VfGH hebt in § 8a VwGVG die Einschränkung der Verfahrenshilfe auf

Im Erkenntnis vom 3. Oktober 2024, G 3504/2023-14, bestätigt der Verfassungsgerichtshof seine im Prüfbeschluss geäußerten Bedenken und hebt die Einschränkung der Verfahrenshilfe auf Fälle des Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC auf. Es verstößt gegen die in Art. 130 B-VG zum Ausdruck kommende rechtsstaatliche Garantie effektiven Zuganges zu verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz, die Gewährung von Verfahrenshilfe in verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter allen Umständen auszuschließen, wenn es sich nicht um den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 GRC handelt. Die Aufhebung tritt erst mit Ablauf des 31. März 2026 in Kraft.

Dabei hält der Verfassungsgerichtshof zunächst fest, dass eine Gewährung von Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG nicht in allen Verfahren der Verwaltungsgerichte in Betracht komme, sondern nur im Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 GRC. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch andere verwaltungsgerichtliche Verfahren Verfahrenshilfe erforderlich machen.

Die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC sollen sicherstellen, dass in ihrem Anwendungsbereich dem Einzelnen in einem für einen wirksamen Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz erforderlichen Ausmaß Anspruch auf Verfahrenshilfe zukommen muss. Eine gesetzliche Regelung, die die Gewährung von Verfahrenshilfe in allen Verfahren außerhalb des Anwendungsbereiches von Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC schlechthin ausschließt und damit davon ausgeht, dass die Gewährung von Verfahrenshilfe in derartigen Verfahren keinesfalls erforderlich sein kann, um einen wirksamen Zugang zum verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz sicherzustellen, ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nicht vereinbar, so der VfGH in seiner Begründung.

Im rechtsstaatlichen System des B-VG ist es für den Rechtsschutz des Einzelnen gegenüber der (hoheitlichen) Verwaltung essentiell, dass der Rechtsschutzsuchende im verwaltungsgerichtlichen Verfahren seine Rechte wirksam vertreten kann. Dies folgt auch daraus, dass „den Verwaltungsgerichten eine rechtsstaatliche Filterungsfunktion zukommt und die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes im Instanzenzug seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 nur noch bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung erfolgt“. Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC in Verbindung mit Art. 130 B-VG liegt der allgemeine Grundsatz der Effektivität des gebotenen (verwaltungs-)gerichtlichen Rechtsschutzes zugrunde. Aus diesem folgt auch, dass es zur Gewährleistung eines effektiven Zuganges zum (verwaltungs-)gerichtlichen Rechtsschutz für eine wirksame Vertretung seiner Rechte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Einzelfall erforderlich sein kann, dem Rechtsschutzsuchenden bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen Verfahrenshilfe zu gewähren. Insoweit enthält Art. 130 B-VG als eine Ausformung des rechtsstaatlichen Prinzips zur Gewährleistung (verwaltungs-)gerichtlichen Rechtsschutzes gegen (hoheitliches) Verwaltungshandeln eben auch bestimmte Anforderungen an das verwaltungsgerichtliche Verfahren.

Dem wird die derzeitige Regelung des § 8a Abs. 1 VwGVG nicht gerecht und wurde daher die Wort- und Zeichenfolge „dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist,“ in dieser Bestimmung als verfassungswidrig aufgehoben.

Hier geht es zum Erkenntnis des VfGH G 3504/2024 vom 03.10.2024 ….

Siehe dazu bereits: VfGH prüft Verfassungsmäßigkeit des § 8a VwGVG

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