EGMR Judikatur / Fehlerhafte Richterernennung verletzt Recht auf faires Verfahren

Verfahrensfehler bei der Ernennung von Richtern verletzen das Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 EMRK. Das folgt aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vom 12. März 2019 (Az. 26374/118) zur Besetzung eines isländischen Berufungsgerichts.  

Das betreffende Gericht war 2017 neu eingerichtet worden. Vier der von einem Expertenausschuss vorgeschlagenen 15 Richter wurden dabei von der mit der Ernennung beauftragten Justizministerin ersetzt. Zwar wäre sie hierzu grundsätzlich befugt gewesen, die Ersetzung erfolgte jedoch ohne eine nach nationalem Recht verpflichtende erneute Evaluierung der Qualifikationen der Bewerber.

Eine der so ernannten Richterinnen urteilte im Strafprozess des Beschwerdeführers, worin dieser eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren sah. Das isländische Verfassungsgericht wies sein Begehren mit der Begründung ab, dass der Gesetzesverstoß im Ernennungsverfahren keine Auswirkungen auf seinen Prozess gehabt habe.

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VwGH Judikatur / Gewerberecht: Für Vermietung von Wohnungen über Buchungsplattformen kann Gewerbeberichtigung erforderlich sein

Das Verwaltungsgericht Wien hatte ein Straferkenntnis bestätigt, mit welchen der Beschwerdeführer bestraft worden war, weil dieser in Wien ein Ferienapartment über Buchungsplattformen  zur Vermietung angeboten hatte, ohne über die erforderliche Gewerbeberechtigung zu verfügen.

Im Angebot werde das Viertel, in dem die Wohnung liege, als tolle Wahl für Reisende, die sich für einen guten öffentlichen Nahverkehr, Sehenswürdigkeiten, Sightseeing und Kultur interessieren würden, beschrieben. Das Angebot habe die Bereitstellung von Bettwäsche und Handtüchern, einen kostenfreien W-LAN Zugang, die Nutzung eines Flachbildfernsehers sowie die Endreinigung, nicht jedoch den Wechsel von Bettwäsche und Handtüchern während der Inanspruchnahme der Wohnung, die Reinigung der Privatwäsche der Gäste sowie die Bereitstellung von Speisen oder Getränken umfasst.

Die Wohnung sei zumeist für ein bis zwei Nächte, in einem Ausnahmefall für eine Woche gebucht worden. Aufgrund der Möglichkeit einer Buchung der Wohnung über die genannten Internetseiten liege eine unzulässige Gewerbeausübung vor.

Einzelfallprüfung erforderlich

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Ungarn: Kritik an der Organisation der neuen Verwaltungsgerichte

Der UN-Sonderberichterstatter für die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten, Diego García-Sayán, fürchtet um die Unabhängigkeit der neuen Verwaltungsgerichte in Ungarn.  

Insbesondere äußerte der Sonderberichterstatter Bedenken in Bezug auf die weitreichenden Befugnisse des Justizministers bei der Ernennung und Beförderung von Verwaltungsrichtern, bei der Festlegung und Zuweisung von Haushaltsmitteln für die Verwaltungsgerichte und bei der internen Organisation der regionalen Verwaltungsgerichte. „Wenn die neuen Rechtsvorschriften in ihrer derzeitigen Form umgesetzt werden, würde dies die Unabhängigkeit der Justiz in Ungarn untergraben, da sie den Weg für die politische Einflussnahme der Regierung auf die tatsächliche Zusammensetzung und Funktionsweise der neuen Verwaltungsgerichte ebnet“, so García-Sayán.

Der Sonderberichterstatter forderte die Regierung Ungarns auf, seiner Mitteilung innerhalb von 60 Tagen nachzukommen. Bislang hat er keine Antwort erhalten.

Im März 2019 hatte die Europäische Kommission für Demokratie durch Recht („Venedig-Kommission“) eine Stellungnahme zum neuen System der Verwaltungsgerichtsbarkeit verabschiedet. Im November 2018 erklärte der Justizminister, dass er die Stellungnahme der Venedig-Kommission bewerten und gegebenenfalls Korrekturen an dem Gesetz vornehmen werde.

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Dateneinsicht:  Behörden und Unternehmen müssen Auskunft geben

Nach einer Berechnung der ARGE-Daten, der Österreichischen Gesellschaft für Datenschutz mit Sitz in Wien, sind alle Österreicherinnen und Österreicher bei etwa 400 bis 500 Datenverarbeitern registriert. Persönliche Informationen seien also in Form von Datensätzen von diesen Stellen erfasst und gespeichert worden, sagt der Vorstand der ARGE-Daten, Hans Zeger.

Gemäß der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind Behörden und Unternehmen aber auch auskunftspflichtig. Sie müssen Einblick in persönliche Daten gewähren, sofern ein entsprechender Antrag gestellt wird. Zeger empfiehlt, von diesem Recht Gebrauch zu machen und vor allem administrative Datensätze in Augenschein zu nehmen. Also etwa Daten, die bei den Sozialversicherungen aufliegen. Auch ein Einblick in Informationen, die auf Magistraten oder Gemeindeämtern gespeichert sind, können so manche Überraschung zutage fördern, sagt Zeger. Das Gleiche gilt für Daten, die bei Kreditschutzverbänden oder der Polizei abgefragt werden können.

Die DSGVO ist seit dem 25. Mai 2018 in Kraft. Neu sei unter anderem, dass der gewünschte Datenauszug in einer detaillierten und strukturierten Form zur Verfügung gestellt werden müsse, so Zeger. Etwa als Liste oder auch in digitaler Form, wenn man die Daten in irgendeiner Form weiterverarbeiten oder einem anderen Datenverarbeiter zur Verfügung stellen möchte.

Datenschutzbehörde muss bei Beschwerden prüfen

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Estland will Richter durch künstliche Intelligenz ersetzen

Das Vorreiterland in Sachen Digitalisierung setzt bereits in 13 staatlichen Verwaltungsbereichen auf Algorithmen statt Menschen. Bringt KI in der Justiz mehr Fairness?

Estland ist bekannt dafür, mutige Wege in Sachen Digitalisierung zu gehen. Jede Bürgerin und jeder Bürger verfügt über eine nationale Identitätskarte, auf der die wichtigsten Daten gespeichert sind und die so gut wie alle Behördengänge obsolet macht. Die Geburtsurkunde, die Schulanmeldung, die Parlamentswahl – fast alles kann man in Estland online erledigen. Könnte das bald sogar für Streitschlichtungen mit dem Nachbarn oder Schadenersatzurteile über Blechschäden im Straßenverkehr gelten?

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Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen wegen Justizreform eingeleitet

In einem Brief an den Vizepräsident der EU-Kommission hatte die polnischen Richtervereinigung „Justizia“ die EU aufgefordert, geeignete Maßnahmen gegen die Versuche der polnischen Regierung zu unternehmen, die Richter durch Disziplinarverfahren unter Druck zu setzen. Auch die  Präsidentin der Europäischen Verwaltungsrichtervereinigung (AEAJ)  hatte der Kommission mitgeteilt, durch die Einleitung und Führung offenkundig unbegründeter Disziplinarverfahren gegen Richter/innen …

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AEAJ: Druck gegen Polnische Richter/Innen durch willkürliche Disziplinarverfahren

In einem  Brief an den Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Hrn Timmermans,  berichtet die Europäische Verwaltungsrichtervereinigung (AEAJ) über die Situation der Polnischen Richter/innen.

Durch die Einleitung und Führung offenkundig unbegründeter Disziplinarverfahern gegen Richter/innen habe der politische Druck eine neue inakzeptable Dimension erreicht, so Edith Zeller, die Präsidentin der AEAJ.

Grundlage war ein offener Brief der polnischen Richtervereinigung IUSTITIA von Februar 2019, in dem detailliert neue Versionen des Unterdrucksetzens polnischer Richter/innen, unter anderem durch  willkürliche Disziplinarverfahren, beschrieben wurden.

 

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25. M A I F O R U M: „Verwaltungsrichter/in in Europa“

25. M A I F O R U M

„Verwaltungsrichter/in in Europa“

Auswahl –  Ausbildung – Karriere

Ein europäischer Vergleich

 

Freitag, 10. Mai 2019

Bundesfinanzgericht (Wien)

 

 

Zum Tagungsthema:

 

Die Einrichtung der Verwaltungsgerichte machte eine Neubewertung des Richterbildes und der Richterausbildung in Österreich erforderlich. Dies vor dem Hintergrund, dass Verwaltungsgerichte, anders als Straf- und Zivilgerichte, in einem besonderen Spannungsfeld agieren: Jene staatlichen Behörden, deren Entscheidungen die Verwaltungsgerichte kontrollieren, haben umgekehrt wesentlichen Einfluss auf die Auswahl und die Ausbildung der Richterschaft. Diese Konstellation führte in der öffentlichen Debatte mitunter zu Zweifeln an der Unabhängigkeit der an den Verwaltungsgerichten tätigen Richterinnen und Richtern.

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Digitalisierungsoffensive bringt Roboter-Assistenten in die Gerichte

Seit zwei Wochen unterstützt die künstliche Intelligenz „Mona“ auf der neuen Internetseite www.oesterreich.gv.at die digitalen Amtswege der Bürgerinnen und Bürger.

Jetzt will die Regierung im Rahmen der Digitalisierungsoffensive ein weiteres Projekt umsetzen: die Anschaffung eigener Roboter-Assistenten zur Bekämpfung der personellen Engpässe bei den Gerichten.

Als Vorbild dienen Roboter, die bereits weltweit erfolgreich zur Kundenbetreuung in Hotels eingesetzt werden, etwa beim Empfang, für die Erteilung von Auskünften oder für Gepäcktransporte. Ähnliche Aufgaben sollen die Roboter zukünftig auch in den Gerichten erfüllen.

„§USTIZ 4.0“

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Lebensmittelrecht: Konflikt um Verkaufsverbot für bestimmte Inhaltsstoffe der Cannabispflanze

foto: reuters/ralph orlowski

CBD steht für Cannabidiol. Es ist einer von hunderten Wirkstoffen der Cannabispflanze. Im Gegensatz zum bekanntesten dieser Wirkstoffe – THC – wirkt CBD aber nicht psychoaktiv.

Nach einer Aussendung des Gesundheitsministeriums darf dieser Wirkstoff aber nicht mehr in Verkehr gebracht werden. (Siehe dazu: Verkaufsverbot von CBD-haltigen Lebensmitteln und Kosmetika)

Im Allgemeinen können Lebensmittel im Rahmen der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen ohne vorherige Zulassung in den Verkehr gebracht werden. Eine Ausnahme bilden die neuartigen Lebensmittel (Novel Foods). Diese müssen einer gesundheitlichen Bewertung unterzogen werden, bevor Sie in Verkehr gebracht werden dürfen. Geregelt ist dies in der Novel- Food-Verordnung (EU) 2015/2283.

Wörtlich heißt es dazu im Erlass des Gesundheitsministeriums: „Cannabinoid-haltige Extrakte, die zumeist als Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt gebracht werden, zunehmend aber auch in Lebensmitteln wie beispielsweise Süßwaren oder Kuchen eingesetzt und angeboten werden, fallen unter die ‚Novel-Food‘-Verordnung der EU und dürfen daher nicht in Verkehr gebracht werden.“

Unklare Abgrenzung der Inhaltsstoffe

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