Ein Anwalt darf öffentlich Justizkritik üben und ist dabei vor Strafverfolgung sicher, solange er nicht lügt, beleidigt oder irreführende, ins Blaue hinein geäußerte oder nicht zur Sache gehörende Bemerkungen macht.
Dies urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am 23. April 2015 (Beschwerde Morice / France 29369/10).
Im Interview mit der Zeitung „Le Monde“ hatte der Beschwerdeführer, ein französischer Anwalt, unter anderem den vertrauensvollen Umgang einer französischen Untersuchungsrichterin mit der Staatsanwaltschaft von Djibouti als „völlig unvereinbar mit den Prinzipien der Unparteilichkeit und Fairness“ bezeichnet. Er war daraufhin zu einer Geldstrafe wegen Beihilfe zur Diffamierung öffentlicher Amtsträger verurteilt worden.