Not und Gebot: Grundrechte in Quarantäne

Die Staaten greifen im Kampf gegen Corona zu Maßnahmen, die sonst nur im Krieg denkbar wären. Den Protest dagegen zu verachten ist falsch. (Gastkommentar des ehemaligen Richters und Staatsanwalts und langjährigen Journalisten der „Süddeutschen Zeitung“, Heribert Prantl, im „Standard“).

Unmut muss ein Ventil haben: zu demonstrieren ist ein solches

Nicht die Freiheit muss sich rechtfertigen, sondern ihre Beschränkung und Begrenzung: So lernen es die Juristen schon im Anfängerseminar. In der Corona-Zeit begann dieser Satz zu wackeln und zu bröckeln; er wurde von der Politik umgedreht. Daher war und ist der Lehrsatz von der Verhältnismäßigkeit der Mittel noch nie so wichtig wie in der Corona-Krise. Er ist kein Wischiwaschi-Satz. Es ist ein Satz mit Substanz, ein Kernsatz des Rechts. Und „Maß halten“ – das ist kein Wort zum Schmunzeln, sondern ein Wort, das die Grundrechte vor übermäßigen Eingriffen schützen soll; es ist ein rechtsstaatlicher Überspannungsschutz.

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Corona-Krise: Europäische Lösung für Sonderrechte von geimpften Personen gesucht

Je mehr Personen gegen Corona geimpft wurden desto stärker wird die Diskussionen über Sonderrechte für diese Bevölkerungsgruppe.

Geht es nach dem Impfplan der Bundesregierung sollen bis Ende März etwa eine Million Menschen in Österreich durch eine Corona-Impfung immunisiert sein. Die Diskussion, ob für diese Bevölkerungsgruppe eine Rücknahme der Corona-bedingten Einschränkungen geboten ist, beschäftigt ganz Europa.

Staaten schaffen Fakten

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„Racial Profiling“: Kontrollgrund Hautfarbe

In Deutschland kontrolliert die Polizei jedes Jahr Millionen Menschen ohne Tatverdacht. Gegen die Anwendung der sog. „verdachtslosen Ausweiskontrolle zur Verhinderung von Straftaten“ wird vor den Verwaltungsgerichten immer wieder Klage erhoben, mit dem Vorwurf, die polizeiliche Kontrolle sei nur wegen der Hautfarbe erfolgt.  

Deutsche Verwaltungsgerichte können in diesen Beschwerdeverfahren auf eine umfangreiche und sehr differenzierte Rechtsprechung zurückgreifen. (Siehe dazu: Polizei darf nicht mehr ohne Verdacht kontrollieren)

Ein Beitrag auf „zeitonline“ gibt dazu einen informativen Überblick, bei dem alle Beteiligten zu Wort kommen.

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Corona–Maßnahmen als Herausforderungen für den Rechtsstaat (2)

Hinnerk Wißmann, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Münster, bezweifelt in seinem Beitrag auf Verfassungsblog.de die Angemessenheit und Evidenzbasiertheit der Grundrechtseinschränkungen durch die von der deutschen Bundesregierung ergriffenen Corona-Maßnahmen.

Die Infektionsschutzpolitik könne sich nicht dem Hinweis auf die notwendige „Vorsorge“ von einem verbindlichen Tatsachenbezug verabschieden, um in den Bereich der dauernden Modellierung von Wirklichkeit zu wechseln. Und dem entsprechend reiche es auch nicht aus, die Frage nach der Geeignetheit der brachialen Maßnahmen über Wochen und Monate angesichts bescheidener Erfolge mit der Feststellung abzuwehren, ohne genau diese Maßnahmen stünde man jedenfalls schlechter da. Das sei in einem ganz schlichten Sinn nicht zu widerlegen, verwechsle aber letztlich die Welt mit einem Labor.

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Corona–Maßnahmen als Herausforderungen für den Rechtsstaat (1)

Die Vorgangsweise der Sicherheitsbehörden, Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen zu untersagen, nimmt Alexander Somek, Professor für Rechtsphilosophie an der Universität Wien in einem Gastbeitrag in der “Presse” zum Anlass, die Verhältnismäßigkeit dieser Verbote zu hinterfragen. 

Somek bezweifelt, dass es ausreicht, die aktuellen Demonstrationsverbote mit dem Schutz der Gesundheit zu begründen. Der sog. Rationalitätstest als elementares Prüfverfahren im öffentlichen Recht verlange bei Grundrechtseingriffen einen engen Mittel-Zweck-Zusammenhang. Sei dieser nicht gegeben, fiele der Zweckverfolgung zu viel Freiheit zum Opfer.

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Corona-Krise: Verschärfung der Einreiseverordnung, Teile Tirols werden zum Epidemiegebiet

Aufgrund des vermehrten Auftretens von Virusmutationen wird die Einreise nach Österreich durch eine Änderung der COVID-19-Einreiseverordnung weiter verschärft.

Nunmehr muss bereits bei der Einreise nach Österreich ein ärztliches Zeugnis bzw. ein Testergebnis vorliegen. Zusätzlich ist die Quarantäne nach den bisherigen Vorgaben anzutreten. Kann das ärztliche Zeugnis bzw. das Testergebnis nicht vorgewiesen werden, ist unverzüglich, spätestens 24 Stunden nach der Einreise, eine Testung auf das Vorliegen von SARS-CoV-2 nachzuholen. Zu beachten ist, dass der Test binnen 24 Stunden nicht die quarantänebeendende Testung frühestens ab dem fünften Tag nach der Einreise ersetzen kann. „Selbsttests“ dürfen dafür nicht herangezogen werden.

Nordtirol wird Epidemiegebiet

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Corona-Maßnahmen: Deutsches Verwaltungsgericht kippt nächtliche Ausgangssperre

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die coronabedingte nächtliche Ausgangssperre gekippt. Nach dem am Montag veröffentlichten Beschluss muss die Vorschrift in der Corona-Verordnung, die Ausgangsbeschränkungen von 20 Uhr bis 5 Uhr vorsieht, außer Vollzug gesetzt worden.

Der 1. Senat argumentiert, die Landesregelung habe zuletzt die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Nach dem Infektionsschutzgesetz seien Ausgangsbeschränkungen nur möglich, wenn ihr Unterlassen zu irgendwelchen Nachteilen in der Pandemiebekämpfung führe. Sie kämen nur dann in Betracht, wenn der Verzicht auf Ausgangsbeschränkungen – auch unter Berücksichtigung aller anderen ergriffenen Maßnahmen – zu einer wesentlichen Verschlechterung des Infektionsgeschehens führe.

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Polen (2): EU-Kommission bereitet nächsten Schritt zum Schutz polnischer Richter vor

Die Europäische Kommission hat am 27. Januar 2021 beschlossen, Polen eine ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme zu übermitteln, da die Disziplinarkammer des Obersten Gerichts nach wie vor tätig ist.

Hintergrund ist das am 29. April 2020 eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Polen, welches aufgrund der Justizreform vom Dezember 2019 eingeleitet wurde. Nach Auffassung der Kommission verstößt Polen gegen EU-Recht, weil das Land es zulässt, dass die Disziplinarkammer des Obersten Gerichts weiter Entscheidungen trifft, die unmittelbare Auswirkungen auf die Richter und die Art und Weise haben, wie sie ihre Aufgaben wahrnehmen.

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Polen (1): Richtervereinigung für Friedensnobelpreis 2021 nominiert

Der norwegische Abgeordneten der Labour Party, Jette F. Christensen, hat die polnische Richtervereinigung „Justitia“ für den Friedensnobelpreis 2021 nominiert.

Begründet wird diese Ernennung als Zeichen für den Kampf um die Wahrung der Demokratie als Regierungsform in Europa. „Wenn Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Redefreiheit bedroht sind, ist unser gemeinsamer Frieden bedroht, “ schreibt der Abgeordnete in seiner Nominierung.

Neben der Richtervereinigung wurden das ungarische „Helsinki Committee“ und die weißrussische Oppositionskandidatin bei den Präsidentenwahlen, Svetlana Tikhanovskaja, für den Preis nominiert.

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Umweltrecht: Verwaltungsgericht Paris stellt Untätigkeit Frankreichs beim Klimaschutz fest

Erstmals in Frankreich hat ein Gericht festgestellt, dass die staatlichen Klimaschutzmaßnahmen unzureichend sind, um die Klimakrise zu stoppen.

Mit Urteil vom 3. Februar 2021 erkannte das Verwaltungsgericht Paris die Existenz ökologischer Schäden im Zusammenhang mit dem Klimawandel an. Das Gericht ist der Auffassung, dass der französische Staat für die teilweise Nichterfüllung der Ziele, die er sich im Hinblick auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen gesetzt hat, die Verantwortung trägt.

Greenpeace und andere Organisationen hatten in ihrer Klage dem französischen Staat mit Unterstützung von mehr als zwei Millionen Bürgern Untätigkeit beim Klimaschutz vorgeworfen. Die Klimaklage stand unter dem Motto „Affaire du siècle“ (Affäre des Jahrhunderts).

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