Richterin hilft Richterin

Wie eine Richterin eine afghanische Kollegin unterstützte und warum sie dabei nicht das Außenministerium einschaltete (Ein Beitrag aus dem Profil vom 29.08.2021).

Edith Zeller, Richterin am Verwaltungsgericht Wien und Präsidentin der Europäischen Vereineigung der Verwaltungsrichter, erreichte am 20. August ein E-Mail einer Familienrichterin aus Mazar-i-Sharif, Afghanistan. Ein Hilferuf. Zwölf Jahre habe sie für den Staat gearbeitet und werde nun völlig im Stich gelassen. Sie sei mit ihrer Familie nach Kabul geflüchtet und halte sich dort versteckt. Sie habe ein Reihe von Taliban ins Gefängnis gebracht. Sie und ihre Familie fürchten um ihr Leben.

Ihren Dienstausweis hatte die Richterin mitgeschickt. Zeller handelte rasch. An das österreichische Außenministerium wandte sie sich erst gar nicht, weil dessen Botschaft immer nur lautete, man nehme keine Flüchtlinge aus Afghanistan auf. Sie nutzte das europäische Richternetzwerk. Irgendjemand kennt immer jemand Wichtigen, der weiter helfen kann, sagt die Erfahrung. In ihrem Fall war es ein Kollege aus Luxemburg, ein kleines Land, NATO-Mitglied. Der Kollege rief seinen Bekannten, den luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn, an. Belgische und niederländische Sicherheitskräfte halfen. Am 25. August ist die Richterin mit ihrer Familie in Luxemburg angekommen. Ein Asylantrag wurde gestellt.

Für die Richterin „Shalima“, über die profil vergangene Woche berichtete, haben sich mittlerweile unter anderen die deutschen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet, das österreichische Justizministerium und die deutsche Frauenrechtsaktivistin Alice Schwarzer eingesetzt (sicher noch einige andere). „Shalima“ ist noch nicht gerettet. Es wird berichtet, sie befinde sich auf einer US-Prioritätenliste.

Siehe auch: Verfolgte Richterin in Afghanistan: Ist da jemand?

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