Das neue Verfahrensrecht für die Verwaltungsgerichte beschert den Beiteiligten rege Reisetätigkeit
Die vom Parlament letztlich beschlossene Fassung des VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, bringt hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafverfahren eine bemerkenswerte Neuerung:
Die bislang bewährte Regelung hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der UVS in Verwaltungsstrafverfahren nach § 51 Abs. 1 VStG, die an den Sitz der bescheiderlassenden Behörde anknüpft, sollte zunächst durch die Regierungsvorlage übernommen werden (vgl. § 3 VwGVG, RV 2009, GP XXIV). Anlässlich der parlamentarischen Behandlung wurde § 3 VwGVG einer umfassenden Änderung unterzogen, die dazu führte, dass sich die örtliche Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte im Bescheidbeschwerdeverfahren und im Säumnisbeschwerdeverfahren nunmehr nach § 3 AVG richtet. Davon abweichende Bestimmungen in § 38 VwGVG wurden für das Verwaltungsstrafverfahren nicht getroffen. Demnach wird sich künftig die örtliche Zuständigkeit (sofern nicht § 3 Z 1 und 2 AVG zur Anwendung kommen) in der Mehrzahl der Fälle nach dem Hauptwohnsitz (Aufenthalt) des Beschuldigten (§ 3 Z 3 AVG) richten.
Landesverwaltungsgericht Vorarlberg entscheidet über Wiener Parkometerabgabe
Dadurch kann etwa der Fall eintreten, dass über erstinstanzliche Straferkenntnisse des Magistrates der Stadt Wien wegen einer Übertretung der Wiener Parkometerabgabeverordnung das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg zu entscheiden hat, sofern der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt in Vorarlberg hat, wodurch allfällige als Zeugen einzuvernehmende Kontrollorgane angesichts des Unmittelbarkeitsgrundsatzes vor dem Verwaltungsgericht Vorarlberg auszusagen hätten.
Umgekehrt kann der Fall eintreten, dass eine Übertretung des Vorarlberger Jagdgesetzes vor dem Verwaltungsgericht Wien verhandelt und entschieden wird, sofern der Beschuldigte in Wien seinen Hauptwohnsitz oder Aufenthalt hat. Im Ergebnis wird dies dazu führen, dass eine beträchtliche Zahl an Zeugen, insbesondere jene, welche berufsmäßig mit der Anzeige von Verwaltungsübertretungen befasst sind, eine rege Reisetätigkeit entfalten werden. Dass sich vielfach auch die Verwaltungsrichter auf Dienstreise befinden werden, liegt gleichfalls auf der Hand, so etwa dann, wenn diese einen Lokalaugenschein am Tatort durchzuführen haben.
Ob es sich bei dieser Festlegung der örtlichen Zuständigkeit in Verwaltungsstrafverfahren um ein legistisches Versehen handelt, kann angesichts der klaren Rechtslage dahingestellt bleiben.
Christian Martschin/ Christian Schmid
Näheres zum neuen Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte demnächst nachzulesen in Eder/Martschin/Schmid, Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, NWV Kurzkommentar