Deutschland: „Asylkrise“ zeigt Schwächen im Verfahrensrecht

 

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Die deutschen Verwaltungsgerichte ächzen immer mehr unter der hohen Zahl von Klagen abgelehnter Asylbewerber. Die Zahl der Verfahren habe sich im abgelaufenen Jahr gegenüber 2016 auf rund 200.000 verdoppelt, wie der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin sagte. Insgesamt habe sich die Zahl der bei den Verwaltungsgerichten anhängigen Asylklagen im vergangenen Jahr von rund 70.000 auf 320.000 erhöht.

Uneinheitliche Rechtsprechung verursacht zusätzliche Verfahren

Seegmüller sagte, die „Asylkrise“ habe auch Schwächen des Prozessrechts offenbart. So seien die Regeln für Beweisanträge und Ablehnungsgesuche zu schwerfällig.

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Asylverfahren: Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Sonderregelungen

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Sowohl die im Regierungsprogramm vorgesehene Verkürzung der Beschwerdefristen  als auch der Ausschluss der außerordentlichen Revision in Asylverfahren stoßen auf gravierende verfassungsrechtliche Bedenken.  Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in einer Reihe von Entscheidungen auf das von der Verfassung vorgegebene Erfordernis eines möglichst einheitlichen Verfahrensrechts für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hingewiesen.  Vom VwGVG abweichende Regelungen dürfen daher nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes „unerlässlich“ sind (Art 136. Abs. 2 B-VG).  

Verwaltungsgerichtshof gegen Sonderregelungen

In einer Presseaussendung weist der Gerichtshof darauf hin, dass es mit der 2012 beschlossenen Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform gelungen ist, ein für alle Verwaltungsmaterien einheitliches Rechtsschutzsystem zu schaffen, indem der  Verwaltungsgerichtshof sicherstellt, dass das Verwaltungsrecht nach einheitlichen Grundsätzen vollzogen wird.

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Niederlassungsrecht (2): Nicht-EU-Bürger kann Aufenthalt auf Unionsrechte seiner eingebürgerten Ehefrau stützen

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Der Kläger des Ausgangsverfahrens – ein algerischer Staatsangehöriger – reiste 2010 mit einem auf sechs Monate befristeten Besucher-Visum nach Großbritannien und blieb rechtswidrig auch nach dessen Ablauf dort.

Im Jahr 2014 heiratete er eine Spanierin, die sich in Großbritannien niedergelassen und durch Einbürgerung zusätzlich auch die britische Staatsbürgerschaft erworben hatte. Aufgrund dessen beantragte er eine Aufenthaltskarte als Familienangehöriger einer Staatsangehörigen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR).

Der Antrag wurde abgelehnt, da die Ehefrau nach den geltenden Bestimmungen mit Erwerb der britischen Staatsbürgerschaft  keine „EWR-Staatsangehörige“ mehr sei. Der mit der dagegen gerichteten Klage des Mannes befasste High Court zweifelt an der Rechtmäßigkeit der britischen Regelung und ersuchte den Europäischen Gerichtshof um Klärung und Vorabentscheidung.

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Niederlassungsrecht (1): Rekordzahl an neuen Aufenthaltstiteln in der EU

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Im Jahr 2016 wurden in der Europäischen Union knapp 3,4 Millionen Aufenthaltstitel an Nicht-EU-Bürger erstmals erteilt („First residence permits“).

Das ist eine Rekordzahl und ein Anstieg um 28% (oder knapp 735.000 Aufenthaltstitel) gegenüber dem Jahr 2015. Das geht aus einem aktuellen Bericht des EU-Statistikamtes EUROSTAT hervor. Die meiste Zuwanderung in die EU erfolgte von Staatsangehörigen der Ukraine, Syriens und der USA gefolgt von Indien und China.

Größte Zuwanderung nach Großbritannien und Polen

 

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Asylverfahren (6): Überlastete Verwaltungsgerichte – „Verfassungsrechtlich bedenklich“

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Deutschlands Verwaltungsgerichte sind überlastet. Immer mehr Asylverfahren führen zu horrenden Wartezeiten bei anderen Klagen. „Verfassungsrechtlich bedenklich“, sagt ein Experte.

von Kevin Schubert (ZDF heute)

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Während sich die Zahl der Verfahren damit verfünffacht hat, hat sich die Zahl der Richter bundesweit kaum verändert. In manchen Bundesländern ist sie sogar stagniert.

„Die Personalausstattung ist an einer Grenze angekommen, von der ich sagen würde, dass sie inzwischen verfassungsrechtlich bedenklich ist“, sagt Wilfried Kirkes vom Bund Deutscher Verwaltungsrichter des Landes Brandenburg. „Ich sehe uns minderausgestattet.“ Und: „Die Vorgaben des Landesverfassungsgerichts, wie und wie schnell Verfahren zu bewältigen sind, können wir schon lange nicht mehr erfüllen.“ Der Justiz als dritter Staatsgewalt werde nicht mehr eingeräumt, ihren Aufgaben nachkommen.

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Asylverfahren (5): Verschärfte Bestimmungen für Asylwerber in Kraft

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Am 1. November 2017 ist das Fremdenrechtsänderungsgesetz in Kraft getreten. Hauptstoßrichtung des Gesetzes ist die raschere Außerlandesbringung bzw. freiwillige Ausreise abgewiesener  Asylwerber. Damit  soll eine stufenweise Systematik zur Bekämpfung des rechtswidrigen Aufenthalts abgelehnter Asylwerber umgesetzt werden.

Verlängerung der Schubhaft

Die Schubhaft kann nach den neuen Bestimmungen auf bis zu sechs Monate (bisher vier) bzw. drei Monate für mündige Minderjährige (bisher zwei) erstreckt werden. Bei besonderen Umständen ist eine ununterbrochene Festhaltung bis zu 18 Monate möglich (bisher zehn Monate in einem Zeitraum von 18 Monaten). Ein Verfahren zur Aberkennung von Asyl soll künftig nicht erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung, sondern bereits bei Anklageerhebung bzw. bei Betreten auf frischer Tat oder bei Verhängung von Untersuchungshaft eingeleitet werden. Für den Abschluss des Aberkennungsverfahrens ist aber weiterhin die Rechtskraft im Strafverfahren abzuwarten.

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Asylverfahren (4): EU soll Asyl-Agentur erhalten

Die Reform des Dublin-Systems, das bestimmt, wer in der EU für einen Asylantrag zuständig ist, soll bereits in den nächsten Monaten erste Ergebnisse bringen. Das europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) wird zur vollen EU-Asylagentur ausgebaut. Die neue Behörde soll die Mitgliedstaaten bei Problemen unterstützen und dafür sorgen, dass sich Kriterien und Gesetze zur Entscheidung über …

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Asylverfahren (3): VwGH fordert strenge Kriterien für Rückführung von Familien

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Nach dem „Dublin-System“ kann ein Antragsteller in den Mitgliedstaat überstellt werden, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist.

Im Fall einer mehrköpfigen afghanischen Familie, die ursprünglich in Bulgarien Asyl beantragt hatte und dann nach Österreich gekommen war, hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Behörde vor einer „Dublin-Überstellung“ eine genaue Prüfung vornehmen muss, was auf die schwangere Kindesmutter und ihre minderjährigen Kinder in Bulgarien zukommt. Die Länderfeststellungen zu Bulgarien würden kein eindeutig positives Bild ergeben, sodass eine Überstellung nach Bulgarien nicht vor vornherein menschenrechtlich undenklich sei  (Ra 2017/18/0036 vom 30.08.2017).

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Asylverfahren (2): EuGH klärt Zuständigkeitsübergang im Dublin-System

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich auf Antrag des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes (EU  2016/0001 vom 31.  März  2016) mit der Frage der Zuständigkeit für Asylverfahren nach Ablauf der sechsmonatigen Abschiebefrist innerhalb des Dublin-Systems zu befassen. 

Der VwGH wollte wissen, ob alleine der ungenutzte Ablauf der Überstellungsfrist zu einem Zuständigkeitsübergang führt oder ob für den Übergang der Zuständigkeit auch die Ablehnung der Aufnahme der betreffenden Person durch den zuständigen Mitgliedstaat erforderlich ist.

In dem Fall (C-201/16) hatte der Iraner Majid Shiri geltend gemacht, dass Österreich nach der Dublin-III-Verordnung für die Prüfung seines Antrags zuständig geworden sei, da er nicht innerhalb der vorgesehenen Frist von sechs Monaten nach Bulgarien überstellt wurde. Der Iraner war zuerst über Bulgarien in die Europäische Union eingereist, daher wäre Bulgarien für das Asylverfahren zuständig gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof hatte den Fall zur Klärung an den EuGH verwiesen.

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Asylverfahren (1): Verkürzung der Beschwerdefrist nicht sachlich gerechtfertigt

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Bereits zum dritten Mal innerhalb eines Jahres hatte sich der Verfassungsgerichtshof mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine Verkürzung der allgemeinen vierwöchigen Beschwerdefrist des VwGVG durch Sonderregelungen im BFA- Verfahrensgesetz sachlich gerechtfertigt ist. 

Die Bundesregierung hatte eine Verkürzung der Beschwerdefrist auf zwei Wochen (§ 16 Abs. 1 des BFA-Verfahrensgesetzes) unter anderem damit gerechtfertigt, dass die Verkürzung der Beschwerdefrist Teil mehrerer Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung sei. In Fällen eines nur bis zur Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme befristeten Aufenthaltsrechts bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an einer ehestmöglichen Klärung des Aufenthaltsstatus eines Fremden.

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