Neues Regierungsprogramm legt Postenbesetzungen offen und will die Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit „weiter stärken“

Seit der Veröffentlichung des Regierungsprogramms ist klar, wie die neue Regierung mit den (nach)zubesetzenden Spitzenposten umgehen wird. Dabei wird auf Transparenz gesetzt, indem offengelegt wird, welches Regierungsmitglied und damit welche Partei das Nominierungsrecht für welchen Posten hat. Die lange Forderung nach der Einführung von objektiven Bestellungsverfahren in der Verwaltungsgerichtsbarkeit z.B. nach dem Vorbild des Besetzungsverfahren beim Obersten Gerichtshof, ist danach nach wie vor nicht geplant; vielmehr scheinen sich drei Regierungsparteien nun die Nominierungen für die Nachbesetzungen aufzuteilen. Wie im Rechtstaatlichkeitsbericht seit Jahren angeführt wird, müssten jedoch konkrete gesetzliche Schritte zu transparenten Besetzungsverfahren und gerichtlicher Überprüfbarkeit vorgesehen werden, was offensichtlich auch die neue Regierung nicht andenkt. Auch eine Blockade wie zuletzt bei der Besetzung der Leitungsposition des Bundesverwaltungsgerichts oder auch die lange Vakanz der Leitungsposition des Bundesfinanzgerichts könnte unter diesen Umständen bei den Bestellungen erneut eintreten.

So darf nach dem Regierungsprogramm der Vizekanzler (SPÖ) eine Nachfolge für den pensionierten Verfassungsrichter Helmut Hörtenhuber vorschlagen. Meinl-Reisinger wird als ranghöchstes Regierungsmitglied der NEOS das Nominierungsrecht für die Nachfolge von Verfassungsrichterin Claudia Kahr eingeräumt, die Ende April zurücktreten wird. Für die eventuellen dritt- und viertnächsten ausscheidenden Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes nominiert der Bundeskanzler (ÖVP) eine Nachfolge.

Das Vorschlagsrecht für die Nachfolge des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Rudolf Thienel, der ebenso dieses Jahr seinen Ruhestand antreten wird, liegt beim Bundeskanzler (ÖVP) und für die Vizepräsidentin Anna Sporrer wird der Vizekanzler (SPÖ) die Nachfolge vorschlagen.

Das Vorschlagsrecht für die Richter am Europäischen Gericht liegt beim Bundeskanzler und beim Vizekanzler im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates. Das Vorschlagsrecht für den Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof liegt beim Vizekanzler im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss. Dagegen wird bereits jetzt im Regierungsprogramm der derzeitige EU-Kommissar für die nächste EU-Kommission erneut vereinbart, anderenfalls das Vorschlagsrecht für die Nachfolge beim Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss liegt.

Das Vorschlagsrecht für die Nachfolge des Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Michael Sachs, der voraussichtlich im nächsten Jahr in Pension gehen wird, hat nach dem Regierungsprogramm der Bundeskanzler, für die Nachfolge der Vizepräsidentin des Bundesfinanzgerichts Andrea Müller-Dobler, deren Pensionierung in zwei Jahren ansteht, der Vizekanzler. 

In Bezug auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist dem Regierungsprogramm zu entnehmen, dass die Unabhängigkeit weiter gestärkt werden und eine Gesamtevaluierung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgen soll. Es sollen verfahrensbeschleunigende Maßnahmen gesetzt werden und die Ressourcen von Gerichten erhöht werden. Die Ressourcenausstattung des Bundesverwaltungsgerichtes soll mit dem Ziel der Beschleunigung der Verfahren gewährleistet sein. Es soll eine verfassungsrechtliche Grundlage geschaffen werden, damit Amtssachverständige auch in anderen Bundesländern tätig werden können. 

In der Verwaltung soll verstärkt KI eingesetzt und das Vertrauen der Bevölkerung in die Verwaltung gestärkt werden. Die Verfahren sollen beschleunigt und gleichzeitig die Qualität verbessert werde. Es soll ein zentrales Verwaltungsstrafregister geben.

Es wird die Prüfung der Einführung einer Amtsbeschwerde und Überprüfung der Amtsrevisionsbefugnisse mit dem Ziel der Erarbeitung konkreter Reformvorschläge vorgesehen.

Hier geht es zum Regierungsprogramm …

Hier geht es zum Rechtsstaatlichkeitsbericht …

Siehe auch: Allein der Verzicht auf Sideletter macht Ernennungsverfahren nicht transparenter

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