Das war das 26. Maiforum (2)

In einem erwartungsgemäß pointierten Vortrag zum Thema „Notstand ohne Notstandsgesetze“ stellte Alfred Noll die Frage, woher wir die Gewissheit für die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Grundrechtseinschränkungen nehmen.

Nach seinem Befund stimmt das Verhältnis zwischen dem Gesundheitsschutz und der Einschränkungen der persönlichen Freiheiten nicht mehr. Eine Einschränkung der Grundrechte durch den absoluten Vorrang des Rechts auf Gesundheit und Leben sei unzulässig, diese Einschränkung erfolge auch in anderen Lebensbereichen nicht, wie etwa im Straßenverkehr oder im Umweltbereich. Mit Fortdauer der Pandemie zeige sich auch, dass die Regierung im „Jo-Jo“-Effekt ihrer Maßnahmen gefangen sei. Jede Einschränkung machen Lockerungen notwendig, welche wieder zu Einschränkungen führen usw.  Zudem sei zu beobachten, dass die – unbeabsichtigten – Nebeneffekte der Corona-Maßnahmen oft größer seien als die angestrebten Effekte.

Exekutive ist Krisengewinner

Nach Auffassung von Noll ist die Exekutive Krisengewinner der Pandemie, da diese vom Parlament mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet wurde und so ein Regieren mittels Verordnung ohne parlamentarische Kontrolle ermöglicht wurde. In der Pandemie sei in administratives Krisenmanagement der Exekutive zu beobachten gewesen, eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen sei nicht erfolgt. Noll erhob abschließend die Forderung, den Rechtsstaat krisenfester zu machen.

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Das war das 26. Maiforum (1)

Nach zweimaligem Verschieben war es soweit: Am 17. September fand das 26. Maiforum in Graz tatsächlich statt. Auch wenn die rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Österreich durch die Einhaltung der Corona-Maßnahmen einige Einschränkungen in Kauf nehmen mussten, überwog erkennbar die Freude, nach vielen Monaten endlich wieder einmal an einer Veranstaltung „Face-to-Face“ teilnehmen zu …

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Afghanische Richterin: „Taliban wollen uns systematisch verfolgen“

Als die Präsidentin der Europäischen Verwaltungsrichtervereinigung (AEAJ), Edith Zeller, am 20. August der Hilferuf einer afghanischen Richterin erreichte, zögerte sie keinen Augenblick, um dieser zu helfen.

Mit unzähligen Emails und Telefonaten versuchte sie über die Vereinigung der europäischen Verwaltungsrichter Hilfe zu organisieren. Über ihren luxemburgischen Kollegen Carlo Schockweiler gelang es der Vereinigung schließlich, die Unterstützung des luxemburgischen Außenministers zu erhalten. Unter größter Geheimhaltung konnte dann mit Hilfe der Sicherheitskräfte Belgiens und der Niederlande tatsächlich die Richterin Nilab Dian und ihre Familie in Sicherheit gebracht werden.

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Justizreform in Polen: Nahkampf um den Rechtsstaat

Seit Jahren diffamiert die polnische Regierung Richterinnen und Richter, wirft ihnen Korruption vor. Jetzt fahren sie durchs Land und werben um Vertrauen. Zu spät? (Eine Recherche ermöglicht durch das Journalistenstipendium der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit).

Zum Kampf um die polnische Demokratie sind nur ein paar Dutzend Menschen gekommen. Popmusik dröhnt aus Lautsprecherboxen, mischt sich unter das Geschrei spielender Kinder. Auf einer allzu großzügig abgesperrten Rasenfläche in Biłgoraj, einer Kleinstadt unweit der ukrainischen Grenze, verlieren sich die Neugierigen. Mit verschränkten Armen beobachten sie den Mann in T-Shirt und ausgewaschenen Jeans, der durch das Publikum wandert.

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Richterin hilft Richterin

Wie eine Richterin eine afghanische Kollegin unterstützte und warum sie dabei nicht das Außenministerium einschaltete (Ein Beitrag aus dem Profil vom 29.08.2021).

Edith Zeller, Richterin am Verwaltungsgericht Wien und Präsidentin der Europäischen Vereineigung der Verwaltungsrichter, erreichte am 20. August ein E-Mail einer Familienrichterin aus Mazar-i-Sharif, Afghanistan. Ein Hilferuf. Zwölf Jahre habe sie für den Staat gearbeitet und werde nun völlig im Stich gelassen. Sie sei mit ihrer Familie nach Kabul geflüchtet und halte sich dort versteckt. Sie habe ein Reihe von Taliban ins Gefängnis gebracht. Sie und ihre Familie fürchten um ihr Leben.

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Polen: EuGH-Urteil wird trotz Ultimatums nicht umgesetzt

Die polnische Regierung ist weiterhin nicht bereit, die vom Europäischen Gerichtshof als rechtswidrig erklärte Disziplinarkammer sofort auszusetzen.

In einem Schreiben an die EU-Kommission stellt die polnische Regierung in Aussicht, die Disziplinarkammer im Rahmen einer zukünftigen Justizreform abschaffen zu wollen. Die Kommission hatte Warschau bis Montag dieser Zeit gegeben, um darzulegen, wie die Regierung ein Urteil und eine einstweilige Anordnung des EuGH zum polnischen Disziplinarrecht vollständig umsetzen werde. Ein Sprecher bestätigte am Dienstag den Eingang des Schreibens. „Wir analysieren die Antwort, bevor wir über weitere Schritte entscheiden“, sagte er. Alle Optionen blieben auf dem Tisch. Dazu gehört ein Antrag auf finanzielle Sanktionen beim EuGH.

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Richtervereinigungen fordern Visa für afghanische Richterinnen und Staatsanwältinnen

Nach einem Bericht der rumänischen Richtervereinigung „Romanian Judges’ Forum Association“ wurden in Afghanistan in den letzten 10 Jahren Dutzende von Richterinnen und Richter getötet und verletzt, sei es durch Bombenattentate in den Justizpalästen oder auf der Straße erschossen.

In einem kurzen Interview mit dem rumänischen Richterforum äußert die afghanische Richterin Tayeba Parsa vom Berufungsgericht Kabul ernsthafte Bedenken, dass nach dem Sturz der Regierung afghanische Richter, insbesondere Richterinnen, ohne Gerichtsverfahren getötet werden, da die Taliban im Glauben sind, dass Richterinnen nach den Regeln und Vorschriften des Islam verboten sind.

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Verwaltungsgericht Wien fürchtet drohende Überlastung; Organisationsänderungen gefordert

Mit einem eindringlichen Appell fordert die Personalvertretung des Gerichtes von der Wiener Landesregierung dringende Maßnahmen, da das Verwaltungsgericht Wien nicht nur an seinen Kapazitätsgrenzen angelangt ist, sondern diese bereits überschritten sind.

Zahl offener Verfahren steigt trotz hoher Erledigungszahlen 

Im Tätigkeitsbericht für das Jahr 2020 hatte das Verwaltungsgericht bereits darauf hingewiesen, dass sich der Personalmangel weiter verschärft hat und selbst die hohe Motivation aller Bediensteten nicht mehr verhindern könne, dass Verhandlungen nicht in gebotenem Ausmaß durchgeführt werden können oder die Bediensteten durch die fortdauernde Überlastung „ausbrennen“. Es wurde daher – auch zur Vermeidung negativer Rückkopplungen auf den Wirtschaftsstandort Wien – die Zuteilung der bereits beantragten Dienstposten für nichtrichterliches Personal, die rasche Nachbesetzung offener Richterplanposten sowie deren Aufstockung als unerlässlich erachtet.

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OGH Judikatur / Heimaufenthaltsgesetz: Corona-Isolation demenzkranker Patientin war rechtswidrig

Eine an Demenz und Parkinson erkrankte Heimbewohnerin durfte trotz dreier negativer Sars-CoV-2-Testbefunde ihr Zimmer nicht verlassen. Diese Freiheitsbeschränkung war laut Urteil des Obersten Gerichtshof (OGH) unzulässig.

Krankenanstalt handelte gegen Empfehlungen des Gesundheitsministeriums

Die Patienten war im April 2020 zu Hause gestürzt und hatte sich dabei eine Schienbeinkopffraktur zugezogen. Bei der Nachbetreuung in einer Krankenanstalt musste sie aufgrund von Corona eine zehntägige Isolation in einem Einzelzimmer durchmachen. Die Betroffene war bereits im Spital, in dem ihre Verletzung behandelt wurde, zweimal negativ getestet worden, auch ein dritter Corona-Test unmittelbar vor ihrer Aufnahme in der mit der weiteren Betreuung befassten Krankenanstalt fiel ebenfalls negativ aus.

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Europarat: Beschwerden an den EGMR sind künftig schwieriger

Ab sofort können Beschwerden leichter zurückgewiesen werden. Der Beurteilungsspielraum der Mitgliedsstaaten bei der Anwendung der Menschenrechtskonvention wird explizit festgeschrieben.

Einschnitte im Rechtsschutz

Der Rechtszug an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist künftig schwieriger: Acht Jahre nach Beschlussfassung ist am 1. August 2021 das 15. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) in Kraft getreten. Die Novelle soll die Voraussetzungen eines Rechtsmittels an den überlasteten Gerichtshof erschweren und damit die Anzahl der anhängigen Verfahren reduzieren. Die in der Präambel nun explizit festgeschriebene Subsidiarität des EGMR hebt den Beurteilungsspielraum der einzelnen Mitgliedsstaaten bei der Anwendung der Menschenrechtskonvention hervor. Ein „Symptom für den Rückbau des internationalen Menschenrechtsschutzes“, sagt Franz Merli, Professor für Verfassungsrecht an der Universität Wien.

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