
Das heutigen Ö1 Morgen- und Mittagsjournal widmete sich ausführlich der im Regierungsprogramm offengelegten Aufteilung des Vorschlagsrechtes unter bestimmten Politikern (und Parteien) für Nachbesetzungen von Spitzenposten. So ist diesem Regierungsprogramm zwar transparent zu entnehmen, dass das Vorschlagsrecht für den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs beim Bundeskanzler und für den Vizepräsidenten beim Vizekanzler liegt. Es gibt also keine geheimen Sideletter mehr, die politische Postenbesetzungen regeln, sondern wird dies nunmehr im Regierungsprogramm selbst offengelegt. Diese „Offenlegung“ von politischen Besetzungen alleine löse die Probleme jedoch nicht, was vom Dachverband der Verwaltungsrichter:innen erneut und seit langem kritisiert wird.
Markus Thoma, Präsident des Dachverband der Verwaltungsrichter:innen führt dazu aus: „ Im Sinne eines gewaltenteilenden Rechtstaates wäre es wünschenswert, wenn die Gerichtsbarkeit von Einflüssen aus der Politik – aus der politischen Exekutive – ferngehalten wird und herausgelöst wird.“
Der Fortschritt zu den vormals gegebenen geheimen Sidelettern liege lediglich darin, dass man das System der Aufteilung offenlege, ohne aber an den wesentlichen Kritikpunkten etwas zu ändern. „Es gibt nach wie vor keine Einbeziehung von richterlichen Gremien im Zuge des Vorschlagswesens und der Auswahl und es gibt nach wie vor keinerlei gerichtliche Überprüfung des Ernennungsaktes,“ betont Thoma.
Die regierenden Parteien begründen die Aufteilung des Vorschlagsrechtes von Spitzenpositionen damit, dass es zu den Wesenselementen demokratischer Staaten zähle, dass staatliches Handeln durch demokratisch legitimierte Organe zu erfolgen habe und damit letztlich auf das Volk zurückführbar sein müsse.
Markus Thoma führt dazu aus, dass demokratische Legitimation auch bedeuten könne, dass man ein unabhängiges System nämlich unabhängig von einzelnen Politikern etabliere. Auch wenn die Auswahlgremien fern von jeglichem parteipolitischen Ansatz sind, sei das Auswahlverfahren an sich demokratisch legitimiert. Zur demokratischen Legitimation brauche man keinen Politiker, der einem die Hand auflege. Schon seit Jahren fordern Richter:innen ordentliche Auswahlverfahren durch ein gewähltes Gremium aus Expert:innen aus der Justiz selbst.
Bettina Knötzl von Transperency International stimmt der Kritik zu, dass es immer noch – trotz der Regelung der Besetzungsvorschlages nunmehr im Regierungsprogramm anstelle der Sideletter – ein großes Minus bei der Ernennung von Spitzenfunktionen wie bei den Präsident:innen von Verwaltungsgerichten gebe. Aus ihrer Sicht sei eine Objektivierung, wie man zu den besten Köpfen komme, erforderlich. Eine von der Parteipolitik unabhängige Gerichtsbarkeit wäre auch im Sinne aller Wähler:innen. „Überall dort, wo richterliche Entscheidungen getroffen werden, wo Gericht im Namen der Behörde steht, sollte kein politischer Einfluss bei der Postenbesetzung gegeben sein,“ fordert sie ausdrücklich.
Es sei nicht notwendig, dass die Auswahl nach Parteibuch erfolgen muss. Wir können trotzdem die besten Köpfe haben. Sie schlägt ein Auswahlverfahren mit Dreiervorschlägen eines gewählten Gremiums aus der Behörde bzw. dem Gericht selbst vor, und erst in weiterer Folge die Auswahl aus diesen Vorschlägen durch das politische Organ. Das könnte wesentlich mehr Objektivität bringen. Es brauche einerseits ganz klare Qualifikationsvoraussetzungen und andererseits Überprüfungsmöglichkeiten. Das derzeitige System zeige ganz klar die Gefahr politischer Einflussnahme bzw. des Postenschacher. Das schade dem internationalen Ansehen von Österreich, was man auch an der Kritik des Europarates, von GRECO und der EU Kommission sehe, die schon lange mehr Objektivität bei diesen Spitzenpositionsbesetzungen einfordern.
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, lasse sich erkennen, dass in anderen Ländern durchwegs Bemühungen erkennbar seien und dort mit unabhängigen Kommissionen gearbeitet werde. Dies sei auch der Grund, warum Österreich Punkte beim Corruption Perseptions Index verliere. International sei es bereits üblich, dass eine Expertenkommission aus den Bewerbern nach der Durchführung eines Hearings den Bestgeeigneten für die jeweilige Führungsposition auswähle. Auf dieser Basis erfolge dann ein Dreiervorschlag. Eine Verpflichtung immer automatisch den Erstgereihten auswählen zu müssen, sehe die Expertin als insgesamt schwer umzusetzen, da dies einem Dreiervorschlag widersprechen würde.
In Österreich sei besonders kritikwürdig, dass Besetzungen verzögert werden, um einen Kandidaten durchzubringen. Durch diese Gegebenheiten sei Österreich enorm unter Kritik gekommen. Es komme noch hinzu, dass Österreich unter dem Generalverdacht der Freunderlwirtschaft stehe, weil traditionell in Österreich starke Netzwerke bestehen. Das schade jedoch unserem Wirtschaftsstandort. Wir sollten eigentlich sehr intensive Bemühungen unternehmen, hier zu objektiven Auswahlkriterien zu kommen und insbesondere die Vorgänge so transparent zu machen, dass für jedermann erkennbar ist, dass nach Qualitätsvoraussetzungen die Entscheidungen getroffen werden und mit einer Überprüfbarkeit hinterher dies sicherstellen. Letzteres sei besonders wichtig.