Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat am Freitag die Anträge auf Bewilligung zur Errichtung des Bundesstraßenbauvorhabens „S 8 Marchfeld Schnellstraße“ abgewiesen. Die Alternativenprüfung durch das BVwG hat ergeben, dass eine zumutbare Alternative zum Einreichprojekt vorhanden ist. Als Reaktion auf diese Entscheidung hat der Landeshauptfrau-Stellvertreter von Niederösterreich Landbauer (FPÖ) nach Meldungen auf noe@orf.at ausgeführt, dass diese Entscheidung auch Anlass sei, eine Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich anzudenken, „dass eben die Interessen der Bürger Gehör finden“.
Richter:innen sind in Ausübung ihrer Tätigkeit ausschließlich dem Gesetz verpflichtet. Interessen von Verfahrensparteien sind in jenem Umfang zu wahren, wie es der Gesetzgeber in den Rechtsvorschriften vorgesehen hat. Will man diese ausweiten, so erreicht man dies nicht durch eine Neuordnung der Gerichte, sondern durch eine Änderung im Verfahrens- oder Materiengesetz. Naturgemäß sind aber Interessen der Verfahrensparteien nicht homogen, so wie auch die Interessen der Bürger nicht homogen sind.
Es stellt sich daher die Frage, was mit dieser Aussage Landbauers tatsächlich bezweckt werden sollte. Bei den diversen Feiern zum 10jährigen Bestand der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist klar hervorgekommen, dass die Einrichtung der Verwaltungsgerichte ein bemerkenswerter Schritt für die Rechtsstaatlichkeit in Österreich war. Die Verwaltungsgerichte sind ein Kernbestandteil des Rechtsschutzsystems nach der Bundesverfassung. Anlässlich einer Entscheidung, die ausschließlich aufgrund der bestehenden Gesetze ergangen ist, die aber – auch naturgemäß nicht dem Wunsch aller entsprechen kann – eine Neuordnung der Gerichtsbarkeit anzudenken, erweckt den Anschein der politischen Einflussnahme auf die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit. Dies muss zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und insbesondere, um das Vertrauens der Bürger in den Rechtsstaat und in die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu garantieren, hintangehalten werden.
Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte sind überdies nicht endgültig, man kann dagegen Rechtsmittel erheben; so ist es in einem Rechtsstaat vorgesehen.
Dachverband der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter, ZVR: 1432429874