Rechtsstaatlichkeit in der EU: Innsbrucker Gespräche zum Europäischen und internationalen Recht

Im Sommersemester 2022 veranstaltet das Institut für Europarecht und Völkerrecht wieder die Innsbrucker Gespräche zum Europäischen und Internationalen Recht (IGEIR).

Die IGEIR sind ein Diskussionsforum für alle, die sich für die Herausforderungen der Internationalisierung und Europäisierung der Rechtsordnung interessieren. Eingeladen sind neben Universitätsangehörigen und Studierenden auch PraktikerInnen sowie die allgemeine Öffentlichkeit.

Termin: Donnerstag, 30. Juni 2022 um 18:30 Uhr (Universität, Campus Innrain 52e, EG)

Referentin ist Mag. Dr. Christine PESENDORFER, Leiterin der Abt. Europäisches und Internationales Recht, Menschenrechtsschutz im Verfassungsdienst, Bundeskanzleramt, Wien zum Thema: „Rechtsstaatlichkeit in der EU – aktuelle Entwicklungen“.

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Rezension: „Die Praxis der justiziellen Interaktion im Bereich der Grundrechte – Der Mehrwert der Charta der Grundrechte der EU“

Eine in englischer Sprache erschienene Publikation (Originaltitel: „The Practice of Judicial Interaction in the Field of Fundamental Rights – The Added Value of the Charter of Fundamental Rights of the EU“) beschäftigt sich umfassend mit dem Anwendungsbereich der Grundrechte-Charta und dem Ausmaß, in dem sie für die nationale Rechtsprechung verbindlich ist. Zu diesem Zweck wird in erster Linie der Rechtsprechung des EuGH Rechnung getragen, aber auch der nationalen Rechtsprechung wird große Aufmerksamkeit geschenkt. Die Publikation ist Ergebnis des EU-Projektes (ACTIONES).

Univ. Prof. Peter Hilpold (Universität Innsbruck) gibt in einer im Verlag Österreich erschienen Rezession einen umfassenden Überblick über die 34 Beiträge von Richter*innen und Rechtswissenschaftler*innen aus ganz Europa. Auch Österreich ist durch Beiträge von Markus Thoma (Verwaltungsgerichtshof) und Edith Zeller (Verwaltungsgericht Wien) vertreten. Ihrem Beitrag, welcher Aspekte des österreichischen Justizsystem mit dem ungarischen Justizsystem vergleicht und  in welchem das Auswahl- und Ernennungsverfahren für die Präsident*innen der Verwaltungsgerichte als intransparent und politisch beeinflussbar kritisiert wird, schenkt Prof. Hilpold besondere Aufmerksamkeit.

Hilpold verweist auch auf die Notwendigkeit auf Tendenzen, die die Rechtsstaatlichkeit in einigen „neuen“ EU-Mitgliedstaaten auf sehr ernste Weise zu untergraben scheinen, entschieden zu reagieren. Aber für die übrigen EU-Mitgliedstaaten gebe es keinen Grund, sich zurückzulehnen oder andere Länder übermäßig zu belehren.

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Judikatur / EuGH – Sozialpolitik: Indexierung der Familienbeihilfe verstößt gegen EU-Recht

Seit 2019 passt Österreich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Kinder sich ständig in einem anderen EU-Mitgliedstaat aufhalten, die Familienbeihilfe sowie verschiedene steuerliche Vergünstigungen nach oben oder unten an – je nach Preisniveau des Landes.

Das Bundesfinanzgericht hatte im Jahr 2020 zur Frage, ob es EU-Recht widerspricht, die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder von EU-Bürgern an das dortige Preisniveau anzupassen, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gestellt. Anlassfall war die Beschwerde einer tschechischen Grenzpendlerin. Die Frau hat zwei Kinder, lebt mit ihrer Familie in Tschechien, arbeitet aber in Österreich. Aufgrund der im Jahr 2018 beschlossenen Indexierung hat das Finanzamt ihre Familienbeihilfe 2019 gekürzt. Dagegen war Beschwerde an das BFG erhoben worden.

Auch nach Auffassung der EU-Kommission verletzte die Indexierung der Familienbeihilfe den europäischen Gleichheitsgrundsatz. Der EuGH hat bereits 1986 Frankreich eine ähnliche Maßnahme untersagt. Die Kommission hatte aus diesem Grund ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet.

Anpassungsmechanismus ist mittelbare Diskriminierung

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„Whistleblower“-Gesetz in Begutachtung

Mit dem ausgesendeten Entwurf eines HinweisgeberInnenschutzgesetzes soll die Richtlinie 2019/1937/EU zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Whistleblower-Richtlinie), umgesetzt werden.

Vorrangiges Ziel des Gesetzes ist die Schaffung interner und externer Meldestellen für den privaten und öffentlichen Sektor zur Hinweisgebung sowie Schutzmaßnahmen für Hinweisgeber gegen Vergeltungsmaßnahmen. Dazu werden eigene Verwaltungsstraftatbestände geschaffen.

Die Bundesdisziplinarbehörde soll für alle Verwaltungsstellen des Bundes zur gemeinsamen internen Meldestelle werden, ausgenommen das BM für Justiz und das BM für Landesverteidigung. Diese sind jeweils gemeinsame interne Stelle. Die Meldestellen haben die näheren Bedingungen für die Einrichtung des internen Hinweisgebersystems festzulegen.

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LVwG Steiermark: Kontrollen an Grenze zu Slowenien rechtswidrig

Die seit dem Jahr 2017 von den Sicherheitsbehörden vollzogenen Kontrollen an Österreichs Grenze zu Slowenien waren rechtswidrig, befand das Landesverwaltungsgericht Steiermark in einem am 1. Juni ergangenen Urteil. Das Urteil ist die logische Folge eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 26. April, welches vom LVwG um Vorabentscheidung dieser Rechtsfrage ersucht wurde.

„Der gegenüber dem Beschwerdeführer geäußerte Befehl auf Herausgabe des Reisepasses im Zuge einer Grenzkontrolle unter Androhung einer strafrechtlichen Sanktion war damit ohne gesetzliche Grundlage rechtswidrig“, heißt es in dem Urteil. „Der Beschwerdeführer wurde durch die Ausübung der Befehlsgewalt in seinem Grundrecht auf freien Personenverkehr als Unionsbürger verletzt.“

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Asyl- und Femdenrecht: Verwaltungsgerichtshof bestätigt rechtswidrige „Push backs“ durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in der Steiermark

Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Revision der Landespolizeidirektion Steiermark gegen ein Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark zurückgewiesen, mit dem die Rechtswidrigkeit der Zurückschiebung eines Fremden als erwiesen angesehen wurde (Ra 2021/21/0274).

Der VwGH hält in seinem Beschluss fest, die vom Landesverwaltungsgericht Steiermark getroffene Annahme, dass der Fremde in Anbetracht der ihm bekannten möglichen Zurückweisung an der Grenzkontrollstelle Sicheldorf sein Verlangen nach Asyl in hörbarer Weise kundgetan habe, könne „nicht als unschlüssig angesehen werden“. Die beteiligten Sicherheitsorgane hätten sich „mit der Vermutung einer beabsichtigten Durchreise begnügt (…), ohne ihn nach dem Zweck seiner Einreise zu fragen“.

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Rechtsstaatlichkeit: Polens Justiz bleibt Problemfall für die EU

Im Februar hatte der EuGH entschieden, dass die Verknüpfung von Fördergelder mit dem EU-Rechtsstaatsmechanismus rechtens ist. Jetzt schafft Polen zwar die umstrittene Disziplinarkammer ab, die Politisierung der Justiz wird aber fortgesetzt.

Von einem „Dritten Weltkrieg“ unkte Polens Premier Mateusz Morawiecki noch vor sieben Monaten bei einer Rede vor den EU-Parlamentariern. Gemünzt war die Attacke auf den EU-Rechtsstaatsmechanismus, an den die Auszahlung von Fördermitteln geknüpft ist. Seit Ende Februar herrscht tatsächlich Krieg in Europa, noch dazu vor der Haustür Polens; es grenzt an die von Russland überfallene Ukraine. Ein Streit innerhalb der Union sei zum jetzigen Zeitpunkt unnötig, befand Polens Präsident Andrzej Duda bereits kurz vor Kriegsausbruch.

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Corona-Maßnahmen: Deutsches Bundesverfassungsgericht billigt „Pflege“-Impfpflicht

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Pflicht zum Nachweis einer Impfung gegen COVID-19 (sogenannte „einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht“)

Während im deutschen Bundestag die Einführung einer allgemeinen Coronaimpfpflicht keine Mehrheit gefunden hat, hat das Bundesverfassungsgericht eine wichtige Entscheidung bezüglich der einrichtungsbezogenen Impfpflicht verkündet: Das Gericht hat die Pflege-Impfpflicht bestätigt und eine Verfassungsbeschwerde gegen entsprechende Teile des Infektionsschutzgesetzes zurückgewiesen.

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Postenschacher stellt Urteil in Frage

Politische Einflussnahme kann gegen den Grundsatz des „Fair Trail“ verstoßen

Markus Thoma, Präsident des DVVR,  referierte beim Maiforum nicht nur über die Grenzen der Dienstaufsicht über Richterinnen und Richter, in einem Gespräch mit der Tageszeitung “Die Presse” machte er auf Konsequenzen politischer Einflussnahme aufmerksam, die bis dato in Österreich wenig bis keine Beachtung gefunden haben: Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrecht (EGMR)  kann das Urteil eines Richters, der nicht auf Grund seiner Qualifikation, sondern aus politischer Räson ernannt wurde, von den Parteien des Verfahrens wegen der Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahren bekämpft werden. (Siehe dazu: Fehlerhafte Richterernennung verletzt Recht auf faires Verfahren)

Die Folgen könnten von der Feststellung des Verstoßes gegen die EMRK und damit verbundene Entschädigungszahlungen sein oder – im Falle eines Strafverfahrens – die Wiederholung des Verfahrens.

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Pressefreiheit: EU zwischen den Extremen-Österreich stürzt ab

Norwegen steht weiter an der Spitze des Weltindex für Pressefreiheit. Österreich fällt im internationalen Pressefreiheits-Ranking von Platz 17 auf 31 ab, nur noch wenige europäische Staaten sind auf schlechteren Plätzen. Das hat ein Bündel an Gründen.

Drei Haupttrends erkennt die NGO Reporter ohne Grenzen (ROG) in ihrem heute, am Welttag der Pressefreiheit, veröffentlichten Jahresranking: die Rückkehr von Journalistenmorden in der EU, Anfeindungen im Zusammenhang mit der Berichterstattung zur Pandemie und die Verschärfung der Gesetze gegen Journalisten in einigen EU- und Nachbarstaaten.

Während Norwegen weiter Platz eins belegt, gibt es innerhalb Europas erhebliche Unterschiede, und die Bedingungen an beiden Extremen haben sich laut Angaben der Nichtregierungsorganisation erheblich verändert. Estland (4.) und Litauen (9.) – zwei ex-kommunistische Staaten – sind jetzt unter den ersten zehn, während die Niederlande (28.) nicht mehr dazugehören. Auf dem letzten Platz in Europa löst Griechenland (108.) Bulgarien (91.) ab.

Journalistenmorde in der EU

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