Der Entwurf des Steiermärkischen Objektivierungsgesetzes (StObjG) bezieht sich auch auf die Bestellung von Präsident:in und Vizepräsident:in des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark und sieht ua. eine nicht-richterliche Begutachtungskommission sowie eine Befristung der Bestellung für einen Zeitraum von drei Jahren vor. Diese Vorgaben widersprechen nicht nur Europäischen Standards sondern auch dem B-VG.
Der Dachverband der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter gibt zum og. Entwurf folgende Stellungnahme ab:
Entgegen dem Vorblatt des Entwurfes dient dieser sehr wohl der Umsetzung des Rechts der Europäischen Union, aber auch der Europäischen Menschenrechtskonvention: Wie sowohl die jährlich veröffentlichten Rechtsstaatlichkeitsberichte der Europäischen Kommission als auch die laufenden Evaluierungsberichte von GRECO (Group of States against Corruption) verdeutlichen (vgl. zuletzt den Zweiten Umsetzungsbericht der Vierten Evaluierungsrunde über Österreich, angenommen von GRECO in der 94. Vollversammlung im Juni 2023, GrecoRC4(2023)11), harrt aus Europäischer Sicht die Objektivierung der Ernennungsverfahren der Präsident:innen und Vizepräsident:innen der Verwaltungsgerichte nach wie vor einer Umsetzung.
Das Objektivierungsgesetz soll seinem § 2 zufolge auch auf die „Bestellung“ von Präsident:in und Vizepräsident:in des Landesverwaltungsgerichtes anwendbar sein.
Die Zusammensetzung der in § 6 vorgesehenen Begutachtungskommission würde allerdings mangels Beteiligung von Richter:innen nicht den eingangs genannten Europäischen Standards entsprechen.
Weiters sieht § 8 des Entwurfes eine erstmalig befristete „Bestellung“ auch für die Leitungsfunktionen von Präsident:in und Vizepräsident:in des Landesverwaltungsgerichtes vor.
Gemäß Art. 134 Abs. 1 B‑VG bestehen die Verwaltungsgerichte aus je einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und der erforderlichen Zahl von sonstigen Mitgliedern. Nach Abs. 2 werden die Mitglieder, sohin auch Präsident:in und Vizepräsident:in, ernannt (und nicht nur – auf Zeit – bestellt).
Im Übrigen sind nach Art. 134 Abs. 7 B‑VG die Mitglieder der Verwaltungsgerichte – sohin auch Präsident:in und Vizepräsident:in – Richter im Sinne der Bundesverfassung mit allen Garantien (des Art. 87 Abs. 1 und 2 sowie) des Art. 88 Abs. 1 und 2 B‑VG: eine Amtsentsetzung oder Versetzung auf eine andere Stelle wider deren Willen, wozu auch der Entzug einer Leitungsfunktion zählen würde, bedarf eines förmlichen richterlichen Erkenntnisses.
Der Entwurf widerspricht daher auch der Bundesverfassung.
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Siehe auch: Leitungsfunktionen am LVwG Steiermark sollen zukünftig befristet werden?