Wenn Datenschutz zur Ausrede wird

FalterGut, dass die Regierung das Amtsgeheimnis abschafft. Viel wichtiger wäre es, ein anderes Gesetz zu überdenken

Ungekürzte Fassung eines Gastkommentars von Wolfgang Helm

Eine demokratische Verwaltung bedarf nicht nur der gerichtlichen Kontrolle, sondern muss sich auch der öffentlichen Diskussion stellen. Wir brauchen den gläsernen Staat, nicht den gläsernen Bürger.

Das „Amtsgeheimnis“ nach Artikel 20 Absatz 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes ist aber nicht das entscheidende Hindernis. Es kommt nur zum Schutz ganz bestimmter öffentlicher Interessen oder überwiegender Privatinteressen zur Anwendung. Für die aufgezählten öffentlichen Interessen wie Landesverteidigung und Sicherheit fehlt es zwar an einer Abwägungsklausel gegen das Interesse an einer Information der Öffentlichkeit, jedoch besteht ein Interpretationsspielraum (so ist etwa nicht nachvollziehbar, warum der Beschaffungsvorgang von Kampfflugzeugen überhaupt im Interesse der Landesverteidigung geheim gehalten werden müsste). Auch die Vorbehalte gegen die Durchsetzung der Auskunftspflicht sind unverständlich: die Verwaltungsgerichte entscheiden rasch, fast kostenlos (Eingabegebühr derzeit € 14,30) und ohne Anwaltszwang.

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Ist die Verwaltung Österreichs aufgebläht?

öhlinger 23Anlässlich der Neuerscheinung des Buches „Österreich 2050“ denkt der Verfassungsrechtler Theo Öhlinger über Verfassung, Verwaltung und den Begriff Staat in der Zukunft nach.

Österreich ist – wie die USA, Deutschland, die Schweiz und seit einigen Jahren auch Belgien – ein Bundesstaat, das heißt ein Staat, der sich aus Gliedstaaten zusammensetzt. Diese juristische Terminologie bringt klar zum Ausdruck, dass die Länder nicht einfach nur Verwaltungsbezirke sind. Sie sind in den ihnen von der Bundesverfassung zugewiesenen Bereichen autonom und haben in diesen Bereichen selbständige Gesetzgebungs- und Verwaltungsbefugnisse, in die der Bund nur durch Bundesverfassungsgesetze – und auch das nur in beschränktem Ausmaß – eingreifen könnte. Demgemäß besitzen die Länder eigene Parlamente – Landtag genannt – und eigene Regierungen, die dem Nationalrat und der Bundesregierung nicht untergeordnet sind. Auf der Bundesebene selbst formieren sie eine zweite Kammer des Parlaments, den Bundesrat.

Teurer Luxus?

Viele meinen, dass eine so aufwendige Organisation für einen Staat von der Größe Österreichs ein teurer Luxus ist, den man sich ersparen sollte. Sie vergleichen Österreich gerne mit dem etwa gleich großen Bayern, das zwar seinerseits Glied eines Bundesstaates ist, sich selbst aber zentralistisch verwaltet. Der Föderalismus ist – so die gängige Argumentation – teuer, er erfordert eine aufgeblähte Bürokratie, er ist mühsam und schuld daran, dass Reformen nicht weitergehen. Insbesondere die Landeshauptleutekonferenz, ein in der Verfassung gar nicht vorgesehenes Organ, hat sich als das eigentliche Machtzentrum der Republik etabliert, das zwar nicht selbst zu Reformen fähig ist, aber eine für die Bundesregierung oft kaum überwindbare Reformbremse bildet. In ihrem Schatten führen die Länder ein eigenständiges Dasein, das die Republik finanziert und das deren Steuerzahlern schon mehrfach teuer zu stehen gekommen ist. (Die Länder selbst heben von ihren Bürgern ja kaum Steuern ein.) Vor allem seit es mit dem EU-Beitritt eine weitere Ebene der Gesetzgebung gibt, ist Föderalismus unnötig kompliziert und überflüssig geworden.

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Richterliche Selbstverwaltung an den neuen Verwaltungsgerichten

richter_apaBereits die Organisationsgesetze der Unabhängigen Verwaltungssenate sahen vor, dass die Vollversammlungen durch die Erlassung einer Geschäftsordnung Rechte und Pflichten der UVS-Richter regeln und Teile des Dienstbetriebes mitgestalten. Damit gerieten die UVS – ebenso wie mit der Geschäftsverteilung – in Widerspruch zu jenen Beharrungskräften in den Ämtern der Landesregierung, welchen eine gerichtsförmige Ausgestaltung der UVS ein Dorn im Auge war.

Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits –Novelle 2012 erfolgte nun die Angleichung der Rechtsstellung der Vollversammlungen der Verwaltungsgerichte an jene der Vollversammlung des Verwaltungsgerichtshofes. Nur den Vollversammlungen – oder einem aus ihrer Mitte gewähltem Ausschuss – obliegt die Erlassung der Geschäftsverteilung (Art 135 Abs. 2 B-VG), ebenso obliegt die Erlassung der Geschäftsordnung nunmehr ausdrücklich den Vollversammlungen (Art 136 Abs.5 B-VG).

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„Die neuen Landesverwaltungsgerichte“

FöderalismusinstitutBericht über die Tagung des Föderalismusinstitutes am 11. und 12. April 2013 an der Universität Innsbruck

Von Wolfgang Helm (UVS Wien)

Die verfassungsrechtliche Stellung der neuen Gerichte

Den ersten Teil über die Grundlagen der Reform eröffnete Gamper (Universität Innsbruck), die die Reform in die Nähe einer Gesamtänderung der Bundesverfassung rückte, deren Bauprinzipien massiv tangiert würden. Diese These erregte in der anschließenden Diskussion vehementen Widerspruch von Thienel (VwGH), der in den vermeintlichen Widersprüchen zu Baugesetzen substanzlose Konstrukte der Lehre erblickte und ausführte, die gerichtliche Kontrolle der Verwaltung sei vielmehr schon im B-VG von 1920 angelegt; ein Ausbau derselben verstoße gegen keines der Prinzipien.  Lienbacher (VfGH) verwies in seinem Vortrag auf die vielfältigen Bindungen an europäische Rechtsnormen, denen Organisations- und Materiengesetzgeber ausgesetzt sind. Zudem seien die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK auf den neuen europäischen Grundrechtskatalog auszudehnen. Nach der Entscheidung des EuGH vom Oktober 2012 über die Datenschutzkommission sei zwar die Unabhängigkeit einer Kontrollstelle iS derDatenschutzrichtlinie gegenüber Art. 6 autonom auszulegen (dh nicht mit der Unabhängigkeit eines Gerichts/Tribunals gleichzusetzen);  in jedem Falle bedeute Unabhängigkeit aber nicht nur Weisungsfreiheit, sondern bedürfe auch organisatorischer Absicherung . Eine besonders strenge Anscheinsjudikatur pflege in dieser Hinsicht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).

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Baustellen im Sachverständigenrecht

presse-logoDie Sachverständigen sind ins Gerede gekommen. Es gibt kaum einen spektakulären Fall von Wirtschaftskriminalität, bei dem nicht auch ein kritisches Wort über die Tätigkeit der Sachverständigen fällt.

Dabei droht der gerichtlich beeidete und zertifizierte Sachverständige als verlängerter Arm des Gerichtes zu erlahmen. Diese Entwicklung stellt die Effizienz der Rechtsprechung infrage. Die Probleme sind mannigfacher Natur.

NIKOLAUS LEHNER UND WOLFGANG PÖSCHL (Die Presse)

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ZUV als Ausbildungsunterlage an der Wiener Verwaltungsakademie

Der Informationsbedarf zur Verwaltungsreform schlägt sich nunmehr auch in einem gesteigerten Interesse an der Zeitschrift der UVS nieder. Insbesondere die letzte Ausgabe mit den Beiträgen zum Verfahren vor den neuen Verwaltungsgerichten ist besonders stark nachgefragt. Dies hängt offenbar mit der hohen Qualität der Veröffentlichungen zusammen, was sich auch  darin zeigt, dass  die Verwaltungsakademie der Stadt …

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Editorial ZUV 1/2013

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

auf Bundes- und Landesebene laufen weiterhin die Vorbereitungen zur Errichtung der neuen Verwaltungsgerichte ab 1. Jänner 2014. Ein wesentlicher Schritt wurde mit der Beschlussfassung des Verfahrens- und der Übergangsrechts durch den Bundesgesetzgeber gemacht. Im Rahmen einer vom UVS Tirol durchgeführten Veranstaltung wurden in Vorträgen erstmals die wesentlichen Neuerungen erörtert. Die schriftlichen Fassungen finden Sie in der vorliegenden Ausgabe. Sie liefern ein erstes Bild von den einschneidenden Änderungen, die die gesamte staatliche Verwaltung durch die Reform erfährt. Anhand des Beispieles Tirol stellt der Präsident des UVS Tirol und künftige Präsident des Landesverwaltungsgerichtes in einem weiteren Beitrag dar, wie die künftigen Verwaltungsgerichte strukturiert und organisiert sein werden. Dazu gilt es jedoch darauf hinzuweisen, dass die Bundesländer nicht zu einer einheitlichen Gerichtsorganisation gefunden haben und einigen Organisationsgesetzen grobe Mängel, was die Unabhängigkeit der künftigen Gerichte anlangt, anhaften (siehe Editorial in ZUV 4/2012 ).

Abschließend darf ich Sie noch auf den Beitrag von Ludwig Weh zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung hinweisen. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich die diesbezüglichen Regelungen an den EuGH zur Prüfung auf ihre EU-Grundrechtskonformität herangetragen.

Arnold Zotter (Chefredakteur)

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Verwaltungsgerichte: Richter auf Reisen

Das neue Verfahrensrecht für die Verwaltungsgerichte beschert den Beiteiligten rege Reisetätigkeit

Die vom Parlament letztlich beschlossene Fassung des VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, bringt hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafverfahren eine bemerkenswerte Neuerung:

Die bislang bewährte Regelung hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der UVS in Verwaltungsstrafverfahren nach § 51 Abs. 1 VStG, die an den Sitz der bescheiderlassenden Behörde anknüpft, sollte zunächst durch die Regierungsvorlage übernommen werden (vgl. § 3 VwGVG, RV 2009, GP XXIV). Anlässlich der parlamentarischen Behandlung wurde § 3 VwGVG einer umfassenden Änderung unterzogen, die dazu führte, dass sich die örtliche Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte im Bescheidbeschwerdeverfahren und im Säumnisbeschwerdeverfahren nunmehr nach § 3 AVG richtet. Davon abweichende Bestimmungen in § 38 VwGVG wurden für das Verwaltungsstrafverfahren nicht getroffen. Demnach wird sich künftig die örtliche Zuständigkeit (sofern nicht § 3 Z 1 und 2 AVG zur Anwendung kommen) in der Mehrzahl der Fälle nach dem Hauptwohnsitz (Aufenthalt) des Beschuldigten (§ 3 Z 3 AVG) richten.

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Das Bundesverwaltungsgericht

In knapp einem Jahr öffnen die Pforten des neuen Bundesverwaltungsgerichts Die Vorbereitungsarbeiten laufen auf Hochtouren: legistische Anpassung einer Vielzahl von Gesetzen, Personalsuche und Kernsanierung des Gebäudes. Text: Mag. Dagmar Strobel-Langpaul Aus: Der öffentliche Dienst aktuell (mit freunflicher Genehmigung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst)

Politik – Hände weg von der Justiz

Das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung wird auch sehr stark vom Anschein mitbestimmt.

von Werner Zinkl

RZ Editorial 01/2013

Das war der Sukkus des Richtertages, der am 22. Und 23. November 2012 in Graz stattfand. Diese entsprechend unseren Satzungen alle fünf Jahre zu grundsätzlichen Fragen des Rechtsstaates und der Gerichtsbarkeit abzuhaltende Veranstaltung setzte sich diesmal mit dem Thema „Justiz und Politik, Justizpolitik, politische Justiz?“ auseinander.

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