EuGH (2): Empfehlungen an nationale Gerichte für die Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen

Der Europäische Gerichtshof hat im Amtsblatt der Europäischen Union Empfehlungen zur Führung von Vorabentscheidungsverfahren veröffentlicht. Es handelt sich dabei  um die Aktualisierung der Empfehlungen an die nationalen Gerichte aus dem Jahr 2012 (ABl. C 338 vom 6.11.2012, S. 1). Ziel der Empfehlungen  ist es, den Gerichten die wesentlichen Merkmale des Vorabentscheidungsverfahrens aufzeigen und  praktische Hinweise …

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EuGH (1): Kürzere Verfahrensdauer trotz Rekord an Vorabentscheidungsverfahren

Der Gerichtshof hat  im Jahr 2016 insgesamt 704 Rechtssachen erledigen können (+14% im Vergleich zu 2015).

Damit hat er mehr Rechtssachen erledigt als im vergangenen Jahr  neu bei ihm eingegangen sind (692). Diese Zahlen gehen aus der vom EuGH vorgelegten Rechtsprechungsstatistiken für das Jahr 2016 hervor.

Von den 2016 neu eingegangenen Rechtssachen gehen 470 auf Vorabentscheidungsersuchen nationaler Gerichte zurück. Dies stellt einen Rekordwert in der Geschichte des Gerichtshofs dar, der nach Auffassung des EuGH Ausdruck sowohl der Bedeutung des Vorabentscheidungsverfahrens für die Umsetzung des Unionsrechts als auch des Vertrauens ist, das die nationalen Gerichte dieser Form der gerichtlichen Zusammenarbeit im Hinblick auf  die einheitliche Auslegung   und   Anwendung des    Unionsrechts entgegenbringen.

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Rechtsstaat (2): EU-Parlament fordert Prüfung der Rechtsstaatlichkeit Ungarns in Verfahren

Central European University Budapest

Die gegenwärtige Situation in Ungarn rechtfertigt nach Auffassung des EU-Parlaments die Auslösung des Rechtsstaatsverfahrens nach Art. 7 EU-Vertrag, an dessen Ende Sanktionen für Ungarn stehen könnten.

Dies geht aus einer Entschließung vom 17.05.2017 hervor, für die eine Mehrheit der Abgeordneten gestimmt hat. Zur Begründung verwiesen sie auf die aktuelle Lage der Grundrechte in Ungarn.

Ziel des Verfahrens ist es festzustellen, ob eine „eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Grundsätze der Union durch einen Mitgliedstaat“ besteht.

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Rechtsstaat (1): Europas oberste Richter bangen um Unabhängigkeit polnischer Gerichte

Präsidentin Małgorzata Gersdorf

Das Netzwerk der Präsidenten der Obersten Gerichtshöfe der Europäischen Union, dem auch die Präsidentin des deutschen Bundesgerichtshofs angehört, sorgt sich um die Unabhängigkeit der polnischen Gerichte.

Dies ergibt aus einer Stellungnahme des Netzwerks, wie der  BGH in einer Presseaussendung mitteilte.

Die Richter verweisen darin detailliert auf die Eingriffe der polnischen Exekutive in die Justiz des Landes.

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Landeshauptleute: Ein Brief aus der Vergangenheit

Es war im Jahr 2002, als das Europäische Parlament die EU-Grundrechte-Charta beschlossen hat. Ab diesem Zeitpunkt  waren alle zukünftigen Beitrittswerber verpflichtet, vor einem Beitritt zur EU Verwaltungsgerichte einzurichten.

Die EU-Kommission  wollte – noch vor Inkrafttreten der Verträge von Lissabon – in den Beitrittsverhandlungen sicherstellen, dass jeder Unionsbürger in jedem Mitgliedsstaat behördliche Entscheidungen, mit denen er nicht zufrieden war, von einem unabhängigen Gericht überprüfen lassen konnte (Art 47 Grundrechte-Charta).

Es waren die Bundesländer, die in Österreich die Einrichtung von Verwaltungsgerichten lange Zeit verhinderten. Und  es war der Auslegungsstreit der Höchstgerichte über Art 47 der Grundrechte-Charta – bezeichnender Weise in einem Umweltverfahren –  der letztlich die Einrichtung von Verwaltungsgerichten in Österreich wesentlich beschleunigte (Stichwort: Brennerbasistunnel) .

Der jetzt von den Landeshauptleuten vorgetragenen Angriffe auf den mühsam erreichten Rechtschutz  im öffentlichen Recht erscheint in diesem Licht wie ein Nachhall vergangener Zeiten.

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Europarat warnt vor Verfassungsänderungen in der Türkei

Die Verfassungsexperten des Europarates („Venedig-Kommission“) warnen vor einem „Ein-Personen-Regime“ in der Türkei: So lautet die Schlussfolgerung eines endgültigen, von der Kommission verabschiedeten Gutachtens über die vorgeschlagene Verfassungsänderung, die Gegenstand eines Referendums im kommenden Monat ist.

Die Experten weisen auf die Gefahr hin, dass die Verfassungsänderung durch den Abbau der nötigen Kontrollmöglichkeiten („Checks and Balances“) nicht dem Modell eines demokratischen Präsidialsystems entspreche, das auf der Gewaltentrennung basiert. Vielmehr bestehe das Risiko, dass sich ein autoritäres Präsidialsystem entwickelt.

Zu den in der Schlussfolgerung geäußerten Bedenken zählen folgende Punkte:

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EuGH-Generalanwältin: Verwaltungsgericht kann auch Ankläger sein

Aber nur unter besten Umständen – nicht Aufgabe der Richter, Glücksspielmonopol zu rechtfertigen.

Das Glücksspielgesetz (GSpG) beschäftigt wieder einmal den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Am Donnerstag hat sich die EuGH-Generalanwältin zu Verwaltungsstrafverfahren gegen Automatenbetreiber geäußert. Es kann unter Umständen zulässig sein, dass die Verwaltungsgerichte Richter und Kläger in einem sind. Aber es ist nicht ihre Aufgabe, das Glücksspielmonopol zu rechtfertigen. Das müsse der Staat tun.

Der EuGH folgt dem Generalanwalt oder der Generalanwältin in vier von fünf Fällen. Die sogenannten Schlussanträge sind nur Empfehlungen.

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Kopftuchverbot: EuGH gibt Richtung vor

Die Einschränkung religiöser Merkmale beschäftigt Politik und Gerichte seit Jahren. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hatte nun in der Rechtssache C-157/15 („ G4S Secure Solutions“) zu entscheiden, inwieweit die Unionsrichtlinie über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf mit einem Verbot, ein islamisches Kopftuch zu tragen, vereinbar ist.

Nach der Entscheidung des Gerichtshofes ist ein  Kopftuchverbot dann zulässig, wenn sich dieses Verbot  aus  einer internen Regel eines  privaten  Unternehmens  ergibt,  die  generell das  sichtbare  Tragen  jedes  politischen, philosophischen oder religiösen Zeichens am  Arbeitsplatz verbietet. Wenn zudem nur Arbeitnehmer von den Beschränkungen betroffen sind, die mit Kunden in Kontakt stehen, stellt diese Regel keine unmittelbare Diskriminierung dar.

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Meinungsfreiheit: Missbrauchsverbot erlaubt

(c) APA/HANS PUNZ

Bei NS-Wiederbetätigung hat der Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass der Missbrauch der Meinungsfreiheit mit Demokratie und Menschenrechten unvereinbar ist: vielleicht verallgemeinerbar; doch Vorsicht ist geboten.

Gerhard Strejcek, Die Presse

Versammlungsrecht und freie Meinungsäußerung zählen zu den Grundfesten westlicher Demokratien. Eingriffe ins Grund- und Menschenrecht auf friedliche Versammlung sind nur dann zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind und in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Rechte Dritter notwendig sind. Die Höchstgerichte prüfen die Frage, ob eine Untersagung oder Auflösung einer Versammlung gerechtfertigt war, streng und lassen auch zeitweise Beeinträchtigungen der Warenverkehrsfreiheit nicht als Rechtfertigung zu. Deshalb kann die Blockade einer Autobahn erlaubt sein. Die Auflösung einer Versammlung, selbst einer spontan, unangemeldet abgehaltenen, muss das letzte Mittel bleiben; fremdes Eigentum ist allerdings rechtlich geschützt, etwa, wenn ohne Genehmigung eines Verfügungsberechtigten Privatgrund betreten wird und Schäden verursacht werden.

Wehrhafte Demokratie

Wirtschaftliche Rechtspositionen wie Erwerbs- und Eigentumsfreiheit scheinen aber gegenüber den „politischen“ Rechten in der Rechtsprechung schwächer eingestuft zu werden. Derzeit scheint jedoch ein anderes Problem der Abwägung im Vordergrund zu stehen: Wie soll der Staat grundrechtskonform mit Versammlungen und Meinungsäußerungen umgehen, welche womöglich den in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der Verfassung verankerten Grundwerten selbst diametral widersprechen? Welche Möglichkeiten der wehrhaften Demokratie können rechtsstaatlich umgesetzt werden, wann schießt der Staat übers Ziel hinaus und betritt seinerseits ein rechtsstaatsfernes oder gar autokratisches Minenfeld?

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„Greco“ fordert für Verwaltungsrichter einheitliches Dienstrecht und verbindliche Besetzungsvorschläge

greco-logoDer Europarat hat in einer Presseaussendung zum „Greco“- Bericht über die Korruptionsprävention bei österreichischen Richtern und Staatsanwälten Stellung genommen.

Für die Verwaltungsgerichte wird eine strengere Formalisierung des Aufnahmeverfahrens und eine stärkere Einbindung der Personalsenate – auch in die Auswahl von Präsidenten und Vizepräsidenten – empfohlen. Die Besetzungsvorschläge sollten für das fällende Exekutivgremium bindend sein.

In dem Bericht, der jetzt in vollem Umfang auch in deutscher Sprache verfügbar ist, wird zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der Verwaltungsgerichte folgendes festgestellt:

„Die Komplexität des für die Verwaltungsgerichte geltenden legislativen Aufbaus, der eine Kombination  aus  allgemeinen  Gesetzen  und  gerichtsspezifischen  Gesetzen aufweist,   macht es  sogar   für   österreichische Behörden   schwierig,   einen systematischen  Gesamtüberblick  zu geben.

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