
Aufgrund seiner vielfältigen Tätigkeit nicht nur als Leiter des Evidenzbüros am Verwaltungsgerichtshof, sondern auch als Mediensprecher hat Senatspräsident Lehofer auch wertvolle Tipps im Umgang mit Medien bereitgestellt. Wenn auch die Pressearbeit/Zutritt für Medien und Sicherheit der Justizverwaltung obliegt, so ist der Umgang mit den Medien im Verhandlungssaal im Rahmen der Sitzungspolizei Aufgabe des Richters/der Richterin.
Wesentlich für eine gute Pressearbeit ist, dass es einen funktionierenden Informationsfluss zwischen dem/der das Verfahren führenden Richter:in und dem/der Pressesprecher:in gibt. Nur durch objektive (pro)aktive Medienarbeit kann Falschmeldungen und Falschinterpretationen zB in sozialen Medien entgegengewirkt werden. Lehofer betont in diesem Zusammenhang, dass den Gerichten die Erklärung der Entscheidungen obliegt, und diese nicht den am Verfahren beteiligten Parteien im Sinne ihrer Sichtweise überlassen werden sollte.
Die Aufgabe des Richters/der Richterin ist die Verfahrensführung, die Pressearbeit und Erklärung der Rechtsprechung ist davon nicht umfasst.
Mitwirkungspflicht
Manchmal hat man als Richter:in den Eindruck, die Behörden verlagern sämtliche Beweiserhebungen auf die Parteien, obwohl das Verwaltungsverfahren vom Grundsatz der Amtswegigkeit getragen ist und das Offizialprinzip gilt. Das Seminar hat dabei klar die Grenzen aufgezeigt und hervorgebracht, dass die Partei nur dort eine Mitwirkungspflicht trifft, wo es auf Umstände ankommt, die in der Sphäre der Partei selbst gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann. Die Verletzung der Obliegenheit zur Mitwirkung bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes enthebt die Behörde und das Verwaltungsgericht nicht von der Verpflichtung, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt überhaupt festzustellen, Parteiengehör zu gewähren oder die Entscheidung ordnungsgemäß zu begründen. Liegen keine anderen Beweisergebnisse zum jeweiligen Beweisthema vor und ist es dem Verwaltungsgericht nicht möglich, sich amtswegig von den relevanten Umständen Kenntnis zu verschaffen, so kann dies auch eine Negativfeststellung zu den im Rahmen der Mitwirkungspflicht von der Partei unter Beweis zu stellenden Umständen rechtfertigen (VwGH 26.03.2021, Ra 2019/03/0128).
Entscheidung
Natürlich darf in keinem Lehofer-Seminar ein Update fehlen, wie man effizient zu einer guten und klar verständlichen Entscheidung kommt. Dabei wurde in den Fokus gerückt, unter welchen Voraussetzungen Teilerkenntnisse möglich oder sogar vorteilhaft sind.
Weiters wurde die spannende Frage erörtert, welche Fehler im Spruch des Straferkenntnisses einer Korrektur zugänglich sind und hervorgestrichen, dass jedes aufhebende Erkenntnis auch die Einstellung des Strafverfahrens zu beinhalten hat, um tatsächlich über die gesamte Sache abzusprechen. Korrigiert werden kann nahezu alles, sofern dem Beschwerdeführer im Zuge des Verfahrens auch die korrigierte Tat zB in der Anzeige rechtzeitig zur Kenntnis gebracht wurde.
Dass der Verfahrensgang – wenn überhaupt – nur sehr kurz und bündig in die Sache einführen soll, wurde ebenso diskutiert und anhand von Beispielen dargelegt, wie die Kernstücke der Entscheidung – die Feststellungen, die Beweiswürdigung und die rechtlichen Erwägungen. Dass Feststellungen im Indikativ zu halten sind, ist hinlänglich bekannt. Dass es in der Praxis aber doch zu Unsicherheiten kommen kann, zeigte das Beispiel der vorläufigen Suspendierung, wo nur der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung zu beurteilen ist. Auch hier sind das Verhalten und die Tatsachen zunächst im Indikativ festzustellen, um dann in weiterer Folge daraus den Verdacht abzuleiten.
Interessant war auch, wann Verweise zulässig sind. Grober Rahmen ist, dass die maßgeblichen Erwägungen aus der Begründung der Entscheidung hinsichtlich der Beschwerdegründe bzw strittigen Fragen hervorgehen müssen. Im Übrigen ist aber ein Verweis auf die Entscheidungsgründe des Bescheides der belangten Behörde zulässig.
Zuletzt wurde die Judikaturdivergenz betreffend die Begründung einer mündlich verkündeten Entscheidung zwischen Verfassungsgerichtshof (VfGH) und Verwaltungsgerichtshof (VwGH) diskutiert. Ist der VfGH der strengen Meinung, dass die schriftliche Ausfertigung Fehler der wesentlichen Begründung der mündlichen Verhandlung nicht beseitigen kann (VfGH 09.06.2020, E 4424/2019; 17.06.2020, E 370/2020), so ist der VwGH der Ansicht, dass eine Heilung der Fehler durch die schriftliche Ausfertigung sehr wohl erfolgen kann (VwGH 23.09.2020, Ra 2019/14/0558).
Abschließend kann resümiert werden, dass dieses Seminar sehr wertvoll und empfehlenswert gerade auch für erfahrene Verwaltungsrichter:innen ist, da im kleinen Rahmen die Möglichkeit besteht, auf Spezialfragen und konkrete Problemstellungen des Verfahrensrechts vor den Verwaltungsgerichten einzugehen. Vom Umgang mit praktischen Fragestellungen in der Verhandlungssituation bis hin zu Feinheiten bei der schriftlichen Ausfertigung gibt es eine große Bandbreite an Erkenntnisgewinnen.