus diesem Grund veranstaltete das „European Judicial Training Network“ (EJTN)  am 8. und 9. Oktober 2015 erstmals eine international besetzte Tagung zu diesem Thema.

Bautzen

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Vorankündigung: Deutscher Verwaltungsgerichtstag – Hamburg 2016

Deutscher VerwaltungsgerichtstagDer 18. Deutsche Verwaltungsgerichtstag wird vom 1. bis zum 3. Juni 2016 in Hamburg stattfinden.

Der Deutsche Verwaltungsgerichtstag e.V. ist Veranstalter des alle drei Jahre stattfindenden Verwaltungsgerichtstags, der das herausragende Diskussionsforum für aktuelle rechtliche wie rechtspolitische Themen aus dem Verfassungs- und Verwaltungsrecht bietet. Auch dieses Mal werden wieder rund 1.000 Gäste aus dem In- und Ausland erwartet, die in Justiz, Verwaltung, Anwaltschaft order Wissenschaft arbeiten.

Vorgesehen sind insgesamt 12 Arbeitskreise zu aktuellen Themen des öffentlichen Rechts wie Ausländer- und Flüchtlingsrecht, Baurecht ( Stichwort: Städtebauliche Verdichtung), Hochwasserschutz, Dienstrecht, Informationsverwaltungsrecht, etc.

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Wittmann-Tiwald zur Präsidentin des Handelsgerichts Wien ernannt

Nicht erst seit sie gemeinsam mit Oliver Scheiber im Jahr 2005 die Fachgruppe „Grundrechte und interdisziplinärer Austausch“ in der Richtervereinigung gegründet hat, ist Kollegin Wittmann-Tiwald als Richterin einer breiteren juristischen Öffentlichkeit bekannt geworden. Bereits im Dezember 2000 war sie als Sprecherin der „Offener-Brief“-Aktion, parteipolitisch motivierten Angriffen auf die Unabhängigkeit von Richter und Staatsanwälte öffentlich entgegen …

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Europäische Verwaltungsrichter rügen Richterauswahl am Verwaltungsgericht Wien

AEAJIm jährlichen Bericht an das Expertengremium des Europarates gibt die Europäische Verwaltungsrichtervereinigung (AEAJ) einen Überblick über aktuelle Probleme in der Verwaltungsgerichtsbarkeit der einzelnen Mitgliedsstaaten.

Dieses Jahr werden u.a. die Richterernennungen am Verwaltungsgericht Wien kritisiert, weil die Vorgangsweise des Landes Wien den Empfehlungen des Europarates zur Unabhängigkeit der Justiz widersprochen hat.

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3. Forum Verwaltungsgerichtsbarkeit

Das 3. Forum Verwaltungsgerichtbarkeit am 24. und 25. September 2015 wird sich dem Thema „leistbarer Rechtsschutz“ widmen. Der Vorsitzende des Dachverbandes der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter (DVVR) Markus Thoma wird wie bereits beim 2. Forum Verwaltungsgerichtsbarkeit einen Programmpunkt  mit seinem Bericht bestreiten. Veranstaltungsort: Juridicum, Wien I., Schottenbastei 10–16 Programm  

„Ermunterung zu politischen Besetzungen“

presse-logoVerwaltungsrichter kritisieren Nachbesetzungen am Wiener Gericht.

Von Benedikt Kommenda  (Die Presse)

Wien will bei der Auswahl von Richtern für sein Landesverwaltungsgericht auf den Willen des Magistrats offenbar nicht verzichten. Dieser Tage wurden vier Mitglieder ernannt, die ab September frei werdende Stellen am Gericht übernehmen sollen. Nur eine der vier Personen fand sich auch auf Dreiervorschlägen des Personalausschusses des Gerichts; die drei anderen hatte nur eine vom Magistrat eingesetzte Kommission empfohlen.

Siegfried Königshofer, Richter am Landesverwaltungsgericht und Vorsitzender der Verwaltungsrichtervereinigung, sieht damit das Prinzip der richterlichen Selbstergänzung verletzt.

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Maiforum 2015: „Dienstaufsicht und Dienstbeurteilung von Richtern durch Richter“

Katharina LEHMAYER
Katharina LEHMAYER

Maiforum 2015Was sind die wesentlichsten Erfahrungen der Personalsenate bei den ordentlichen Gerichten und welche Problemstellungen können im Rahmen der Dienstaufsicht auftreten; das waren die Fragenstellungen, die von Katharina LEHMAYER, Präsidentin des Landesgerichtes Linz, in ihrem sehr überzeugenden und praxisbezogenen Vortrag analysiert wurden.

Zu Beginn des Vortrags legte die Referentin die verfassungsrechtliche Grundlage der Justizverwaltung dar. Dabei wurde besonders betont, dass die Justizverwaltung, insoweit diese in Senaten ausgeübt wird, im Rahmen der Rechtsprechung – somit in richterlicher Unabhängigkeit – erfolgt und als Teil der richterlichen Selbstverwaltung das Herz der richterlichen Unabhängigkeit darstellt.

Als Aufgabe der Personalsenate wurde auf die Vornahme von Dienstbeschreibungen, die Erstattung von Besetzungsvorschlägen und die Erlassung der Geschäftsverteilung näher eingegangen. Hinsichtlich der Zusammensetzung der Personalsenate wurde besonders hervor gestrichen, dass immer eine Mehrheit der Wahlmitgliedern gegenüber den Amtsmitgliedern vorgesehen ist.

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Maiforum 2015: Einheitliches Richterbild – einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht?

Von verschiedenen Blickwinkel aus näherte sich Markus Thoma, Richter am Verwaltungsgerichtshof, in einem vielbeachteten Beitrag der Fragestellung, was unter einem einheitlichen Richterbild verstanden werden kann oder besser gesagt, verstanden werden müsste. Konkret analysierte der Beitrag die unterschiedliche dienst- und besoldungsrechtliche Stellung der Verwaltungsrichter in Österreich und entwickelte daraus wesentliche Leitlinien für die künftige Arbeit der …

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