Europarat suspendiert Russland nach Angriff auf Ukraine

Mit dem Angriff auf die Ukraine verstößt Russland auch gegen seine Verpflichtungen beim Europarat. Die Institution entzieht dem Land nun vorübergehend seine Vertretungsrechte. Der Schritt ist in der Geschichte des Europarats quasi einmalig.

Der Europarat hat in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine in einem historischen Schritt Russland suspendiert. Das Ministerkomitee mit Vertretern der 47 Mitgliedsländer entschied am Freitag, Russland mit sofortiger Wirkung von seinen Repräsentationsrechten in der Straßburger Organisation vorläufig zu entbinden. Das Land bleibt dennoch formell Mitglied.

In der Geschichte des Europarats wurde Artikel 8 der Statuten zur Suspendierung bisher erst einmal angewandt – gegen die griechische Militärjunta. Diese vollzog 1969 dann den griechischen Austritt aus dem Europarat. Gemäß Artikel 8 der Statuen des Europarats droht die Suspendierung, wenn der Respekt der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten schwerwiegend verletzt wurde. In einer weiteren Eskalationsstufe könnte ein Mitgliedsland auch zum Austritt aufgefordert oder ausgeschlossen werden.

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Europäische Verwaltungsrichter-Vereinigung: Besondere Solidarität mit ukrainischen Richterinnen und Richter, die zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine beigetragen haben.

Die Europäische Verwaltungsrichter-Vereinigung (AEAJ) war bis zuletzt in einer Reihe von Justiz-Projekten zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine aktiv. Die besondere Sorge und Solidarität gilt nun all jenen Richterinnen und Richtern, die an diesen Projekten beteiligt waren.

Die Vereinigung zeigt sich zutiefst schockiert über die von Russland eingeleitete militärische Invasion der Ukraine und fordert die Einhaltung des Völkerrechts. Der durch das Verbrechen einer illegalen Aggression begonnene Krieg sei besorgniserregend und bereite ernste Sorgen für alle in Europa

Die Vereinigung bekundet ihre volle Unterstützung für den unabhängigen und demokratischen Staat der Ukraine und sein Volk und fordert, dass vor allem die Zivilbevölkerung unter allen Umständen geschützt werden muss. Sie verurteilt alle aggressiven Handlungen und Menschenrechtsverletzungen Russlands in der Ukraine und betont die Notwendigkeit, dass sich Richterinnen und Richter in Europa vereint für die Grundwerte der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzen.

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EuGH weist Klagen Ungarns und Polens gegen den Rechtsstaatsmechanismus ab

Das Plenum des Gerichtshofs weist die Klagen Ungarns und Polens gegen den Konditionalitätsmechanismus ab, der den Erhalt von Mitteln aus dem Unionshaushalt davon abhängig macht, dass die Mitgliedstaaten die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit einhalten. Der EuGH entschied, dass dieser Mechanismus, die Auszahlung von EU-Geldern an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit zu knüpfen, auf einer geeigneten Rechtsgrundlage erlassen wurde, mit dem Verfahren nach Art. 7 EUV vereinbar ist und insbesondere im Einklang mit den Grenzen der Zuständigkeiten der Union sowie mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit steht.

Am 16. Dezember 2020 erließen das Parlament und der Rat die Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092, mit der eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union bei Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat eingeführt wird. Zur Erreichung dieses Ziels kann der Rat nach der genannten Verordnung auf Vorschlag der Kommission Schutzmaßnahmen wie etwa die Aussetzung der zulasten des Haushalts der Union gehenden Zahlungen oder die Aussetzung der Genehmigung eines oder mehrerer aus Haushaltsmitteln der Union finanzierter Programme treffen.

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EuGH bestätigt die 5-jährige Strafbarkeitsverjährungsfrist bei der Ahndung von Unterentlohnung

Das LVwG Steiermark stellte ein Vorabentscheidungsersuchen betreffend die Auslegung von Art. 41 Abs. 1 und Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und von Art. 6 der EMRK. Gegenstand des Verfahrens war die Bestrafung wegen Nichteinhaltung der im österreichischen Recht vorgesehenen Lohnverpflichtungen für entsandte Arbeitnehmer.

 § 7i Abs. 7 AVRAG (nunmehr § 29 Abs. 4 LSD-BG) sah vor, dass die Frist für die Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs. 1 VStG) drei Jahre ab der Fälligkeit des Entgelts beträgt. Bei Unterentlohnungen, die durchgehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, beginnt die Frist für die Verfolgungsverjährung im Sinne des ersten Satzes ab der Fälligkeit des Entgelts für den letzten Lohnzahlungszeitraum der Unterentlohnung. Die Frist für die Strafbarkeitsverjährung (§ 31 Abs. 2 VStG) beträgt in diesen Fällen fünf Jahre.

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Judikatur VfGH / VfGG: Wiederaufnahme des Verfahrens bei Parteianträgen auf Normenkontrolle wird zulässig

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmung des § 34 Verfassungsgerichtshofgesetz (VfGG), welche die Wiederaufnahme des Verfahrens bei Parteianträgen auf Normenkontrolle für unzulässig erklärt hat, wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und des Rechtsstaatsprinzips als verfassungswidrig aufgehoben (G 229/2021 vom 15.12.2021).

Besondere Bedeutung der Normenkontrolle für individuellen Rechtsschutz

Der Gerichtshof sieht keine sachliche Rechtfertigung dafür, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zwar im Verfahren nach der ZPO vor den ordentlichen Gerichten vorzusehen, nicht aber auch im Verfahren vor dem VfGH, in dem subsidiär ebenfalls die ZPO anzuwenden ist, da das Rechtsschutzinteresse in allen Verfahren gleichartig ist.

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Coronakrise 2022 (2): Impfpflicht bis Lockdown: Wie mangelhaft begründete Verordnungen dem Rechtsstaat zusetzen

Die Pandemie führt dazu, dass in immer mehr Lebensbereiche per Verordnung eingegriffen wird. Auch bei der Impfpflicht werden dem Gesundheitsminister weitreichende Kompetenzen eingeräumt

Es war eine der brisanten Fragen im vergangenen Lockdown: Warum haben die Ausgangsbeschränkungen auch für dreifach geimpfte Menschen gegolten? Studien aus Israel zeigen, dass in den ersten Monaten nach der dritten Impfung nicht nur ein ausgezeichneter Schutz gegen eine schwere Covid-Erkrankung besteht. Die dreifach Geimpften sind auch kaum infektiös, stecken also andere nur selten an. Beim Verfassungsgerichtshof ist gegen den Lockdown für Geboostete bereits eine Beschwerde eingebracht worden. Die Höchstrichter werden also bald den Akt und die Begründung für die Maßnahmen prüfen.

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Coronakrise 2022 (1): Verwaltung – Ein strukturelles Versagen

Die Pandemie hat offenbart: Eine Verwaltungsreform ist notwendig, und zwar eine echte. Eine Bestandsaufnahme.

Als das Virus kam, schlug die Stunde der Verwaltung. Sie gab dem neuen Leben Ordnung und Regeln. Tagtäglich trat die Regierung vor die Öffentlichkeit und administrierte das Virus weg. Scheinbar. Für einen Moment war Österreich vorne dabei, bei den Besten, ein „First Mover“. Das überraschte nicht, denn die Republik blickt, nicht ohne Stolz, auf eine sehr lange Historie exzellenter Verwaltung zurück, die sich auch schon im Epidemiefall bewährte. Wie es in den Jahren 1831/1932 gelang, durch staatliches Handeln die Cholera zu bewältigen, ist in historischen Büchern nachzulesen.

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Meinungsfreiheit: EGMR stärkt Anonymität im Netz

Österreichische Gerichte zwangen eine Zeitung rechtswidrig, die Identität von Nutzern ihres Online-Forums nach beißender Kritik an einer politischen Partei preiszugeben.

„Abschreckende Wirkung“ auf öffentliche Debatte

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat entschieden, dass Österreich mit nationalen Urteilen zur Herausgabe persönlicher Daten von Nutzern eines Online-Diskussionsforums der Zeitung „Standard“ gegen die in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Meinungsfreiheit verstoßen hat. Die Straßburger Richter betonten, dass eine Pflicht zur Offenlegung von Informationen über die User „eine abschreckende Wirkung“ auf die öffentliche Debatte hätte.

In der Auseinandersetzung ging es um die Preisgabe der Identität von drei Foren-Teilnehmern, deren Beiträge aus den Jahren 2011 bis 2013 unter anderem den österreichischen Rechtspopulisten Herbert Kickl (FPÖ) sowie die Freiheitlichen in Kärnten, eine Landesgruppe der FPÖ, zu Klagen veranlasst hatten. Die Verlagsgesellschaft hatte die Kommentare, in denen rechtsgerichtete Politiker mit Korruption oder Neonazis in Verbindung gebracht wurden, zwar geprüft und entfernt. Sie weigerte sich aber, die persönlichen Daten der Verfasser der Postings preiszugeben.

Offene Diskussion fördern

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Corona als Stresstest für den Rechtsstaat

Eilverfahren vor dem VfGH stehen angesichts der geplanten Impfpflicht zunehmend in Diskussion.

Schnell soll es gehen, am besten immer schneller, aber die Entscheidung darf dann bloß nicht unüberlegt sein – vor allem nicht, wenn sie vom Höchstgericht kommt: Die Einführung von Eilverfahren vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof (VfGH) steht aktuell angesichts der zahlreichen Covid-19-Maßnahmen, die diesen beschäftigen, zunehmend in Diskussion.

Zuletzt hat die oberösterreichische FPÖ diese gefordert, und zwar, um die für 1. Februar 2022 geplante Impfpflicht auf ihre Verfassungskonformität zu überprüfen. Bereits im Vorjahr, zu Beginn der Pandemie in Österreich, brachten die Neos einen diesbezüglichen Antrag im Nationalrat ein. Und auch der Präsident des Rechtsanwaltskammertages Rupert Wolff plädierte nach Erlass der ersten Covid-19-Maßnahmengesetze dafür.

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Judikatur VfGH / Epidemiegesetz: Keine finanzielle Vergütung bei Absonderung nach telefonischer Empfehlung durch „Gesundheitsnummer 1450“

Nach dem Epidemiegesetz besteht ein Anspruch auf Vergütung für entstandene Vermögensnachteile nur, wenn der Betroffene gemäß § 7 EpidemieG 1950 behördlich abgesondert wurde. Eine freiwillige Absonderung nach telefonischer Empfehlung durch einen Mitarbeiter vom Bürgerservice der „Gesundheitsnummer 1450“ führt zu keinem Anspruch auf Entschädigung, weil diese nicht hoheitlich tätig ist (VfGH 06.10.2021, E 221/2021 ua).

Freiwillige Absonderung liegt auch vor, wenn sie nach staatlicher Empfehlung erfolgt

Gemäß § 7 Abs 1a EpidemieG 1950 können zur Verhütung der Weiterverbreitung von COVID-19 kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen angehalten oder im Verkehr mit der Außenwelt beschränkt werden, sofern nach der Art der Krankheit und des Verhaltens des Betroffenen eine ernstliche und erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Personen besteht, die nicht durch gelindere Maßnahmen beseitigt werden kann.

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