Bisher konnten sich Nachbarn nicht dagegen wehren, wenn Einkaufszentren oder andere Großprojekte ohne Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) auf den Weg gebracht wurden.
Diese Rechtslage widerspricht dem Unionsrecht, stellte jetzt der Europäische Gerichtshof (C-570/13) fest. Die Rechte von Nachbarn in Genehmigungsverfahren – etwa für Betriebsanlagen oder Straßenbauprojekte – werden damit enorm ausgeweitet.
Europarecht
Altersdiskriminierung: EuGH bestätigt Zahlungsverpflichtung des Dienstgebers
Altersdiskriminierung: EuGH bestätigt Zahlungsverpflichtung des Dienstgebers
In der Rechtssache „Starjakob“ (C 417/13) beschäftigt sich das Unionsgericht mit einem Vorlageantrag des österreichischen OGH. Es ging um eine Klage gegen die ÖBB auf Zahlung der Gehaltsdifferenz, die dem Kläger für den Zeitraum von 2007 bis 2012 zugestanden hätte, wenn sein Vorrückungsstichtag unter Anrechnung der vor der Vollendung seines 18. Lebensjahrs absolvierten Lehrzeit errechnet worden wäre.
Glückspielgesetz: Gericht hegt Zweifel an Glücksspielmonopol

Die von Österreich zur Rechtfertigung vorgebrachten Ziele des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung passen nicht mit der Expansions- und Werbepolitik der Monopolisten zusammen. Zu diesem Schluss kommt das Landesgericht Linz.
Ein Online-Roulette-Spieler hatte im Jahr 2013 auf Rückzahlung der verspielten Einsätze geklagt, mit der Begründung, die Betreiberin der Online-Roulette-Plattform verfüge über keine Konzession und biete somit Glückspiel rechtswidrig an. Das beklagte Unternehmen wendete ein, Österreichs Glücksspielmonopol verstoße gegen EU-Recht, weil es die Dienstleistungsfreiheit beschränke. Daher dürfe sie mit ihrer Lizenz aus Malta Internetglücksspiel in Österreich anbieten.
Das Landesgericht Linz wies die Klage des Spielers ab und urteilte, das De-facto-Monopol sei EU-rechtswidrig. Das OLG Linz gab der Klage, der OGH hob Ende 2013 die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und bekräftigte, dass Österreichs Monopolregelung bei einem festgestellten Verstoß gegen die EU-Dienstleistungsfreiheit nicht beachtet werden müsse. Das Verbot, Internetglücksspiel außerhalb des Monopols anzubieten, auf das der Spieler seinen Anspruch stützt, bestünde dann wegen des EU-Anwendungsvorrangs nicht.
Neue EU-Richtlinie zur Verfolgung von Verkehrsdelikten im EU-Ausland
Die Polizeibehörden der EU-Staaten können künftig Auskünfte über die Fahrzeugbesitzer in anderen EU-Staaten bei einer Reihe von schweren Verkehrsdelikten beantragen.
Konkret geht es dabei um Geschwindigkeitsübertretung, Fahren ohne Sicherheitsgurt, Überfahren einer roten Ampel, Trunkenheit und Drogeneinfluss am Steuer, Fahren ohne Helm, Handytelefonieren am Steuer und die unbefugte Benutzung eines Fahrstreifens.
Diese Richtlinie wurde heute vom EU- Parlament beschlossen. Die (neuerliche) Beschlussfassung war erforderlich geworden, nachdem der EuGH mit Urteil vom 06.05.2014, Rechtssache C-43/12, die Richtlinie für nichtig erklärt hatte. Grund dafür war, dass die Richtlinie nicht als Maßnahme der Verkehrspolitik erlassen worden war, sondern im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit.
Glückspielgesetz (2): Besteht eine uneingeschränkte Ermittlungspflicht der Verwaltungsgerichte?
In seiner Entscheidung über die Vereinbarkeit des österreichischen Glückspielgesetzes mit dem Unionsrecht hat der Verwaltungsgerichtshof auch grundsätzliche Erwägungen zur Frage der Anwendung des Amtswegigkeitsprinzips in den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten angestellt.
Der Gerichtshof spricht aus, die Befugnis und Verpflichtung zu allenfalls erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen treffe die Verwaltungsgerichte nicht nur in Verwaltungsstrafverfahren, sondern auch in allen anderen Verfahren (VwGH vom 26. Juni 2014, Zl.Ro 2014/03/0063).
Das Verwaltungsgericht hat somit von Amts wegen, unabhängig von Parteivorbringen und Parteianträgen, den wahren Sachverhalt durch Aufnahme der nötigen Beweise zu ermitteln.
EuGH: Richtlinie zum Schutz personenbezogener Daten gilt auch für Videoaufzeichnungen privater Überwachungskameras
Auch Videoaufzeichnungen mit einer Überwachungskamera, die von einer Person an ihrem Einfamilienhaus angebracht wurde und die auf den öffentlichen Straßenraum gerichtet ist, fallen unter den Anwendungsbereich der Richtlinie zum Schutz personenbezogener Daten (RL 95/46/EG).
Dies stellt der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 11.12.2014 – C-212/13 klar. Die Richtlinie ermögliche jedoch die Würdigung des berechtigten Interesses dieser Person, das Eigentum, die Gesundheit und das Leben ihrer selbst und ihrer Familie zu schützen.
Kann die Europäische Union doch nicht der Europäischen Konvention der Menschenrechte beitreten?
Im Vertrag von Lissabon (Art. 6 Abs. 2 EUV) wird an sich unmissverständlich postuliert: „Die Union tritt der EMRK bei“.
Jetzt hat sich aber der EuGH zum vorliegenden Entwurf der Übereinkunft über den Beitritt der EU zur EMRK geäußert und Probleme bei der Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht festgestellt.
Der Gerichtshof stellt fest, der Beitritt zur EMRK würde bedeuten, dass die Union – wie jede andere Vertragspartei – einer externen Kontrolle unterliegen würde, deren Gegenstand die Beachtung der in der EMRK vorgesehenen Rechte und Freiheiten wäre. Die Union und ihre Organe, einschließlich des EuGH, würden somit den in der EMRK vorgesehenen Kontrollmechanismen und insbesondere den Entscheidungen und Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) unterliegen.
EuGH: Auch selbst verschuldetes Übergewicht kann eine Behinderung sein
Die europäischen Richter stellten klar, dass Fettleibigkeit zwar laut EU-Recht (Richtlinie des Rates 2000/78/EG vom 27. November 2000) kein Diskriminierungsgrund ist. Allerdings kann Übergewicht unter bestimmten Umständen eine Behinderung sein – und behinderte Menschen haben in Europa ein Recht darauf, vor Diskriminierung geschützt zu werden.
In dem von einem dänischen Gericht dem EuGH vorgelegten Fall ging es um einen stark übergewichtigen Tagesvater aus Dänemark, dem nach 15 Jahren von der Gemeinde gekündigt worden war. Die Richter des Gerichts in Kolding wollten wissen, ob das Unionsrecht ein eigenständiges Verbot der Diskriminierung wegen Adipositas enthält.
EuGH: Beamte müssen früher vorrücken
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Besoldungssystem für Beamte kann für den öffentlichen Dienst teuer werden.
Bund und Länder werden durch dieses Urteil – neuerlich- verpflichtet, die Vordienstzeiten für öffentliche Bedienstete so anzurechnen, dass keine Ungleichbehandlung („Altersdiskriminierung“) bei der Berechnung der Vorrückungsstichtage besteht.
Im Kern geht es um die Gleichstellung der Ausbildungszeiten, die vor dem 18. Lebensjahr zurückgelegt wurden. Während die Lehrzeiten schon nach der bisherigen Rechtslage bei der Berechnung des Vorrückungsstichtages heranzuziehen waren, blieben Schulzeiten unberücksichtigt.
Mit der Entscheidung des EuGH im Fall „Hütter“ (C-88/8, vom 18. Juni 2009,) war aber klargestellt worden, dass die gesetzlich angeordnete Nichtberücksichtigung von Vordienstzeiten, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt worden sind, eine dem Unionsrecht zuwiderlaufende Diskriminierung wegen des Alters darstellt.
Gerichtshof für Menschenrechte: Hoher Posten ohne Transparenz
Nach welchen Kriterien der Richterposten beim Menschenrechtsgerichtshof vergeben wird, ist unklar
Günther Oswald (Der Standard)
Grüne sehen Verstoß
Die grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol sieht in dem Prozedere einen klaren Verstoß gegen die Ausschreibungsprinzipien des EGMR.
In einer Resolution des Europarats (bei dem der EGMR angesiedelt ist) sei festgehalten, dass Nominierungen den Grundsätzen der Transparenz, Nichtdiskriminierung und demokratischer Verfahren zu folgen hätten. Zumindest von Transparenz könne in Österreich nicht die Rede sein. Die Öffentlichkeit erfahre nicht, welche Kriterien letztlich entscheidend seien.