Europäische Verwaltungsrichter:innen-Vereinigung – AEAJ (1): Neuer Vorstand gewählt – Beitritt der polnischen Vereinigung der Verwaltungsrichter:innen (OSSA)

© Rasa Ragulskytė-Markovienė: Neuer Vorstand AEAJ:
Ralf Höhne, Eugenia Papdopoulou, Sylvain Mérenne, Camille Vinet, David Rabenschlag, Indre Zvaigzdiniene, Eva Wendler (von links)

Bei der Generalversammlung der Vereinigung Europäischer Verwaltungsrichter:innen (AEAJ) am 12.05.2023 am Oberverwaltungsgericht Versailles übergab Edith Zeller (Verwaltungsgericht Wien) nach neunjähriger Tätigkeit als Präsidentin der Vereinigung an den neu gewählten Präsidenten Sylvain Mérenne, Richter am Oberverwaltungsgericht Marseille. Eva Wendler (Bundesverwaltungsgericht) wurde neben Eugenia Papadopoulou (Oberverwaltungsgericht Thessaloniki), David Rabenschlag (Verwaltungsgericht Berlin), Indre Zvaigzdiniene (Verwaltungsgericht Vilnius) neue Vizepräsidentin der Vereinigung.

Die AEAJ hat in den letzten Jahren bereits durch verschiedene Aktivitäten die Richterkolleg:innen in Polen bei ihren Bemühungen zur Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit der Justiz unterstützt. Eine ganz besondere Freude ist es daher, dass nun die polnische Verwaltungsrichter:innen-Vereinigung OSSA der AEAJ beigetreten ist.

Meinungsfreiheit für Richter:innen nicht selbstverständlich 

Vor der Generalversammlung hielt die AEAJ-Arbeitsgruppe „Independence and Efficiency“ ihre jährliche Konferenz ab. Dabei wurde neben dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht Paris auch der Conseil d’Etat besucht. Im Rahmen der Arbeitsgruppe konnten mit Raffaele Sabato, Richter am EGMR, Nina Poltorak, Richterin am Europäischen Gericht I. Instanz, und Anke Eilers, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Köln und Präsidentin des CCJE, hochkarätige Vortragende zum Thema „Freedom of Expression of Judges“ begrüßt werden.

An der Generalversammlung und dem Arbeitsgruppentreffen nahmen rund 70 Verwaltungsrichter:innen aus ganz Europa teil, erstmals auch eine große Delegation der „American Bar Association“, in der auch die Verwaltungsrichter:innen organisiert sind. Die Berichte der Kolleg:innen aus den U.S.A. zeigten einmal mehr, wie ähnlich die Probleme sind, denen sich die Justiz als 3. Säule der Gewaltenteilung global stellen muss. Während der Präsident der französischen Vereinigung betonte, dass für Richter:innen selbstverständlich auch die Möglichkeit bestehen muss, berechtigte Anliegen selbst mit Mitteln des Streiks durchzusetzen, schilderte die Präsidentin der „National Association of Immigration Judges“, dass in den USA jede Meinungsäußerung zur Arbeitssituation, privat oder in der Öffentlichkeit, nur erfolgen dürfe, wenn davor eine Bewilligung erteilt wurde, welche alles andere als einfach zu erlangen ist. Auch von einer enormen Arbeitsbelastung bei Fehlen von Ressourcen und entsprechender technischer Ausstattung der mit Migration beschäftigten Richter:innen wurde berichtet, so sind derzeit pro Richter:in ca. 3.500 Verfahren anhängig.

Meinungsfreiheit und richterliche Ethik

Bemerkenswert waren auch andere von Kolleg:innen präsentierte Fälle über disziplinäre Maßnahmen gegen Richter:innen wegen in der Öffentlichkeit erfolgter Äußerungen, welche bis zur Entlassung reichten. Die beispielsweise aus Spanien und Deutschland vorgestellten Fälle – welche noch nicht rechtskräftig entschieden sind – führten zu intensiven Diskussionen über die Zulässigkeit politischer Meinungsäußerungen durch Richter:innen bzw. zur Frage, ob diese auch politische Mandate annehmen und dann wieder in ihren Beruf zurückkehren können. Letztlich wurde in der Diskussion klar, wenn auch keineswegs abschließend beurteilt, dass es dabei um zentrale Fragen der richterlichen Integrität geht. Oder wie es eine Kollegin aus den U.S.A. plastisch formulierte, ob Richter:innen nicht immer so etwas wie eine „invisible robe“ tragen. 

Die Kooperation der AEAJ mit den US-amerikanischen Kolleg:innen soll jedenfalls fortgesetzt werden, eine Einladung für die nächste Generalversammlung der American-Bar-Association in Denver ist bereits erfolgt.

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