Asylverfahren (6): Überlastete Verwaltungsgerichte – „Verfassungsrechtlich bedenklich“

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Deutschlands Verwaltungsgerichte sind überlastet. Immer mehr Asylverfahren führen zu horrenden Wartezeiten bei anderen Klagen. „Verfassungsrechtlich bedenklich“, sagt ein Experte.

von Kevin Schubert (ZDF heute)

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Während sich die Zahl der Verfahren damit verfünffacht hat, hat sich die Zahl der Richter bundesweit kaum verändert. In manchen Bundesländern ist sie sogar stagniert.

„Die Personalausstattung ist an einer Grenze angekommen, von der ich sagen würde, dass sie inzwischen verfassungsrechtlich bedenklich ist“, sagt Wilfried Kirkes vom Bund Deutscher Verwaltungsrichter des Landes Brandenburg. „Ich sehe uns minderausgestattet.“ Und: „Die Vorgaben des Landesverfassungsgerichts, wie und wie schnell Verfahren zu bewältigen sind, können wir schon lange nicht mehr erfüllen.“ Der Justiz als dritter Staatsgewalt werde nicht mehr eingeräumt, ihren Aufgaben nachkommen.


Die Personalausstattung ist an einer Grenze angekommen, von der ich sagen würde, dass sie inzwischen verfassungsrechtlich bedenklich ist, so Wilfried Kirkes, Vorsitzender des Brandenburger Landesvereinigung im Bund Deutscher Verwaltungsrichter. Der Cottbuser Verwaltungsrichter Nocon berichtet von Verfahren, die seit sieben Jahren auf eine Entscheidung warten. Extrem-, aber keine Einzelfälle. Kirkes sagt, er kenne Richter, die nach individuellen Kriterien entschieden, welche Verfahren sie wann abarbeiteten. „Man kann durch die Bank sagen, dass sich die Verfahrenszeiten in Brandenburg dramatisch verlängern werden“, sagt er. „Und wahrscheinlich wird erst dann ein Erwachen der Politik stattfinden.“

Kirkes kritisiert die rot-rote Landesregierung in Potsdam hart. Der Arbeitsaufwand, der heute auf die Verwaltungsgerichte einprasselt, sei bereits 2014 abzusehen gewesen. Spätestens 2015, als Hunderttausende über die Balkanroute nach Deutschland kamen, hätte die Politik reagieren müssen. „Stattdessen sind Maßnahmen bis zum Frühling 2017 für unnötig erachtet worden“, klagt Kirkes, der in Brandenburg Finanz- und Justizministerium gleichermaßen in der Verantwortung sieht. „Wir brauchen beständig mehr Personal, um den Aktenberg, der aufgelaufen ist, abarbeiten zu können“,.

Eine Forderung, die der BDV auch auf Bundesebene unterstützt. „Die Verwaltungsgerichte sind so stark belastet, dass sich die Arbeit mit dem gegenwärtigen Personal nicht zeitnah bewältigen lässt“, konstatiert Vorstandsmitglied Erich Müller-Fritzsche in der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Auch die von der Politik angekündigte Aufstockung beim Personal wird dafür nicht reichen.“

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