Plädoyer für einen modernen Rechtsstaat

(c) Peter Kufner

Die Arbeit von Gerichten und Staatsanwaltschaften ist heute eine völlig andere als vor 50 oder 20 Jahren. Um den berechtigten Erwartungen der Bevölkerung zu entsprechen, muss sich die Justiz in vielen Bereichen ändern.

Der Wiener Jurist und Publizist Oliver Scheiber legt ein Buch zu Rechtsstaat und Justiz vor, in dem er in zehn Kapiteln die Funktionsweise des Rechtswesens beschreibt und Vorschläge zu Reformen und neuen Herangehensweisen in der Justiz unterbreitet. „Die Presse“ bringt einen  Abdruck von Thesen aus zwei Kapiteln.

 

Eine funktionierende Justiz trägt dazu bei, einen Ort lebenswert zu machen. So wie das Bildungs- oder Gesundheitssystem bildet die Gerichtsbarkeit einen Eckpfeiler des demokratischen Rechtsstaats. Kompetente Familiengerichte schützen Kinderrechte, ein gutes Grundbuch- und Firmenbuchsystem stärkt den Wirtschaftsstandort, ein effizientes Strafrechtssystem schafft Sicherheit im Land.

Die Justiz im Wandel

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„Dieselgate“: Zulassungsbehörden könnten jederzeit den Betrieb manipulierter Fahrzeuge verbieten

Nach Medienberichten hat das Oberlandesgericht Wien in einem Verfahren entschieden, dass auch das neu programmierte „Thermofenster“, das die Abgasreinigung bei Dieselfahrzeugen auf einen bestimmten Temperaturbereich einschränkt, ein grundsätzlicher Mangel ist. Das Argument: Behörden könnten jederzeit den Betrieb dieser Fahrzeuge verbieten.

Damit fehlt, so das Urteil weiter, bei den betroffenen Fahrzeugen die Eignung für die gewöhnliche Verwendung, da schon die latent bestehende Gefahr einer Betriebsuntersagung oder -beschränkung durch die Zulassungsbehörde aus kaufrechtlicher Sicht zur Folge hat, dass bei den betroffenen Fahrzeugen die Eignung für die gewöhnliche Verwendung fehlt. (Siehe dazu: Abgasskandal – Österreichs Behörde schaut bei Motor-Manipulationen weg)

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EuGH: Verlust der Staatsbürgerschaft nur nach Prüfung der Verhältnismäßigkeit

In den Verfahren und Diskussionen über verbotene Doppelstaatsbürgerschaften in Österreich blieb ein Aspekt nur wenig beachtet: Jeder Bürger eines EU-Mitgliedsstaates hat gleichzeitig auch den Status eines Unionsbürgers (Art. 20 AEUV), sodass mit dem Verlust der (nationalen) Staatsbürgerschaft der Verlust der Unionsbürgerschaft und der damit verbundenen Rechte einhergeht.

Uneingeschränkter „Ex-lege“-Verlust verstößt gegen Unionsrecht.

Der EuGH hat nun einem die Niederlande betreffenden Verfahren entschieden, dass es nach dem Unionsrecht zwar grundsätzlich möglich ist, aus Gründen des Allgemeininteresses die (nationale) Staatsangehörigkeit abzuerkennen, der Verlust der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats kraft Gesetzes aber gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, wenn die relevanten innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu keinem Zeitpunkt eine Einzelfallprüfung der Folgen dieses Verlusts für die Situation der Betroffenen aus unionsrechtlicher Sicht erlauben (Rechtssache 12. März 2019 C‑221/17).

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Deutschland: Verwaltungsgerichte ordnen Rückholung von IS-Familien an

Oberverwaltungsgericht Berlin

Dutzende Deutsche, die sich einst der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) angeschlossen hatten, leben in kurdischen Lagern in Syrien. Die Kurden fordern die Rückholung der Kämpfer und ihrer Angehörigen. Doch Deutschland und andere westliche Staaten tun sich damit schwer. Nachdem das Berliner Verwaltungsgericht entschieden hatte, dass die Bundesregierung verpflichtet ist, Angehörige von IS-Kämpfern nach Deutschland zurückzuholen, hat nun das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eine dagegen erhobene Beschwerde des Auswärtigen Amts zurückgewiesen. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Mit dem Beschluss wird das Außenministerium aufgefordert, die Identität dreier minderjähriger Kinder in einem syrischen Flüchtlingslager feststellen zu lassen und sie und ihre Mutter danach nach Deutschland bringen zu lassen, sagte eine Gerichtssprecherin. In der Eilentscheidung heißt es, die aus Niedersachsen stammende Mutter und die Kinder könnten sich auf die im Grundgesetz verankerte staatliche Schutzpflicht berufen. Die Familie lebe derzeit in dem Flüchtlingslager Al-Haul. Die Zustände dort seien eine Bedrohung für das Leben der Kinder. Daher müsse der deutsche Staat tätig werden.

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„Legal Tech“-Produkte setzen RIS unter Druck

Manz und LexisNexis, die Marktführer in Österreich, investieren massiv in digitale Produkte, die sie auf die Bedürfnisse von Juristen zuschneiden. Das kostenlose Rechtsinformationssystem des Bundes droht an Bedeutung zu verlieren.

So ermöglicht „Lexis 360“ eine neue Art des Recherchierens, bei der neben klassischen Suchresultaten auch weiterführende Artikel und Links mit Visualisierungen geliefert werden – und das auf eine Weise, die einen raschen Überblick ermöglicht. Lexis SmartScan erkennt Rechtsbegriffe in gescannten Dokumenten und empfiehlt sofort die passende Literatur. Lexis ContractMaster, das gemeinsam mit der Kanzlei Eisenberger & Herzog entwickelt wurde, ermöglicht eine automatische Vertragserstellung mit laufend aktualisierten Klauseln.

Viele neue Produkte

Bei Manz wurden der Rechtsdatenbank (RDB) vor kurzem Videos hinzugefügt, berichtet Wolfgang Pichler, Leiter von Business Development. In einem Fassungsvergleich von alten und neuen Gesetzen werden die Unterschiede in Farbe ausgewiesen. Beim „Manz Link Butler“ können Kunden viele hundert Seiten lange Dokumente hochladen.

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EuGH: Frankreich wegen systematischer Luftverschmutzung verurteilt

Über Jahre hat Frankreich die Grenzwerte für Stickstoffdioxide in der Luft überschritten – und wurde dafür jetzt verurteilt.

Frankreich hat jahrelang systematisch gegen EU-Vorgaben für saubere Luft verstoßen. Das urteilte jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH). Damit gibt das Gericht der EU-Kommission Recht, die wegen erhöhter NO2-Werte Klage gegen Frankreich erhoben hatte.

Dem Urteil nach habe Frankreich über Jahre keine wirksamen Maßnahmen umgesetzt, um die Grenzwerte für Stickstoffdioxid schnellstmöglich einzuhalten, befanden die Luxemburger Richter (Rechtssache C-636/18). Bei der Klage ging es um zwölf Ballungsgebiete, darunter auch die Städte Paris, Marseille und Straßburg.

Im Urteil heißt es wörtlich: „Der Zeitraum der Überschreitung, die zwölf französische Ballungsräume und Luftqualitätsgebiete betrifft, hätte so kurz wie möglich sein müssen.“

Auch Deutschland droht eine Verurteilung

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Deutschland: Verfassungsrichter kippen Teile der Hartz-IV-Sanktionen

Die Kürzungen von Hartz-IV-Leistungen bei Pflichtverletzungen sind teilweise verfassungswidrig.

Bei Verstößen gegen die Auflagen seien maximal um 30 Prozent reduzierte Leistungen möglich, urteilte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts.

Die bisher möglichen Abzüge bei Verletzung der Mitwirkungspflicht um 60 oder sogar 100 Prozent seien mit dem Grundgesetz unvereinbar, erklärte Vizepräsident Stephan Harbarth. Zudem müssten Härtefälle stärker berücksichtigt werden können. Auch die starre Frist von drei Monaten, die bei Sanktionen bisher galt, darf nicht mehr zwingend sein. Bei einer Verhaltensänderung des Hartz-IV-Empfängers kann die Frist dem Urteil zufolge verkürzt werden.

Gericht erließ Übergangsregelungen

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Wie ein Trojaner das höchste Gericht Berlins lahmlegte

Seit mehr als drei Wochen liegt das Computersystem des höchsten ordentlichen Gerichts von Berlin wegen eines Cyberangriffs lahm. Der Trojaner „Emotet“ war Ende September, mutmaßlich über eine infizierte E-Mail, die ein Mitarbeiter unbedarft geöffnet hatte, ins System gelangt.

Um zu verhindern, dass sich die Infektion ausbreitet, wurde das Kammergericht, höchste Instanz für Straf- und Zivilsachen in Berlin und auf einer Stufe mit den Oberlandesgerichten der anderen Bundesländer, vollständig vom Internet und den anderen Behörden der Hauptstadt getrennt.

„Wir können unsere Computer schon weiter nutzen – als Schreibmaschinen halt“, sagt ein betroffener Richter

Emotet ist ein Trojaner, der seit Mitte September verstärkt in Deutschland sein Unwesen treibt; auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) warnte unlängst vor ihm. Er verbreitet sich über fingierte E-Mail-Anhänge im Microsoft-Word-Format, die dem unwissenden Nutzer suggerieren, relevante Informationen zu enthalten, die aber in Wahrheit Schadsoftware auf den Computer laden, wenn man sie öffnet. Das erfolgt über sogenannte Makros, Mini-Programme, die in die Dokumente eingebaut sind.

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Slowenien: Verfassungsgericht erklärt Zurückweisung von Flüchtlingen für verfassungswidrig

Der slowenische Verfassungsgerichtshof hat Verschärfungen im Asylrecht aufgehoben. Konkret wurde ein umstrittener Gesetzesartikel aufgehoben, der es Slowenien im Fall erneuter erhöhter Flüchtlingsankünfte ermöglicht hätte, das Asylrecht komplett auszusetzen und seine Grenzen für Asylsuchende dichtzumachen.

Das Verfassungsgericht erklärte die entsprechenden Bestimmungen von Artikel 10b des Fremdengesetzes für verfassungswidrig. Sie verstießen gegen den verfassungsrechtlich geschützten Grundsatz des „non-refoulement“ (Nichtzurückweisung), hieß es in einer Mitteilung. Die Höchstrichter trafen die Entscheidung mit acht zu einer Stimme.

An der Grenze abgewiesen

Der Regelung zufolge konnte das Parlament beschließen, dass Slowenien überhaupt keine Asylanträge mehr annimmt, wenn öffentliche Ordnung und innere Sicherheit durch einen Zustrom von Migranten gefährdet wären. Die mit „besonderen Umständen“ begründete Maßnahme wäre auf sechs Monate begrenzt gewesen und hätte bei Bedarf verlängert werden können.

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Standortentwicklungsgesetz: Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich

Der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) hatte bereits im Sommer 2018 in seiner Stellungnahme zum Ministerialentwurf eines Standort-Entwicklungsgesetzes auf gravierende rechtliche Mängel hingewiesen.

Nun hat die EU-Kommission wegen dieses Gesetzes ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet. Auch die EU-Behörde sieht Rechtsschutzdefizite und ortet „problematische Aspekte“ im Umweltrecht.

Die EU-Kommission kritisiert vor allem einen Hauptpunkt des Standortgesetzes, nämlich die erhöhte Genehmigungspflicht („Rechtsvermutung der Genehmigung“). Diese sieht vor, dass eine Behörde – bei besonderem öffentlichen Interesse, das von einem Beirat bestätigt wird – nach zwölf Monaten eine Entscheidung über ein Projekt fällen kann.

Dadurch sieht es die EU-Kommission nicht als gesichert an, dass alle Umweltauswirkungen berücksichtigt werden. Das sieht aber wiederum die EU-UVP-Richtlinie vor.

Mangelnder Rechtsschutz

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