Markus Thoma kritisiert neuerlich den Ernennungsmodus von Spitzenpositionen an Verwaltungsgerichten

Auch wenn die Justizministerin die politische Mitsprache bei der Besetzung bekräftige, widerspreche dies eklatant den Vorgaben aus dem EU-Rechtsstaatlichkeitsbericht, der den Ernennungsmodus von Präsident:innen und Vizepräsident:innen an Verwaltungsgerichten laufend kritisiere. Markus Thoma, Präsident des Dachverbandes der Verwaltungsrichter:innen, bekräftigt dies im Interview mit anwalt.aktuell und unterstreicht, dass eine Beteiligung der Justiz in den Ernennungsverfahren weiterhin fehle.

Er verweist dabei einmal mehr auf die Reform der Besetzung der Leitungsfunktionen beim Obersten Gerichtshof. Diese habe gezeigt, dass auch für die Positionen von Präsident:innen und Vizepräsident:innen bei den Höchstgerichten ein Vorschlagswesen eingeführt werden könne, in Form eines besonderen Personalsenats, dessen Vorschläge in der Regel gefolgt werde. Dieses System werde zusätzlich dadurch abgesichert, dass auf einfachgesetzlicher Grundlage eine Verpflichtung der Justizministerin bestehe, wenn diese vom Vorschlag abweichen möchte, dies an den Personalsenat zurückzuleiten und zu begründen. Das ändere nichts am Ernennungsrecht der Exekutive, aber es wäre die maßgebliche Beteiligung der Justiz vorgezeichnet, wie es der EU-Rechtsstaatlichkeitsbericht fordere. Der Rechtsstaatlichkeitsbericht kritisiere darüber hinaus eine mangelnde gerichtliche Überprüfung der Ernennungen an sich.

Unabhängig von der Frage, wer eine:n Richter:in ernannt hat und ob jene, die sie einmal ernannt haben, nach wie vor an der Macht sind, sollen Richter:innen gesetzestreu den Volkswillen vollziehen, der im Gesetz den Niederschlag gefunden hat. „Das ist Kontinuität einer gesetzestreuen Vollziehung in von der Politik unabhängigen Weise“, führt Thoma weiter aus. Als Richter:in im Amt habe man den Gesetzesauftrag zu erfüllen. Die Verantwortung sei für Richter:innen sehr wichtig und seien sie für die Entscheidungen verantwortlich. Die Gesinnung dürfe nicht mit der Ausübung des Richteramts vermengt werden.

Bereits Hans Kelsen habe gefordert, dass die Bestellung von Höchstrichtern nicht durch persönliche Wertvorstellungen, sondern durch ein System von objektiven Normen und Regeln bestimmt werden soll. Er habe davor gewarnt, im Justizbereich Gesinnung vor Verantwortung zu stellen.

Durch das Regierungsprogramm, das in einem eigenen Abschnitt die „transparente Personalauswahl“ aufgenommen habe, ändere sich nichts an dem Proporzsystem an sich, es werde lediglich offengelegt, einzig darin liege die Fortentwicklung.

Hier geht es zum Interview in anwalt.aktuell

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