Polen: EuGH-Urteil wird trotz Ultimatums nicht umgesetzt

Die polnische Regierung ist weiterhin nicht bereit, die vom Europäischen Gerichtshof als rechtswidrig erklärte Disziplinarkammer sofort auszusetzen.

In einem Schreiben an die EU-Kommission stellt die polnische Regierung in Aussicht, die Disziplinarkammer im Rahmen einer zukünftigen Justizreform abschaffen zu wollen. Die Kommission hatte Warschau bis Montag dieser Zeit gegeben, um darzulegen, wie die Regierung ein Urteil und eine einstweilige Anordnung des EuGH zum polnischen Disziplinarrecht vollständig umsetzen werde. Ein Sprecher bestätigte am Dienstag den Eingang des Schreibens. „Wir analysieren die Antwort, bevor wir über weitere Schritte entscheiden“, sagte er. Alle Optionen blieben auf dem Tisch. Dazu gehört ein Antrag auf finanzielle Sanktionen beim EuGH.

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Richtervereinigungen fordern Visa für afghanische Richterinnen und Staatsanwältinnen

Nach einem Bericht der rumänischen Richtervereinigung „Romanian Judges’ Forum Association“ wurden in Afghanistan in den letzten 10 Jahren Dutzende von Richterinnen und Richter getötet und verletzt, sei es durch Bombenattentate in den Justizpalästen oder auf der Straße erschossen.

In einem kurzen Interview mit dem rumänischen Richterforum äußert die afghanische Richterin Tayeba Parsa vom Berufungsgericht Kabul ernsthafte Bedenken, dass nach dem Sturz der Regierung afghanische Richter, insbesondere Richterinnen, ohne Gerichtsverfahren getötet werden, da die Taliban im Glauben sind, dass Richterinnen nach den Regeln und Vorschriften des Islam verboten sind.

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OGH Judikatur / Heimaufenthaltsgesetz: Corona-Isolation demenzkranker Patientin war rechtswidrig

Eine an Demenz und Parkinson erkrankte Heimbewohnerin durfte trotz dreier negativer Sars-CoV-2-Testbefunde ihr Zimmer nicht verlassen. Diese Freiheitsbeschränkung war laut Urteil des Obersten Gerichtshof (OGH) unzulässig.

Krankenanstalt handelte gegen Empfehlungen des Gesundheitsministeriums

Die Patienten war im April 2020 zu Hause gestürzt und hatte sich dabei eine Schienbeinkopffraktur zugezogen. Bei der Nachbetreuung in einer Krankenanstalt musste sie aufgrund von Corona eine zehntägige Isolation in einem Einzelzimmer durchmachen. Die Betroffene war bereits im Spital, in dem ihre Verletzung behandelt wurde, zweimal negativ getestet worden, auch ein dritter Corona-Test unmittelbar vor ihrer Aufnahme in der mit der weiteren Betreuung befassten Krankenanstalt fiel ebenfalls negativ aus.

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Europarat: Beschwerden an den EGMR sind künftig schwieriger

Ab sofort können Beschwerden leichter zurückgewiesen werden. Der Beurteilungsspielraum der Mitgliedsstaaten bei der Anwendung der Menschenrechtskonvention wird explizit festgeschrieben.

Einschnitte im Rechtsschutz

Der Rechtszug an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist künftig schwieriger: Acht Jahre nach Beschlussfassung ist am 1. August 2021 das 15. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) in Kraft getreten. Die Novelle soll die Voraussetzungen eines Rechtsmittels an den überlasteten Gerichtshof erschweren und damit die Anzahl der anhängigen Verfahren reduzieren. Die in der Präambel nun explizit festgeschriebene Subsidiarität des EGMR hebt den Beurteilungsspielraum der einzelnen Mitgliedsstaaten bei der Anwendung der Menschenrechtskonvention hervor. Ein „Symptom für den Rückbau des internationalen Menschenrechtsschutzes“, sagt Franz Merli, Professor für Verfassungsrecht an der Universität Wien.

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70 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention – wenn Schutz an Grenzen stößt

Am 28. Juli 1951 ist die Genfer Flüchtlingskonvention verabschiedet worden. Aus Anlass des 70-jährigen Jubiläums wird in einer Vielzahl von Beiträgen die Bedeutung der Konvention unterstrichen, ebenso die Rolle und Relevanz Europas für den Flüchtlingsschutz.

Gleichzeitig mehren sich aber auch die Stimmen, welche die Flüchtlingskonvention als veraltet kritisieren. Das UNO-Abkommen von 1951 sei zu einer Zeit entstanden, als Migrationsbewegungen viel kleiner waren. Heute gebe es neue Phänomene wie massenhafte Flucht vor Krieg und Klimakatastrophen. Daher werden Forderungen laut, die Konvention zu reformieren.

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Rechtstaatlichkeit: EU-Kommission bestätigt Reformbedarf der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit

Die EU-Kommission greift im Rechtsstaatsbericht zu Österreich eine Reihe von Kritikpunkten auf, auf die der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) hingewiesen hatte.

Nach dem in der letzten Woche veröffentlichen Rechtsstaatsbericht der EU-Kommission besteht in Österreich ein gleichbleibend hohes Maß an Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz. Ungeachtet dessen bleiben auch die aufgezeigten Defizite nahezu die selben: Dazu zählt auch die überfällige Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Keine verbindlichen Besetzungsvorschläge für Richterposten, kein Beschwerderecht übergangener Bewerber 

Der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) hatte in seinem Forderungsprogramm „AGENDA2022“ bereits im Jahr 2017 festgehalten, dass das im Bundesverfassungsgesetz enthaltene Selbstergänzungsrecht der Verwaltungsgerichte als Meilenstein zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte zu betrachten ist. Aus dieser Überlegung heraus und um dem Vorwurf politisch motivierter Richterernennungen wirksam entgegen treten zu können, wurde daher – nach dem Vorbild des Verwaltungsgerichtshofs – die Verbindlichkeit der Besetzungsvorschläge der Personalsenate (Personalausschüsse) der Verwaltungsgerichte gefordert.

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VfGH Judikatur / AuslBG: Gesetzesprüfungsverfahren betreffend Rechtsstellung des Regionalbeirats

Im Zuge des Verfahren über die Einschränkungen des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Asylwerber sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken entstanden, ob die Rechtstellung des Regionalbeirates in Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz der Verfassung entspricht.

Die Bedenken betreffend insbesondere das Zustimmungserfordernis des Regionalbeirates. Denn selbst wenn seitens der regionalen Geschäftsstelle des AMS ein Antrags positiv beurteilt wird, dem Antrag keine wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen entgegenstehen und die weiteren Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslBG vorliegen, ist für die Erteilung der beantragten Bewilligung trotzdem die einhellige Zustimmung des Regionalbeirats erforderlich.  Damit dürfte in dieser Konstellation die tatsächliche Entscheidungsgewalt im Ergebnis dem Regionalbeirat übertragen sein.

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LVwG Steiermark: „Push-back“ von Migranten nach Slowenien für rechtswidrig erklärt

In der beim Landesverwaltungsgericht Steiermark eingebrachten Maßnahmen-Beschwerde war vorgebracht worden, der Beschwerdeführer, ein marokkanischer Staatsbürger, sei ohne Reisdokument in der Nähe der Österreich-Slowenischen-Grenze auf österreichischem Bundesgebiet angetroffen und festgenommen worden.  Er hätte gegenüber verschiedenen Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes das englische und das französische Wort für „Asyl“ verwendet und habe damit ausreichend zu verstehen gegeben, Schutz vor Verfolgung zu benötigen. Es sei kein Verfahren zur Prüfung des Antrages auf Asyl eingeleitet worden, sondern sei der Beschwerdeführer nur wenige Stunden nach der Einreise nach Slowenien abgeschoben worden.

Obwohl sich der Beschwerdeführer während der gesamten Amtshandlung ruhig und kooperativ verhalten und den Anweisungen der Polizeibeamten Folge geleistet habe und kein Anlass zur Vermutung vorgelegen sei, dass der Beschwerdeführer gefährlich ist, sei der Beschwerdeführer zum vollständigen Ausziehen aufgefordert und der unbekleideten Körper des Beschwerdeführers durchsucht worden.

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Rechtsstaatlichkeit (4): Verwaltungsrichter-Vereinigung unterstützt „Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehren“

Die Verwaltungsrichter-Vereinigung sieht in dem Volksbegehren für Rechtsstaatlichkeit und gegen Korruption ein wichtiges zivilgesellschaftliches Projekt und hat sich daher am „Crowdfunding“ zur Finanzierung des Volksbegehrens beteiligt.

Diese Unterstützung erfolgt vor allem vor dem Hintergrund, dass die meisten Problemfelder, zu denen das Volksbegehren ein „Umdenken und grundlegende Reformen“ fordert, bereits Gegenstand kritischer Berichte seitens des Europarats und der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) waren und zuletzt auch im Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU-Kommission erwähnt wurden.

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Rechtsstaatlichkeit (3): Rechtsanwälte-Präsident weist unberechtigte Kritik an Justiz zurück

Deutliche Worte fand ÖRAK-Präsident Rupert Wolff zur Debatte rund um den „Ibiza“-U-Ausschuss.

Kritik an der Justiz, die „bloß ein Blendfeuer“ ist, lehne er scharf ab. Denn berechtigte, sachliche Kritik sei wesentlich für den Rechtsstaat. Diese wolle er sich „nicht madig machen lassen, nur weil ein paar Leute in der Politik um ihre Karrieren fürchten“, sagte Wolff letzte Woche beim Anwaltstag und mahnte von staatlichen Repräsentanten „höchste Integrität“ ein.

„Die Zukunft der Justiz wird jetzt gerade in besonders heißem Feuer geschmiedet, und da sollten wir einen Hammer mit schwingen“, so Wolff weiter.

„Staatspolitische Schockmomente“

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