Zu dem am 22. November 2012 zu diesem Thema veröffentlichten Beitrag ersucht Christian Ranacher, Leiter des Verfassungsdienstes Tirol, um folgende Ergänzung bzw. Richtigstellung:
Dem B-VG ist ein ‚einheitliches Richterbild‘, verstanden als bundesverfassungsgesetzlich bis in Einzelheiten vorgegebene Einheitlichkeit der (dienst)rechtlichen Stellung von Justizrichtern einerseits und von Verwaltungsrichtern andererseits (mit der Konsequenz entsprechender inhaltlicher Bindungen für den einfachen Organisations- und Dienstrechtsgesetzgeber), nicht zu entnehmen. Diesbezüglich habe ich mich insbesondere auch den Argumenten von Dr. Segalla, meinem Vorredner, angeschlossen.
Als verfassungsrechtlicher Rahmen der Organisations- und Dienstrechtsgesetzgebung sind daher allein die grundsätzlichen bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben über die Stellung der Verwaltungsrichter, ihre richterliche Unabhängigkeit und die Grundlagen für die Organisation der Verwaltungsgerichte, insbesondere der Justizverwaltung, maßgeblich. Diese garantieren aufgrund ihrer gegenüber den bundesverfassungsgesetzlichen Grundlagen für die ordentliche Gerichtsbarkeit vergleichsweise hohen Regelungsdichte ohnehin schon die Einheitlichkeit der Gerichtsorganisation und der (dienst)rechtlichen Stellung der Verwaltungsrichter im Grundsätzlichen. Eine darüber hinausgehende Homogenität, etwa mit den einfachgesetzlichen organisatorischen und dienstrechtlichen Regelungen im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit, lässt sich dem B-VG jedoch nicht entnehmen.
Dies folgt aus Perspektive der Länder insbesondere auch daraus, dass Art 21 B-VG deren Dienstrechtskompetenz in Bezug auf die Regelung des Dienstrechts der Landesverwaltungsrichter inhaltlich nicht beschränkt. Zudem ist aus dem Wortlaut des Art 134 Abs 7 B-VG erkennbar, dass das B-VG den Ländern als Dienstrechtsgesetzgeber sogar keinerlei Vorgaben in Bezug auf die Rechtsnatur des Dienstverhältnisses der Verwaltungsrichter macht. Dies erschließt sich aus der parallelen Verwendung der Wendungen: ‚in den dauernden Ruhestand treten‘, was erkennbar auf ein beamtetes Dienstverhältnis abstellt, und ‚Enden des Dienstverhältnisses‘, was sich daneben und der Bedeutung nach nur auf ein privatrechtliches Dienstverhältnis beziehen kann, da das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis durch Ausscheiden aus dem Aktivstand ja gerade nicht endet.
Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich dazu – entgegen des Eindrucks, der am Beginn und am Schluss des Berichts erweckt wird – nichts. Auf diese Rechtsprechung, konkret auf das rezente Urteil des EuGH in der Rs C-614/10 betreffend die Datenschutzkommission, bin ich auch in ganz anderem Zusammenhang eingegangen, indem ich der Frage nachgegangen bin, ob dieses Urteil auf Art 47 GRC zu übertragen ist und sich daraus allenfalls ein unionsrechtliches Problem hinsichtlich der bundesverfassungsgesetzlichen Zuweisung der Diensthoheit über die bei den Verwaltungsgerichten erster Instanz Bediensteten an die obersten Organe des Bundes und der Länder durch Art 21 Abs 3 B-VG in Verbindung mit Art 134 Abs 8 und Art 147 Abs 8 B-VG ergeben könnte. Ich habe dies dann schließlich unter Hinweis darauf, dass dieses Urteil allein die Auslegung der Datenschutz-RL, konkret die in dieser RL aufgestellten Anforderungen an eine mitgliedstaatliche Kontrollstelle, die – wie auch der Gerichtshof selbst hervorhebt – von den unionsrechtlichen Anforderungen an ein Gericht nach Art 267 AEUV zu unterscheiden sind (Art 47 GRC wird im Urteil nicht einmal erwähnt), betrifft, verneint.
Den Begriff des ‚föderalen Wettbewerbs‘ habe ich dann erst in meiner Stellungnahme im Rahmen der Diskussion verwendet, und zwar eigentlich hinsichtlich der Ausgestaltung der Justizverwaltung im Zusammenhang mit dem – auch im Vortrag aus verfassungsrechtlicher Sicht näher behandelten – oberösterreichischen Beispiel der sonst in keinem anderen Organisationsgesetz zu findenden Weisungsfreistellung des Präsidenten in der monokratischen Justizverwaltung.
Christian Ranacher legt Wert auf die Feststellung, dass seine Ausführungen ausschließlich seine persönliche Auffassung wiedergeben und nicht den Standpunkt der Länder.