DVVR: Stellungnahme zur aktuellen Novelle des RDStG; Forderung nach Besetzungsvorschlägen richterlicher Personalsenate auch für Leitungsfunktionen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit

Der Dachverband der Verwaltungsrichter begrüßt den vorliegenden Entwurf der 2. Dienstrechts-Novelle 2022 (230/ME XXVII. GP) und fordert Besetzungsvorschläge richterlicher Personalsenate nach dem Vorbild des RStDG auch für Leitungsfunktionen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit unter Berücksichtigung europäischer Standards.

In seiner Stellungnahme verweist der DVVR dazu auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Zusammenhang mit der Ernennung von Richterinnen und Richtern. Der EGMR hat bereits mehrfach betont, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ernennungsentscheidung so beschaffen sein müssten, dass sie bei den davon mittel- oder unmittelbar Betroffenen keine berechtigten Zweifel an der Neutralität und Unempfänglichkeit ernannter Richterinnen und Richter für äußere Faktoren aufkommen lassen. Demgemäß beurteilt er die Ernennung von Richterinnen und Richtern durch ein Organ der Exekutive nur dann als mit den Rechtsstaatsgrundsätzen der Europäischen Union vereinbar, wenn im Ernennungsverfahren die Stellungnahme eines von der Politik unabhängigen Gremiums eingeholt wird.

Die Stellungnahme des DVVR verweist weiters auf den zweiten vorläufigen Umsetzungsbericht von GRECO, in dem neuerlich moniert wird, dass in Österreich die richterliche Mitwirkung am Auswahl- und Ernennungsverfahren von Richterinnen und Richtern nicht flächendeckend umgesetzt sei, sowie auf die Kritik der Europäische Kommission im Rechtsstaatlichkeitsbericht 2022. Dort wird Österreich ausdrücklich empfohlen, „der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die Justiz an den Ernennungen des Präsidenten und Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs sowie der Präsidenten und Vizepräsidenten von Verwaltungsgerichten zu beteiligen, und dabei europäische Standards für die Ernennung von Richtern und die Auswahl von Gerichtspräsidenten zu berücksichtigen“. Die genannten Kritikpunkte und Ziele des Entwurfs gelten im Besonderen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, in der nicht nur drei, sondern zwei Dutzend Leitungsstellen (PräsidentInnen und VizepräsidentInnen der elf Verwaltungsgerichte und des Verwaltungsgerichtshofes) ohne Einholung von Vorschlägen richterlicher Personalsenate besetzt werden.

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LVwG Steiermark:  Position des Präsidenten/der Präsidentin ausgeschrieben

Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung hat die Position des Präsidenten/der Präsidentin des Landesverwaltungsgerichtes zur Nachbesetzung ausgeschrieben.

Keine Rechtsprechungserfahrung erforderlich; Geimpfte bevorzugt  

Das Anforderungsprofil ist sehr allgemein gehalten, Rechtsprechungserfahrung oder Fremdsprachenkenntnisse werden nicht gefordert, allerdings wird Bewerberinnen und Bewerbern mit Nachweis einer COVID-19 Schutzimpfung bei gleicher fachlicher Eignung der Vorzug gegeben(!).

Europäische Standards weiterhin negiert

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Verwaltungsgerichtshof hält Dienstbeurteilungen von Verwaltungsrichter_innen durch gewählte Personalsenate für nicht verfassungskonform

Bei ihrer Einrichtung sind nahezu alle Verwaltungsgerichte dem Vorbild der ordentlichen Gerichtsbarkeit gefolgt und haben die Dienstbeurteilung der Richter_innen durch Personalsenate/ausschüsse vorgesehen, bei denen die überwiegende Anzahl der Mitglieder von der Vollversammlung gewählt werden.

Kollegiale Justizverwaltung oder Rechtsprechung

Nun sind beim Verwaltungsgerichtshof in einem Revisionsverfahren, das eine negative Dienstbeurteilung eines Richters durch den Personalausschuss des Verwaltungsgerichts Wien zum Gegenstand hat, Bedenken gegen dessen Zuständigkeit entstanden und hat der Gerichtshof die entsprechenden Bestimmungen des Wiener Organisation- und Dienstrechtsgesetzes beim Verfassungsgerichtshof angefochten, A 2022/0004 (Ra 2021/09/0263) vom 21.10.2022.

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Österreich fällt in Rechtsstaat-Index aus den Top Ten

Laut dem Rule of Law Index geht die Rechtsstaatlichkeit weltweit zurück. Österreich schneidet bei Korruption und Transparenz vergleichsweise schlecht ab

Die Welt befindet sich in einer tiefen Rezession – nicht wirtschaftlich, sondern rechtsstaatlich. Laut dem Rule of Law Index 2022 nahm die Rechtsstaatlichkeit global das fünfte Jahr in Folge ab. Der Index, der am Mittwoch veröffentlicht wurde und vom World Justice Project auf Basis umfassender Umfragen erstellt wird, weist heuer in 61 Prozent der Staaten einen Rückgang aus – auch in Österreich.

Österreich befindet sich in Sachen Rechtsstaatlichkeit traditionellerweise im weltweiten Spitzenfeld, verlor im Vergleich zum Vorjahr allerdings zwei Plätze und liegt nun auf Rang elf. Die Spitzenpositionen belegen die nordeuropäischen Länder Dänemark, Norwegen und Finnland. Deutschland rangiert auf Platz sechs. Dahinter reiht sich mit Neuseeland der einzige nichteuropäische Staat in den Top Ten ein.

Gute Noten bekommt Österreich im Bereich der Strafjustiz. Vergleichsweise schlecht sieht es dagegen in den Kategorien „Abwesenheit von Korruption“ und „Offene Regierung“ aus. Dort belegt Österreich weltweit nur den 18. bzw. den 20. Platz. Wenig Korruption sieht der Index hierzulande bei Justiz und Polizei. Nachholbedarf wird dagegen bei Verwaltung und Gesetzgebung deutlich.

„Wenig überraschend“

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Mehr als 900 Covid-Anträge vor Höchstgericht

85 Prozent sind erledigt – der Verfassungsgerichtshof entschied meist, als die Regelung gar nicht mehr in Kraft war.

Lockdown für Ungeimpfte, 2G-Regel, Ausgangsbeschränkungen und Betretungsverbote, zuletzt die Finanzhilfen: Österreichs Verfassungsgerichtshof (VfGH) ist seit Beginn der Covid-19-Pandemie mit Prüfungsverfahren zu diesem Thema gefordert. Konkret seien seit April 2020 rund 920 Fälle mit Covid-19-Bezug eingegangen, heißt es auf Nachfrage der „Wiener Zeitung“ vom VfGH. 85 Prozent seien bereits erledigt – in nur etwa 15 Prozent der Fälle waren die Antragsteller laut VfGH erfolgreich. Einige Anträge wurden auch aus formalen Gründen zurückgewiesen.

Zu den prominentesten Fällen, in denen erfolgreich im Sinne der Antragsteller entschieden wurde, zählen wohl die Corona-Ausgangs-Verordnung und die 400-Quadratmeter-Verordnung: Diese waren laut VfGH teils gesetzeswidrig. Konkret jene Teile, die das Betreten des öffentlichen Raumes und die Nutzung der Öffis unter nur vier Bedingungen zugelassen haben: zum Zweck der Berufsarbeit, um Hilfe zu holen, um dringende Besorgungen zu erledigen oder Spaziergänge zu unternehmen. Auch die Verpflichtung, Gründe für das ausnahmsweise Betreten des öffentlichen Raumes bei einer Polizeikontrolle glaubhaft zu machen, ging laut VfGH über die vom Gesetz vorgegebenen Grenzen hinaus.

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Verfassungsrichter/in sollte kein Nebenberuf sein

In einem Beitrag im Rechtspanorama der „Presse“ wird die Konstruktion der österreichischen Verfassungsgerichtsbarkeit einer kritischen Überprüfung unterzogen. Konkret geht es um die Frage, ob es noch zeitgemäß ist, wenn die Tätigkeit als Verfassungsrichter/in nur als Nebenberuf ausgeübt wird.

Nebentätigkeiten müssen veröffentlicht werden

In der Vergangenheit sorgten politische oder wirtschaftliche Beziehungen von Richter/innen des VfGH immer wieder für Debatten. Sie waren Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglieder, Aufsichtsratsvorsitzende, Gesellschafter oder Geschäftsführer von Wirtschaftstreuhänder oder Anwaltskanzleien, welche auch Fälle vor dem VfGH vertraten.

Seit dem Jahr 2015 müssen sämtliche Nebentätigkeiten von Beteiligungen an Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzleien, Beteiligungen an sonstigen Unternehmen, Aufsichtsratstätigkeiten bis zu Gutachtertätigkeiten veröffentlicht werden. Außerdem wurde gesetzlich verankert, dass sich Verfassungsrichter/innen enthalten und von einem Ersatzmitglied vertreten lassen müssen, wenn sie aufgrund ihres Nebenjobs befangen sein könnten.  Deutschland ist hier konsequenter: Für Richter/innen des Bundesverfassungsgerichts gilt eine andere berufliche Tätigkeit als die eines Lehrers des Rechts an einer deutschen Hochschule für unvereinbar.

Österreichische Besonderheit

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Ungarn: “Zerfall der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte”

Das Parlament verurteilt die „vorsätzlichen und systematischen Bestrebungen der ungarischen Regierung“, die europäischen Werte zu untergraben, und fordert Ergebnisse im Artikel-7-Verfahren.

Das Fehlen entschlossener Maßnahmen der EU habe „zu einem Zerfall der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in Ungarn beigetragen“ sowie zur Entstehung eines „hybriden Systems der Wahlautokratie“, d.h. eines Verfassungssystems, in dem zwar Wahlen stattfinden, aber demokratische Normen und Standards nicht eingehalten werden, so die Abgeordneten.

Der Bericht, der am Donnerstag mit 433 Ja-Stimmen, 123 Nein-Stimmen und 28 Enthaltungen angenommen wurde, baut auf der Entschließung auf, mit der das Parlament 2018 das Verfahren nach Artikel 7 eingeleitet hat, um einen Überblick über die Entwicklungen in den vom Parlament identifizierten 12 Problembereichen zu vermitteln. So wird aufgezeigt, wie sich die in Artikel 2 der EU-Verträge verankerten Werte, einschließlich der Demokratie und der Grundrechte im Land, seit 2018 weiter verschlechtert haben, und zwar durch die „vorsätzlichen und systematischen Bestrebungen der ungarischen Regierung“, verschärft durch die Untätigkeit der EU.

EU-Institutionen müssen handeln und auch zur Rechenschaft gezogen werden

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Europäische Richter klagen Europäischen Rat wegen Polen

Normalerweise werden Klagen an Richter herangetragen, diesmal ist es umgekehrt: In einer beispiellosen Aktion wenden sich Richterinnen und Richter aus ganz Europa an ein Gericht, und zwar kein geringeres als den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg. Vier europäische Richterorganisationen haben sich zusammengefunden, um dort den Europäischen Rat zu klagen.

Hintergrund der Klage der Vereinigung Europäischer Verwaltungsrichter (AEAJ), der Europäischen Richtervereinigung (EAJ), der Rechters voor Rechters (Richter für Richter) und der Magistrats Européens pour la Democratie et les Libertés (MEDEL) ist die unzureichende Unabhängigkeit der Justiz in Polen. Darauf hat auch bereits der EuGH in mehreren Urteilen hingewiesen. Als Abhilfe wollte die EU die Auszahlung von Mitteln aus der Aufbau- und Resilienzfazilität unter anderem an die Bedingung binden, dass der Zugriff der Politik auf die Gerichte in Polen zurückgenommen wird. Genau das hat nämlich der EuGH verlangt.

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Zwölf Bewerbungen für Leitung des Bundesverwaltungsgerichts

Spannend ist die Nachbesetzung auch angesichts des im Jänner bekanntgewordenen „Sideletters“ der türkis-grünen Bundesregierung für Postenbesetzungen. Demnach hat nämlich die ÖVP das Nominierungsrecht.

Das von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) geleitete Beamtenministerium betonte laut „VN“, dass „selbstverständlich sichergestellt wird, dass Interessenskonflikte bzw. bereits der Anschein ebensolcher“ bei der Besetzung der Kommission ausgeschlossen werden.

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EU-Rechtsstaatlichkeitsbericht: Weiterhin Kritik am Auswahlverfahren der Gerichtspräsidenten

Österreich ist es bis dato nicht gelungen, jene Schwachstellen im Justizsystem zu beseitigen, die seit dem Jahr 2020  in den Rechtsstaatlichkeitsberichten der EU-Kommission aufgezeigt werden. Dies zeigt sich einmal mehr am gestern veröffentlichten „Rule-of-Law-Report 2022“.

Dies betrifft insbesondere die fehlende Beteiligung richterlicher Gremien am Auswahlverfahren für die Leitungsfunktionen am Oberster Gerichtshof, sowie die Bedenken hinsichtlich der Ernennung von Präsidenten und Vizepräsidenten der Verwaltungsgerichte. Weiters mahnt der Bericht eine weitere justizielle Beteiligung an der Ernennung von Richtern ein.

In der im Frühjahr zur Begutachtung ausgesendeten Novelle zum Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG) war noch vorgesehen worden, dass zukünftig Personalsenate die Besetzungsvorschläge für Präsident/in und Vizepräsident/in des OGH erstatten sollen und in die Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst eingebunden sind. In der nun ins Parlament eingebrachten Dienstrechts-Novelle 2022 ist davon keine Rede mehr.

Seitens der EU-Kommission wird Österreich empfohlen:

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