Das Symposion „Grundfragen der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit“ an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) wird sich mit den aktuellen Fragen und Problemen der Verwaltungsgerichtsbarkeit befassen, wie etwa Verfahrensgegenstand der Verwaltungsgerichte, Umfang der Bescheidprüfung, Ermessen der Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit etc.
RZ Editorial 8/2015: Strukturelle Defizite
In nur wenigen europäischen Ländern ist der Grundsatz der Gewaltenteilung so unvollständig durchgeführt wie in Österreich und Deutschland.
GERHARD REISSNER
Immer wieder ist es der Anschein, der Besorgnis aufkommen lässt. In Besetzungsverfahren erfolgen Interventionen und Zurufe, als ob dies eine Chance auf Beeinflussung der Ernennungen haben könnte, Personalumschichtungen werden mit dem Verdacht versehen, man wolle Einflüsse bestimmter externer Kräfte bewirken. Verunsicherung greift um sich, welche sich weder die Justiz noch deren Mitarbeiter verdient haben.
Ohne Zweifel können Richterinnen und Richter ihre Fälle unabhängig und unbeeinflusst entscheiden. Aber die strukturelle Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit lässt zu wünschen übrig.
VfGH Judikatur / Richtlinienbeschwerde
Der VfGH hat nun aufgrund eines Gesetzesprüfungsantrages bestätigt, dass sich die Zuständigkeit der (Landes-)verwaltungsgerichte für Richtlinienbeschwerden als „Verhaltensbeschwerde“ nach Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG bereits aus dem SPG ergibt und sich nicht geändert hat.
Die Möglichkeit, sich gegen das Verhalten der Sicherheitsexekutive in Form einer Richtlinienbeschwerde nach § 89 Abs. 4 SPG an die UVS in den Ländern zu wenden, besteht seit 1. Mai 1993. Seit 1. Jänner 2014 sind die (Landes-)Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über Richtlinienbeschwerden zuständig.
Eine Klarstellung des Gesetzgebers in dem Sinn, dass die bisherige Kompetenz der UVS, über Beschwerden gegen Richtlinienverletzungen zu entscheiden, nunmehr von den Verwaltungsgerichten wahrzunehmen ist, ist aber keine Begründung einer neuen Zuständigkeit, die eine Zustimmung der Länder nach Art. 130 Abs. 2 letzter Satz B-VG erforderlich gemacht hätte.
VwGH Judikatur / Revisionslegitimation von Gemeinden
Die Entscheidung von Verwaltungsgerichten über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide ist kein staatliches Aufsichtsmittel gegenüber Selbstverwaltungseinrichtungen.
Die Gemeinde hat in Bezug auf eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes über eine Beschwerde gegen einen gemeindebehördlichen Bescheid im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde keine Revisionslegitimation, weil die Bestimmung des Art. 119a Abs. 9 zweiter Satz B-VG nach ihrem systematischen Zusammenhang nur die Revisionslegitimation der Gemeinde betreffend eine aufsichtsbehördliche Entscheidung beinhaltet.
Es erfolgte somit eine klare Trennung zwischen dem Verfahren zur Ausübung des Aufsichtsrechts über Gemeinden und dem Verfahren über Beschwerden gegen letztinstanzliche Gemeindebescheide in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde.
VfGH sieht keine verfassungsrechtlichen Bedenken bei der Regelung der Akteneinsicht
Die Verwaltungsgerichte haben selbst über die Rechtmäßigkeit der Verweigung der Akteneinsicht zu entscheiden und daher zu überprüfen, ob der Ausschluss der Akteneinsicht durch die Behörde zu Recht erfolgt ist. Die Verwaltungsgerichte sind sohin nicht an die Entscheidung der Verwaltungsbehörden über die Gewährung der Akteneinsicht gebunden.
VwGH Judikatur/Revision: Einzelfallbezogene Beurteilungen sind im Allgemeinen nicht revisibel
Im Anlassfall war von der Behörde ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen zurückgewiesen worden, das Verwaltungsgericht Wien hatte die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wurde (außerordentliche) Revision ergriffen, welche vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss zur Zl- RA 2014/22/0060 vom 16.12.2014 zurückgewiesen wurde.
VwGH Judikatur: Sachliche Zuständigkeit von Verwaltungsgerichten
Von Verfassungswegen besteht eine Generalsklausel für die sachliche Zuständigkeit zugunsten der Landesverwaltungsgerichte (Art 131 Abs.1 B-VG) , die sachlichen Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte des Bundes sind in taxativer Form aufgezählt (Art. 131 Abs. 2 und 3 B-VG).
In einem Verfahren betreffend die Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung „Ingenieur“ (§ 2 Z 4 des Ingenieurgesetzes 2006) war strittig, ob zur Behandlung der Beschwerde gegen die Verweigerung der Verleihung das Bundesverwaltungsgericht oder das Landesverwaltungsgericht zuständig ist, weil gem. § 4 des Ingenieurgesetzes 2006, BGBl. I Nr. 120 in der Fassung BGBl. I Nr. 129/2013, die Entscheidung über die Verleihung der jeweils zuständige Bundesminister trifft.
VwGH Judikatur: Örtliche Zuständigkeit von Verwaltungsgerichten
Im Anlassfall war in einer Angelegenheit des Abfallwirtschaftsrechtes strittig, ob das Verwaltungsgericht Wien oder das Landesverwaltungsgericht Steiermark zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig ist.
Das Verwaltungsgericht Wien stellte seine Unzuständigkeit mit Beschluss fest, eine Revision gegen diesen Beschluss wurde zugelassen.
Die Beschwerdeführerin erhob nicht nur die ordentliche Revision an der Verwaltungsgerichtshof, sie stellte zudem auch einen „Antrag auf Entscheidung des negativen Kompetenzkonfliktes“ gem. § 71 VwGG iVm Art 133 Abs. 1 Z. 3 B-VG.
Jahresbericht 2014 über die Asylsituation in der EU
Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO), eine Agentur der Europäischen Union, veröffentlichte den Jahresbericht für das Jahr 2014 über die wichtigsten Entwicklungen im Asylbereich.
Es wurde festgestellt, dass im Jahr 2014 in den EU+-Ländern mehr als 660.000 Anträge auf internationalen Schutz gestellt wurden, das ist die höchste Zahl seit Beginn der Datenerfassung auf EU-Ebene im Jahr 2008.
Die meisten Asylanträge wurden von Menschen aus Syrien, den westlichen Balkanstaaten und Eritrea gestellt, die Zahl der Anträge von Bürgern aus den westlichen Balkanstaaten stieg dabei auf 110 000 an.
Europäische Verwaltungsrichter: Massiver Druck auf Verwaltungsrichter in der Türkei
Im Juni 2015 erhob die „Venice“-Kommission des Europarates schwere Vorwürfe gegen politische Einflussnahmen auf die Justiz in der Türkei.
Betroffene Richter und Staatsanwälte hatten sich an den Europarat um Unterstützung gewandt hatten.
Jetzt hat auch die Europäische Vereinigung der Verwaltungsrichter (AEAJ) dem Europarat mitgeteilt, von türkischen Verwaltungsrichtern entsprechende Berichte erhalten zu haben. Nach diesen Berichten wurden Verwaltungsrichter auf Grund der von ihnen getroffenen Entscheidungen an andere Gerichte versetzt, plötzlich von Verfahren abgezogen oder auf Grund der getroffenen Urteile entlassen.