Dachverband der Verwaltungsrichter sieht dringenden Handlungsbedarf für Verfassungs- und  Organisationsgesetzgeber

Der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) hat in einem Schreiben die Parlamentsparteien auf das Gutachten des Europarates (CCJE) vom 28. März 2019 zur Organisation des Verwaltungsgerichtes Wien hingewiesen.

Nach Auffassung des Dachverbandes machen es die Feststellungen des Expertenrats erforderlich, die strukturelle Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte in Österreich einer genauen Prüfung zu unterziehen mit dem Ziel, die erforderlichen Anpassungen an die europäischen Standards vorzunehmen.  Für den Verfassungs- und die Organisationsgesetzgeber bestehe daher dringender Handlungsbedarf.

Dieser betreffe insbesondere folgende Bereiche:

  • Rechtssprechungserfahrung als Ernennungsvoraussetzung für die Bestellung zur Präsidentin/zum Präsidenten eines Verwaltungsgerichts
  • Angleichung des Bestellungsverfahren für Präsidentinnen/Präsidenten der Verwaltungsgerichte an jenes der Richterinnen und Richter
  • Schaffung eines Beratungsgremiums zur Einbeziehung der Richterinnen und Richter bei wesentlichen Änderungen der Gerichtsorganisation
  • Einrichtung eines formalen Verfahrens oder einer zuständiger Behörden für Richterinnen und Richter, die der Ansicht sind, dass ihre Unabhängigkeit bedroht ist
  • Gesetzliche Verankerung der Weisungsfreiheit der Gerichtspräsidentinnen/ Gerichtspräsidenten in Justizverwaltungssachen
  • Einrichtung eines umfassend zuständigen Justizrates oder eines vergleichbaren Organs zur Sicherung der Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte und der einzelnen Richter sowie zur Förderung des reibungslosen Funktionierens der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich.

EU-Kommission weist auf Einhaltung rechtstaatlicher Standards hin

 

Erst vor wenigen Tagen hatte die EU-Kommission in ihrer Pressemitteilung vom 3. April 2019 darauf hingewiesen, dass  die Rechtsstaatlichkeitsstandards der EU und ihre einschlägigen Gerichtsurteile auf nationaler Ebene nicht immer hinlänglich bekannt sind. Die Einhaltung dieser Standards ist nach Auffassung der Kommission aber von wesentlicher Bedeutung um sicherzustellen, dass mitgliedstaatliche Richter, die ja zugleich auch „EU-Richter“ sind, ihrer Aufgabe nachkommen können.

Zur Bedeutung der Kriterien des Europarates hat der EuGH in der Rechtssache C 64/16 vom 27. Februar 2018 u.a. folgendes ausgeführt: „Der Begriff der Unabhängigkeit setzt … voraus, dass die betreffende Einrichtung ihre richterlichen Funktionen in völliger Autonomie ausübt, ohne mit irgendeiner Stelle hierarchisch verbunden oder ihr untergeordnet zu sein und ohne von irgendeiner Stelle Anordnungen oder Anweisungen zu erhalten, und dass sie auf diese Weise vor Interventionen oder Druck von außen geschützt ist, die die Unabhängigkeit des Urteils ihrer Mitglieder gefährden und deren Entscheidungen beeinflussen könnten…“ (RNr 44)

Siehe dazu auch:

GRECO – EVALUIERUNGSBERICHT FÜR  ÖSTERREICH

 

 

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