Judikatur VfGH: Untersagung eines Sterbehilfe-Vereins

vfghlogoDer Beschwerdeführer ist  weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die angefochtene Nichtgestattung der Gründung des Vereins „Letzte Hilfe – Verein für selbstbestimmtes Sterben“ beruht auf der, einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz „entnommenen“ Rechtsauffassung, wonach insbesondere § 3 Abs. 1 Z 2 und Z 3 iVm § 2 der Vereinsstatuten den Schluss zuließen, dass Maßnahmen gesetzt werden sollen, die den Tatbestand des § 78 StGB erfüllen könnten.  Andererseits wurde nicht ausgeschlossen, dass etwaige bezweckte Handlungen als sozialadäquat anzusehen sein könnten.

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Anonymverfügung: Strafe für Überzahlung verfassungswidrig?

presse-logoWird der mit einer Anonymverfügung festgesetzte Strafbetrag innerhalb von vier Wochen einbezahlt, darf die Behörde keine weiteren Nachforschungen anstellen. In diesem Fall verzichtet der Staat auf seinen Strafanspruch und der Straftäter kommt in den Genuss einer – im Regelfall – geringeren Strafe, als sie im ordentlichen Verfahren festgesetzt worden wäre.

Wird der festgesetzte Strafbetrag allerdings – aus welchen Gründen auch immer – nicht oder nicht fristgerecht bezahlt, wird die Anonymverfügung gegenstandslos und die Behörde muss den Täter/die Täterin ausforschen. Wie der Verwaltungsgerichtshof kürzlich entschieden hat, gilt das auch in jenen Fällen, in denen ein höherer als der mit der Anoymverfügung festgesetzte Strafbetrag einbezahlt wurde (2013/02/0219).

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Judikatur VwGH / Einstweilige Anordnungen iZm Verhaltensbeschwerde gem Art 130 Abs. 2 Z 1 B-VG

fachgruppe verfahrensrechtEinstweilige Anordnungen sind im Verfahren nach dem VwGVG – ebenso wie im Revisionsverfahren nach dem VwGG – gesetzlich nicht vorgesehen. Beschwerden nach Art 130 Abs. 2 Z 1 B-VG sind – sofern die Materiengesetze nicht anderes vorsehen – ebenso wie Anträge auf einstweilige Anordnungen bei der Behörde und nicht unmittelbar beim VwG einzubringen.

Der VwGH hat jedoch – der Rsp des EuGH folgend – bereits mehrmals ausgesprochen, es sei nicht ausgeschlossen, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Verwaltungsakt auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde.

Für die Zuständigkeit und das Verfahren sind die sachnächsten Regelungen sinngemäß heranzuziehen. Als solche sind in der vorliegenden Konstellation in erster Linie die Regelungen des VwGVG über die Gewährung aufschiebender Wirkung anzusehen. Auf einstweilige Anordnungen gerichtete Anträge nach Unionsrecht  in einem Verfahren nach Art 130 Abs. 2 Z 1 B-VG sind an die Verwaltungsbehörde zu richten.

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Schutzbedürftige: EuGH erachtet verpflichtenden Wohnsitz für zulässig

Es ist ein Urteil, dessen Vorgeschichte bis in die 1990er-Jahre zurückreicht, das aber hochaktuell ist: Der Europäische Gerichtshof hat am gestrigen Dienstag entschieden, dass die Mitgliedstaaten der Union schutzbedürftige EU-Ausländer, die soziale Leistungen in Anspruch nehmen, zu einem fixen Wohnort verpflichten dürfen. Den Fall (Rechtssachen C-443/14 und C-444/14) ins Rollen gebracht hatten zwei Syrer, denen …

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UVP: Verfehlt der neue Rechtsschutz für Nachbarn sein Ziel?

Da sich in Österreich nach der bisherigen Rechtlage Nachbarn nicht dagegen wehren konnten, wenn Einkaufszentren oder andere Großprojekte ohne Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) genehmigt wurden, hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass diese Rechtslage dem Unionsrecht widerspricht (C-570/13). Mit dieser Entscheidung wurden die Rechte von Nachbarn in Genehmigungsverfahren – etwa für Betriebsanlagen oder Straßenbauprojekte – enorm ausgeweitet. Der …

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Parteistellung und Beschwerdelegitimation im behördliches Mehrparteienverfahren

vgw WienVoraussetzung für die Zulässigkeit der Erhebung einer Beschwerde gegen einen nicht zugestellten und auch nicht an die betreffende Person gerichteten Bescheid ist, dass dieser Bescheid an andere Verfahrensparteien ergangen ist und dass der Bescheid seinem Inhalt nach in die Rechtssphäre der übergangenen Partei eingreift.

Beschwerdelegitimiert ist ferner nur derjenige, dessen Parteistellung im Verwaltungsverfahren unstrittig war. Ist die Parteistellung strittig, scheidet die Anfechtung eines (letztinstanzlichen) Bescheides im Wege des § 7 Abs. 3 VwGVG aus, weil die Frage des Mitspracherechtes zunächst durch die in Betracht kommende Behörde entschieden werden muss, sei es durch Abweisung eines Antrages auf Bescheidzustellung, sei es durch Anerkennung der Parteistellung in Form der Bescheidzustellung.

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Verfassungsgerichtshof: Keine Bedenken gegen die elektronische Gesundheitsakte „ELGA“

elgaArtikelbild
foto: apa/robert jäger

Das Bundesverwaltungsgericht hatte die Beschwerde eines Arztes abgewiesen,der sich geweigert hatte, einen Lichtbildausweis vorzulegen, um sich so aus der elektronischen Gesundheitsakte (Elga) abzumelden zu können („ Optout“).

Der Mediziner argumentierte, damit werde die Abmeldung unnötig erschwert werde.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte nun die gegen die Entscheidung des BVwG erhobene Beschwerde ab.

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Richter verspielt seine Reputation mit Facebook-Bild

sz süddeutsche„Wir geben ihrer Zukunft ein Zuhause“: Wie man sich als Richter nicht auf Facebook verhalten sollte.

Ein Richter posiert auf Facebook mit dem T-Shirt-Aufdruck „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA“.
Diese Präsentation sei nicht einfach nur neckisch, sie manifestiere die Befangenheit des Richters, hat jetzt der BGH geurteilt.

Von Heribert Prantl

Tipps zur Wahrung der Internet-Reputation gibt es in Hülle und Fülle. Also: Fotos, auf denen man betrunken in den Hotelpool fällt, haben im Netz nichts verloren; und Schnappschüsse von Exzessen bei der Party sollte man nicht in sozialen Netzwerken posten. Solche Hinweise stehen in vielen Berufsberatungs-Broschüren für Jugendliche.

Einschlägige Hinweise für Richterinnen und Richter, etwa in der Deutschen Richterzeitung, gab es bisher nicht. Das wird sich nun ändern: Der Bundesgerichtshof hat das Urteil einer Großen Strafkammer des Landgerichts Rostock aufgehoben, weil der Vorsitzende Richter sich auf seiner Facebook-Seite höchst sonderbar präsentiert hatte.

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Judikatur EGMR: Divergierende Entscheidungen innerhalb eines Gerichts

egmr 2Zwei Gerichte können, auch wenn sie bei der rechtlichen Bewertung eines unterschiedlichen Sachverhalts abweichen, nichtsdestotrotz zu vernünftigen und begründeten Ergebnissen hinsichtlich derselben Rechtsfragen gelangen.

Die Möglichkeit sich widersprechender Entscheidungen ist ein Wesenszug jedes Gerichtssystems, das auf einem Netzwerk von Erst- und Rechtsmittelgerichten basiert. Derartige Unterschiede in der rechtlichen Würdigung können sogar innerhalb eines Gerichts vorkommen. Das allein kann noch nicht als Verstoß gegen die Konvention gewertet werden. Ob ein Verstoß gegen das Gebot des „Fair trail“ nach Artikel 6 Abs 1 EMRK vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob tiefgreifende und anhaltende Unterschiede in der Rechtsprechung bestehen, ob die nationale Rechtsordnung einen Mechanismus zur Beseitigung oder Überwindung dieser Divergenzen vorsieht, ob dieser Mechanismus im gegenständlichen Fall angewandt wurde und mit welcher Folge.

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Judikatur VwGH/ Gleichwertigkeit von Amts- und Privatsachverständigengutachten

fachgruppe verfahrensrechtNach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde bei Vorliegen einander widersprechender Gutachten auf Grund eigener Überlegungen mit entsprechender Begründung einem Gutachten wegen dessen größerer Glaubwürdigkeit bzw. Schlüssigkeit den Vorzug geben.

Ist sie dazu nicht in der Lage, so kann sie den von ihr bestellten Sachverständigen auffordern, sich mit den Aussagen des (anderen, insbesondere des Privat-) Sachverständigen – gegebenenfalls unter neuerlicher Gewährung von Parteiengehör – im Detail auseinanderzusetzen. Diesfalls kann die Sache (beispielsweise) erst dann im Sinne des § 56 AVG spruchreif sein, wenn die Behörde den beigezogenen Amtssachverständigen dazu veranlasst hat, die gegen sein Gutachten vorgetragene Kritik in jedem einzelnen Punkt in einer auch dem nicht fachkundigen Rechtsanwender einleuchtenden Weise zu widerlegen (oder sein Gutachten dementsprechend zu adaptieren) und den Bescheidverfasser damit in die Lage zu versetzen, die Einsichtigkeit der von der Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen in ebenso einleuchtender Weise detailliert darzustellen. Die Aussagen von Amts- und Privatsachverständigen besitzen grundsätzlich den gleichen verfahrensrechtlichen Beweiswert (VwGH vom 10. Dezember 2013, Zl. 2010/05/0184).

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