KI im Verwaltungsverfahren

Claudia Wutscher, assoziierte Professorin am Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht der WU Wien und Director des WU Legal Tech Centers, befasst sich mit dem Einsatz von KI im Verwaltungsverfahren. Als Hilfsmittel haben KI-Systeme vielfältige Einsatzmöglichkeiten und seien zum Teil bereits Realität. Dies sei auch verfassungsrechtlich unter gewissen Voraussetzungen gedeckt. Im verwaltungsgerichtlichem Verfahren seien die Grenzen enger, da die Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit zu beachten sei.

Dass Verwaltungsverfahren komplett automatisiert erfolgen könnten, sei derzeit nicht nur aus technischer Sicht bei komplexen Verfahren utopisch, sondern auch verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Denkbar seien großteils automatisierte Verwaltungsverfahren, bei denen die Entscheidung von der Behörde veranlasst werde.

KI könne helfen, zB durch Unterstützung bei der Antragstellung, den Zugang zum Recht zu erweitern und ihn kostengünstiger, inklusiver und effizienter zu gestalten. Es werde auch bei der Behörde ein Nutzungsdruck von KI entstehen, angesichts der erhöhten, durch KI gestützte Antragstellung. KI bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhalts unterstützend einzusetzen, wäre machbar. Internes Behördenwissen könnte schneller zugänglich gemacht werden, wobei hier die Vertraulichkeit und mangelnde Weiterleitung der eingespielten Daten Voraussetzung sei. Auch bei der Beweiswürdigung und der Entscheidung sei es denkbar, die KI – freilich unter Beachtung des Legalitätsprinzips – einzusetzen.

Bei den Beschwerden an Verwaltungsgerichte können ebenso KI-Tools Anwendung finden. Bei der weiteren Verfahrensführung verlange die richterliche Unabhängigkeit, dass jeder Richter die Entscheidung selbst treffe. Beim Einsatz der KI zur Entscheidungsvorbereitung müsse beachtet werden, dass eine Gefahr für die richterliche Unabhängigkeit bestehe, wenn die gesamte Justiz die selbe KI-Unterstützung verwende, die nicht auf die individuellen Anleitungen des entscheidenden Richters eingehe. Zudem könne Art. 22 DSGVO einem mittels KI erstellten Entscheidungsentwurf entgegenstehen.

Hier geht es zum Beitrag in ecolex 2024/512 in Heft 10/2024

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