Verwaltungsgerichtshof hält Dienstbeurteilungen von Verwaltungsrichter_innen durch gewählte Personalsenate für nicht verfassungskonform

Bei ihrer Einrichtung sind nahezu alle Verwaltungsgerichte dem Vorbild der ordentlichen Gerichtsbarkeit gefolgt und haben die Dienstbeurteilung der Richter_innen durch Personalsenate/ausschüsse vorgesehen, bei denen die überwiegende Anzahl der Mitglieder von der Vollversammlung gewählt werden.

Kollegiale Justizverwaltung oder Rechtsprechung

Nun sind beim Verwaltungsgerichtshof in einem Revisionsverfahren, das eine negative Dienstbeurteilung eines Richters durch den Personalausschuss des Verwaltungsgerichts Wien zum Gegenstand hat, Bedenken gegen dessen Zuständigkeit entstanden und hat der Gerichtshof die entsprechenden Bestimmungen des Wiener Organisation- und Dienstrechtsgesetzes beim Verfassungsgerichtshof angefochten, A 2022/0004 (Ra 2021/09/0263) vom 21.10.2022.

Der Verwaltungsgerichtshof stützt seine Bedenken auf Art. 135 B-VG und das dazu ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juni 2018, G 29/2018-14, G 108/2018-10 betreffend die Einrichtung eines Disziplinausschusses am Verwaltungsgericht Wien. Daraus könne der Schluss gezogen werden, dass es sich bei der Dienstbeurteilung von Verwaltungsrichter_innen um ein vom Verwaltungsgericht „zu besorgendes Geschäft“ gem. Art 87 Abs. 2 B-VG handle, welches von einem nach der Geschäftsverteilung eingerichteten Senat obliege. Die Mitglieder des Personalausschusses am Verwaltungsgericht Wien werden jedoch – ausgenommen die Amtsmitglieder – von der Vollversammlung gewählt. Diese Zusammensetzung entspreche nicht den Vorgaben des Art. 135 B-VG.

Selbst wenn man in der Dienstbeurteilung von Verwaltungsrichter_innen kein vom Verwaltungsgericht „zu besorgendes Geschäft“ im Sinne des Art 87 Abs. 2 B-VG sehe, stelle sich die Frage, ob die angefochtenen Zuständigkeitsregelungen unter den Tatbestand des Art. 130 Abs. 2 Z 3 B-VG zu subsumieren sind (Zulässigkeit der erstinstanzlichen Betrauung eines Verwaltungsgerichts mit dienstrechtlichen Streitigkeiten) oder unter die später hinzugefügte Generalklausel der Z. 4 dieser Bestimmung. Dann läge eine Aufgabe im Sinne des Art 130 B-VG vor und damit ein vom Verwaltungsgericht zu besorgendes Geschäfts im Sinne des Art 135 Abs. 2 B-VG, welches den in der Geschäftsverteilung eingerichteten Senaten vorbehalten sei.

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