Neuregelung des Disziplinarverfahrens erforderlich – VRV macht einen Vorschlag

Aufgrund der Stellungnahme des Konsultativrates der Europäischen Richter:innen, Opinion CCJE-BU(2025)3 vom 15.10.2025, ist eine Neuregelung der Disziplinarverfahren bei allen Verwaltungsgerichten erforderlich, will man europäischen Standards gerecht werden und systemische Mängel beheben. Die VRV hat für die Landesverwaltungsgerichte erarbeitet, welche konkreten Änderungen im Disziplinarverfahren sowohl im Verfahrensrecht als auch im materiellen Recht dringend vorzunehmen wären. Dabei ist ein wesentlicher Punkt die Weisungsfreistellung aller Präsident:innen der Verwaltungsgerichte.

Verfahrensrechtliche Änderungen

Die VRV sieht es darüber hinaus bei der Neuregelung des Disziplinarverfahrens als erforderlich an, dass jede Beschwerde, die einen begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung enthält, sofort an den Disziplinarsenat zu übermitteln ist und der/die betroffene Richter:in umgehend davon zu informieren ist. Der aus Berufsrichter:innen bestehende Disziplinarsenat führt ev. unter Einsatz eines weisungsfreien von den Richter:innen gewählten Untersuchungskommissärs sowohl das Vorverfahren als auch das Disziplinarverfahren. Die in Art. 6 EMRK verankerten allgemeinen Verfahrensgarantien sind dabei zu beachten. Es sind kurze Fristen für die Durchführung und den Abschluss des Verfahrens vorzusehen und Verjährungsregelungen festzuschreiben.

Der/die Disziplinaranwalt/-anwältin

Der/die von der Vollversammlung gewählte Disziplinaranwalt/-anwältin ist weisungsfrei zu stellen, darf nicht von der Exekutive ernannt werden und soll aus der Gerichtsbarkeit kommen.

Materiellrechtliche Regelungen

Weiters müssen klare Regelungen geschaffen werden, welche konkreten Dienstpflichtverletzungen zu welcher Disziplinarstrafe führen können. Dabei darf nur vorsätzliches Handeln disziplinäre Folgen haben. Systemische Arbeitsüberlastung des Gerichts, die zur Nichteinhaltung von Fristen führt, kann niemals ein Grund für ein Disziplinarverfahren sein.

Bedeutung der erforderlichen Reformschritte

Eine resiliente Verwaltungsgerichtsbarkeit bedingt auch unter Krisen- und Belastungssituationen handlungsfähig zu bleiben, Verfahren fair und effizient durchzuführen und nachhaltig zur Sicherung des Rechtsstaates beizutragen. Die Richter:innen müssen unabhängig die Entscheidungen der belangten Behörde, die häufig auch Dienstbehörde ist, überprüfen können, ohne dass auch nur ein Anschein einer möglichen Einflussnahme besteht. Ein wirksames Disziplinarrecht muss so ausgestaltet sein, dass es keinen „chilling effect“ (Abschreckungseffekt aus Furcht vor negativen Konsequenzen) auslöst.

Um diesen Anforderungen unter allen Umständen gerecht werden zu können, ist die sofortige Umsetzung der geforderten Reformschritte dringend geboten. 

Hier geht es zum Vorschlag der VRV ….

Siehe auch:

Stellungnahme des Dachverbandes der Verwaltungsrichter:innen zur Opinion des CCJE zum Disziplinarverfahren

Reformbedarf bei den Organisationsgesetzen der Verwaltungsgerichte – Teil 1

Reformbedarf bei den Organisationsgesetzen der Verwaltungsgerichte – Teil 2

Systemische Mängel beim Disziplinarverfahren gegen Richter:innen des VGW

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