Sicherheitspolizeigesetz (1): „Willkür“ bei der Auswahl von Waffenverbotszonen?

© Bild: APA/GEORG HOCHMUTH

Vier Waffenverbotszonen wurden im vergangenen Jahr in Österreich verhängt. In der Innsbrucker Bogenmeile, am Linzer Hinsenkampplatz, am Wiener Franz-Josefs-Kai und am Praterstern. Während bei den ersten beiden Bereichen durch Zahlen belegt werde kann, warum gerade dort eine Verbotszone Sinn ergibt, bleibt die Wahl der Bereiche in Wien schleierhaft.

Das zeigt einer Anfragebeantwortung von Innenminister Herbert Kickl. Eingebracht hat die parlamentarische Anfrage die SPÖ-Abgeordneter Angela Lueger. Demnach wurden in der Innsbrucker Bogenmeile zwischen Mai 2017 und Oktober 2018 exakt 47 Delikte gegen Leib und Leben verübt. Am Hinsenkampplatz in Linz waren es von Jänner 2016 bis Dezember vergangenen Jahres 95 Delikte. Warum das Ministerium unterschiedliche Vergleichszeiträume ausweist, bleibt offen.

Keine Auswertung

Schaut man in die Bundeshauptstadt, dann bleibt noch weitaus mehr im Verborgenen. So heißt es in der Beantwortung: In Wien dienten Erfahrungen mit Straftaten die gegen die Rechtsgüter Leben, Gesundheit oder Eigentum als Entscheidungsgrundlage. Darüber hinaus wurden Sicherstellungen von Waffen und gefährlicher Gegenstände sowie die Häufung polizeilicher Einsätze an diesen Örtlichkeiten berücksichtigt. Dabei ging man aber offenbar nach dem Gefühl: Eine geografische Auswertung der beiden gewählten Örtlichkeiten ist laut Kickl nicht möglich.

Zonen in Bundesländern

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RZ-Editorial 3/19: Fünf Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit 1. Instanz

Wir stehen erst im ersten Quartal des Jahres 2019 und schon gehen in Österreichs Justiz die Wogen hoch. Noch ist die Diskussion um den „Sager“ des Herrn Innenministers zum Verhältnis von Politik und Recht, der sogar für eine Sondersitzung des Nationalrates erforderte, nicht verklungen, schon sorgt das Gerichtsurteil nach einer tödlichen Kuhattacke für helle Aufregung.

von Elisabeth Brunner

Das „Ende der Almwirtschaft“ wird heraufbeschworen, Politiker und andere Experten stellen sich eindeutig auf die „Seite der Bauern“. Ähnlich emotional wurde vor zwei Jahren das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur „Dritten Piste“ für den Flughafen Schwechat[1] diskutiert, wo „unwiederbringlicher Schaden“ für den Wirtschaftsstandort Österreich vorausgesagt wurde.

Während allerdings beim „Almurteil“ in erster Linie der Richter persönlich für das „Fehlurteil“ kritisiert wird, war das „Dritte Piste-Urteil“ gleich Anlass um das Verwaltungsgericht als „Schmalspurgericht“ und dessen Richter/innen als Richter/innen zweiter Klasse abzuqualifizieren.

Dazu passt dann, dass besonders die Verwaltungsgerichte auch wegen „nicht genehmer“ Besetzungsvorschläge der Personalsenate immer wieder im Blickpunkt einer kritischen Öffentlichkeit stehen. Von den Standesvertretungen wird seit langem eine Verbindlichkeit der Besetzungsvorschläge gefordert, was grundsätzlich auch zu befürworten ist. Die Standesvertretungen befassen sich seit geraumer Zeit in diesem Zusammenhang auch mit dem Thema „einheitliches Richterbild“ sowie Richteraus- und -fortbildung. Als Grundlage könnte man einerseits die Entschließung des Nationalrates[2] aber andererseits auch die intern und extern in verschiedener Intensität geführte Diskussion über Notwendigkeit und Inhalt eines „einheitlichen Richterbildes“ sehen. Auch der Bundesminister für Verfassung Reformen Deregulierung und Justiz hat in einem vor kurzem geführten Fernsehinterview die Implementierung eines Projektes angekündigt, das sich mit der Richterausbildung neu und so mit der Herbeiführung eines einheitlichen Richterbildes befassen soll.

Man gewinnt jedenfalls den Eindruck, dass erst mit der Einrichtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit 1. Instanz der Begriff des „einheitlichen Richterbildes“ Eingang in den alltäglichen juristischen Sprachgebrauch gefunden hat und dieser Begriff dermaßen wohlklingend und gleichzeitig nichtssagend ist, dass sich in der aktuellen Diskussion kaum ein Teilnehmer der Verwendung dieses Kompetenz ausstrahlenden Begriffes entziehen kann bzw möchte. Darüber hinaus ist aus der laufend geführten Diskussion auch der Konsens abzuleiten, dass offenbar ein „einheitliches Richterbild“ als notwendig erachtet wird. Je mehr ich mich jedoch mit diesem Begriff beschäftige, umso weniger wird mir dessen Bedeutung, Inhalt oder Nutzen klar.

Richterbild als Bild der Öffentlichkeit

 

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UVP-Verfahren Flughafen Wien:  VwGH gibt Klimaschützern teils recht – aber erlaubt dritte Piste

foto: apa/helmut fohringer

Die Auswirkungen der Flughafenerweiterung auf das Klima müssen berücksichtigt werden, sagt der Verwaltungsgerichtshof. Doch: Emissionen sind nicht dem Flughafen zurechenbar

Der seit Jahren tobende juristische Streit um den Bau einer dritten Start- und Landebahn am Wiener Flughafen hat in Österreich selbst ein Ende gefunden. Am Montag hat auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) grünes Licht für das Projekt gegeben und damit die Beschwerden diverser Bürgerinitiativen und Anrainer abgewiesen. Der innerstaatliche Instanzenzug in der Causa ist damit ausgeschöpft.

Der VwGH widmet sich in seiner Entscheidung der grundlegenden Frage, welche Bedeutung der globale Klimaschutz bei der Beurteilung des Großprojektes haben darf. Dabei kommt er zur Ansicht, dass im vorliegenden Fall sehr wohl die gesamten Auswirkungen auf das Klima geprüft und abgewogen werden müssen. Damit widerspricht der Verwaltungsgerichtshof einer früheren Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH).

Aber zunächst zur Ausgangslage:

 

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Ausstellungen über Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaat

DER VEREIN JUSTIZGESCHICHTE UND RECHTSSTAAT LÄDT EIN: Justizpalast 15.05. – 15.07.2019 Bezirksmuseum Josefstadt 04.09.2019 – 31.01.2020 Der Verein Justizgeschichte und Rechtsstaat lädt zu seiner Ausstellungen über Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaat ein. Bestandsgarantien für den demokratischen Rechtsstaat und den Schutz der Menschenrechte sind nur durch politische Bildung erzielbar, die die Bedeutung rechtsstaatlicher Grundsätze und der Zugehörigkeit …

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Steuerrecht: Digitalsteuer in der EU gescheitert

foto: apa/dpa/stefan jaitner

Internet-Konzerne wie Google und Facebook müssen für ihre Werbe-Einnahmen in der Europäischen Union auch künftig keine Steuern zahlen.

Die EU ist bei ihren Bemühungen um eine Digitalsteuer auf Onlinewerbung gescheitert. Dänemark, Schweden, Estland und Irland blockierten bei einem EU-Finanzministerrat in Brüssel einen entsprechenden Vorschlag von Deutschland und Frankreich. Insbesondere Irland hatte fundamentale Bedenken geltend gemacht. Dort ist Facebook/Europa angesiedelt. Die EU will nun eine Lösung im Rahmen der Industriestaatenorganisation OECD verfolgen.

Finanzminister Hartwig Löger zeigte sich „enttäuscht“, dass sich Europa nicht einmal auf einen „Minimalvorschlag“ einige. Damit „tun wir nicht nur uns selber weh“, so Löger, sondern man sei auch enttäuschend für alle, die an einer internationalen Lösung arbeiteten. Selbst die USA und große internationale Konzerne wie Google und Amazon wünschten sich von der EU eine klare Linie und hätten keine Freude mit zersplitterten nationalen Lösungen. Auch der französische Finanzminister Bruno Le Maire kritisierte „eine verpasste Chance“.

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Staatsbürgerschaft: Schwierige Aberkennungsverfahren bei „IS-Kämpfern“  

Doskozil: Die SPÖ stehe für eine Verfassungsänderung zu Verfügung. (Archivbild) – imago-images

Das Land Wien prüft in einem aktuellen Fall, ob einem österreichischen IS-Kämpfer die Staatsbürgerschaft aberkannt werden kann.

Laut einem Bericht im „Kurier“ soll jener IS-Kämpfer, der vor wenigen Tagen in Syrien festgenommen wurde, seine österreichische Staatsbürgerschaft verlieren. Der Wiener Bürgermeister habe die zuständige Magistratsabteilung beauftragt, den Fall zu prüfen. In Österreich ist nach der derzeitigen Rechtslage ein abgeschlossenes Entziehungsverfahren die notwendige Voraussetzung für die  Aberkennung der Staatsbürgerschaft.

Ex-lege-Aberkennung gefordert

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Sicherungshaft (2):  Mangelnde Überprüfbarkeit befürchtet

Wie die Sicherungshaft in der Praxis funktionieren soll, da sind noch viele Fragen offen.

Welche Informationen welcher Behörde zur Verfügung stehen werden, um eine mögliche Gefährdung zu beurteilen etwa, oder mit wie vielen Fällen überhaupt gerechnet wird.

Seitens der Verwaltungsrichter-Vereinigung zeigte sich Siegfried Königshofer jedenfalls skeptisch, dass die Beamten am Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in der Lage seien, Bescheide in einer Qualität zu erlassen, welche dem Gericht eine Überprüfung der Sicherungshaft innerhalb von 48 Stunden ermöglichten. Im Regelfall seien dort juristisch nicht ausgebildete Bedienstete tätig und sei die Qualität der Entscheidungen des Bundesamtes bekannt schlecht.

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Sicherungshaft (1): Warnung von Richtern und Anwälten

Vertreter von Richtern und Rechtsanwälten warnen vor der von der Regierung geplanten Sicherungshaft. Auch Verfassungsexperten können dem Vorstoß der Regierung wenig abgewinnen.

Richtervereinigungspräsidentin Sabine Matejka befürchtet, dass die Regierung die Grundlage für weitgehendere Eingriffe in die Freiheitsrechte über Asylwerber hinaus schaffen will.

Der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Rupert Wolff, hält die Präventivhaftpläne der Regierung für „brandgefährlich“. Einen konkreten Gesetzesvorschlag hat die Koalition bisher nicht vorgelegt. Da es sich um eine Zweidrittelmaterie handelt, ist die Zustimmung von SPÖ oder NEOS nötig.

Matejka: Ausweitung in Zukunft befürchtet

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Sicherungshaft für Asylwerber: Richtungsweisende EuGH-Entscheidung


Symbolbild. – (c) Stanislav Jenis (Stanislav Jenis)

Haft für Asylwerber ist in Europa keine Seltenheit. Bereits im Jahr 2016 gab es dazu eine richtungsweisende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur sogenannten „Aufnahmerichtlinie“.

Sicherungshaft ist Behördenpraxis

Die Niederlande haben eines der strengsten, effektivsten und am schnellsten arbeitenden Asylwesen Europas, Kernverfahren dauern meist nur ein bis zwei Wochen. Bezüglich Sicherungshaft haben die Niederlande so wie etwa Belgien die EU-Richtlinie über die Aufnahme von Asylwerbern von 2013 umgesetzt, die in Artikel 8 Abs. 3 Buchstabe e Haft für Asylwerber ermöglicht, wenn das „aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung erforderlich ist“.

Die entsprechende niederländische Regel steht in Artikel 59b Abs. 1 Buchstabe d des Fremdengesetzes, das im Übrigen weitere Haftgründe vorsieht, etwa, um Identität und Staatsangehörigkeit zu ermitteln, oder beim Verdacht, die Person würde untertauchen.

Pingpongspiel mit den Behörden

 

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