EuGH: Kein Zweifel an der Unabhängigkeit der deutschen Verwaltungsgerichte

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte in einer Vorababfrage an den EuGH Zweifel an seiner eigenen „institutionellen Unabhängigkeit“ geltend gemacht und dazu ausgeführt, die rein „funktionelle“ Unabhängigkeit der Richter reiche nicht aus, „um ein Gericht vor jeder äußeren Einflussnahme zu bewahren“. (Siehe dazu: Deutsches Verwaltungsgericht zweifelt an seiner Unabhängigkeit)

Dabei gehe es nicht nur um Weisungen, sondern auch um mittelbare Einflüsse, die eine Entscheidung der Richter steuern könnten. Letztlich entscheide immer das Justizministerium über die Planstellen und die Anzahl der Richter an einem Gericht sowie über dessen Ausstattung. Auch die Personalgrundakten eines jeden Richters würden beim Hessischen Ministerium der Justiz geführt, Auslandsdienstreisen eines Richters, z.B. im Rahmen des Europäischen Netzwerks zur justiziellen Fortbildung (EJTN), müssten vom Ministerium angeordnet werden.

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VGW Judikatur zu Covid-19 Strafen wegen des Betretens öffentlicher Orte

In seiner Entscheidung vom 05.06.2020 zu VGW-031/047/5718/2020 hatte das Verwaltungsgericht Wien (VGW) über die Rechtmäßigkeit eines Straferkenntnisses zum Betreten öffentlicher Orte gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes zu entscheiden.

Nach der Verordnung gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. II Nr. 98/2020 i.d.F. BGBl. II Nr. 108/2020 sei in der Zeit von 16.03.2020 bis 13.04.2020 der Aufenthalt am einem öffentlichen Ort verboten gewesen, wenn er nicht durch die unter § 2 dieser VO aufgezählten Ausnahmen gerechtfertigt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe sich daher strafbar gemacht, weil er am 21.03.2020 seine Wohnung verlassen habe, um in der Wohnung einer anderen Person Zeit miteinander zu verbringen. Er habe daher gegen § 3 Abs. 3 und § 2 COVID-19-Maßnahmengesetz i.V.m. § 1 der VO gem. § 2 Z 1 des COVID-19 Maßnahmengesetzes verstoßen und wurde zu einer Geldstrafe von EUR 500,- (10 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt.

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Judikatur VwGH / Glücksspielgesetz (1): Strafsatz für bis zur 3 Glücksspielgeräten entspricht unionsrechtlichen Vorgaben

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis Ra 2020/17/0001 vom 6. Mai 2020 eine umfangreiche Prüfung der Frage vorgenommen, ob die im Revisionsfall zur Anwendung kommende Strafnorm des Glücksspielgesetzes den unionsrechtlichen Anforderungen genügt und ob diese verhältnismäßig ist.

Im Anlassfall war der Revisionswerber wegen zweier Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm. § 2 Abs. 2 und 4 iVm. § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) bestraft worden. In zweiten Rechtsgang waren dafür vom Landesverwaltungsgericht Steiermark § 52 Abs. 2 GSpG zwei Geldstrafen von jeweils € 1.500,–, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils einen Tag sowie ein Kostenbeitrag gemäß § 64 VStG festgesetzt worden.

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Corona-Krise: Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte vor Gericht (9)

LVwG Niederösterreich kippte Strafe für Privatbesuch

Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich waren auch im strengen Coronavirus-„Lock-down“ Privatbesuche nicht untersagt. „Der Aufenthalt in privaten Räumen unterlag zu keinem Zeitpunkt einem Verbot“, denn man habe den öffentlichen Raum aus jedem Grund betreten dürfen. Anlass für dieses Urteil war eine Strafe von 600 Euro, die der Beschwerdeführer  nach Meinung der Bezirkshauptmannschaft Tulln zahlen sollte, weil er mit seiner Frau eine befreundete Familie besucht hatte.

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Corona-Krise: Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte vor Gericht (7)

Deutsche Verwaltungsrichter hinterfragen Regierungshandeln

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter (BDVR), Robert Seegmüller sagte gegenüber der Presse: „Wir wissen noch gar nicht, ob das Schließen aller Einrichtungen in den ersten Wochen der Krise tatsächlich rechtlich unproblematisch war“. Der BDVR bezweifelt die Rechtmäßigkeit der bisher durch die Bundesregierung vorgenommenen Grundrechtseingriffe in der Coronakrise.

Das werde man erst wissen, wenn die Entscheidungen in der Hauptsache getroffen seien und „sich die Gerichte also gründlich mit den Eindämmungsmaßnahmen befasst haben“, sagte Seegmüller gegenüber der „Welt“. Er könne nur davor warnen, aus den bisherigen Eilrechtsschutzverfahren der Verwaltungsgerichte und deren Ergebnissen zu schließen, dass alle Eingriffe in Grundrechte „gerechtfertigt“ waren.

Staat unter Rechtfertigungszwang

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Corona-Krise:  Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte vor Gericht (6)

Nach Angaben des deutschen Richterbundes klagen immer mehr Bürgerinnen und Bürger gegen die coronabedingten Einschränkungen.

Bei deutschen Verfassungs- und Verwaltungsgerichten waren bis Ende letzter Woche rund 1000 Eilanträge im Zusammenhang mit den Einschränkungen der Corona-Pandemie eingegangen-Tendenz steigend. Die Gerichtsverfahren betreffen etwa die Maskenpflicht, Versammlungsverbote, Reisebeschränkungen, Gottesdienst-Auflagen oder Regelungen für Geschäftsöffnungen. Das berichten deutsche Medien.

Alleine 60 Verfahren beim VG Berlin

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Steuerrecht: Bundesfinanzgericht legt Kürzung der Familienbeihilfe dem EuGH vor

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat zur Frage, ob es EU-Recht widersprach, die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder von EU-Bürgern an das dortige Preisniveau anzupassen, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gestellt.

Anlassfall ist die Beschwerde einer tschechischen Grenzpendlerin. Die Frau hat zwei Kinder, lebt mit ihrer Familie in Tschechien, arbeitet aber in Österreich. Aufgrund der im Jahr 2018 beschlossenen Indexierung hat das Finanzamt ihre Familienbeihilfe 2019 gekürzt.

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12. Covid 19-Gesetz: Auch Verwaltungs- und verwaltungsgerichtliche Verfahren per Videokonferenz

Behörden und Verwaltungsgerichte werden ab Mai wieder den Betrieb hochfahren. Die dafür nötigen rechtlichen Grundlagen bringt das 12. Covid-19-Gesetz, welches gestern im Nationalrat beschlossen wurde.

Konkreten werden damit u.a. das Zustellungsgesetz sowie das im März beschlossene verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz adaptiert, insbesondere was Vorgaben für Behörden in Bezug auf die Durchführung von Verwaltungsverfahren und Verwaltungsstrafverfahren in der derzeitigen Ausnahmesituation betrifft.

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Das Landesverwaltungsgericht Burgenland hat eine neue Präsidentin

Andrea Potetz-Jud ist die neue Präsidentin des LVwG Burgenland. Die Juristin, die aus dem Bezirk Jennersdorf kommt und Bezirkshauptfrau-Vize in Güssing war, übernahm bereits Anfang März ihr Amt.

Neun Kandidaten (zwei zogen zurück) hatten sich Ende des Vorjahres beworben, darunter vier Richter  des Verwaltungsgerichts. Am Ende wurden von einer dreiköpfigen Kommission zwei Kandidaten ex aequo bestgereiht.  Die SPÖ-Landesregierung habe sich für Potetz-Jud und gegen einen amtierenden Richter des LVwG entschieden (dessen Name nicht genannt wurde), weil sie in Sachen Innovation und Mitarbeiterführung „besser geeignet“ gewesen sei, erläuterte Doskozil.

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Judiktur VwGH / Verfahrensrecht: Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz bei Abnahmefall 

Solange in der Ausfertigung einer mündlich verkündeten Entscheidung Spruch und wesentliche Begründungselemente deckungsgleich sind, sind durch einen nach der Geschäftsverteilung vorgesehenen (Ausnahme-)Fall eines Richterwechsels nach der Verkündung einer Entscheidung Verfahrensmängel nicht indiziert.

Wenn der die schriftliche Ausfertigung unterfertigende („neue“) Richter aber zusätzliche Begründungselemente anführt, die ohne seine Teilnahme an der Verhandlung auch einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz gemäß § 48 Abs. 1 VwGVG bedeuten würden, liegt Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor (VwGH vom 26. Februar 2020, Ra 2019/09/0154).

Richterwechsel zwischen Verkündung und Ausfertigung des Erkenntnisses

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