Corona–Maßnahmen als Herausforderungen für den Rechtsstaat (1)

Die Vorgangsweise der Sicherheitsbehörden, Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen zu untersagen, nimmt Alexander Somek, Professor für Rechtsphilosophie an der Universität Wien in einem Gastbeitrag in der “Presse” zum Anlass, die Verhältnismäßigkeit dieser Verbote zu hinterfragen. 

Somek bezweifelt, dass es ausreicht, die aktuellen Demonstrationsverbote mit dem Schutz der Gesundheit zu begründen. Der sog. Rationalitätstest als elementares Prüfverfahren im öffentlichen Recht verlange bei Grundrechtseingriffen einen engen Mittel-Zweck-Zusammenhang. Sei dieser nicht gegeben, fiele der Zweckverfolgung zu viel Freiheit zum Opfer.

Er stellt die Frage, ob das Vermeiden von Ansteckungen ein legitimes Ziel sei, angesichts der Konsequenz, dass Demonstrierende sich bei Einhaltung der Masken- und Abstandspflicht nicht frei artikulieren könnten. Somek verneint diese Frage, weil unsere Gesellschaft radikal anders wäre, würde jegliche Ansteckung, also nicht nur Corona, durch öffentliche Maßnahmen vermieden. Ansteckungsgefahr gehöre aber zum Leben.

Legitim sei laut Somek das Ziel, die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zu gewährleisten. Dafür sei es aber erforderlich, den Effekt von Demonstrationen auf das Infektionsgeschehen zu dokumentieren. Nur wenn diese negativen Effekte als gesichert anzunehmen seien, dürften alle Versammlungen verboten werden. Abschließend stellt Somek fest, für den liberalen Rechtsstaat sei die öffentliche Gesundheit alleine kein legitimes Eingriffsziel, so wenig wie das Vermeiden von Ansteckungen. Wären sie es, wäre unsere Gesellschaft nicht frei.

Hier den Beitrag in der Presse lesen (Bezahlteil) …

Siehe dazu auch: Dachverband der Verwaltungsrichter fordert weiteren Rechtsschutz gegen Grundrechtseinschränkungen

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