VfGH prüft Verfassungsmäßigkeit des § 8a VwGVG

Bei der Behandlung einer Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof Bedenken zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung der Verfahrenshilfe in § 8a VwGVG. Mit dem Beschluss vom 12.12.2023, E 119/2023, wurde ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet.

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass der Gesetzgeber die Gewährung von Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG durch den Verweis in dessen Abs. 1 auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC auf Fälle beschränken wollte, die in den jeweiligen Anwendungsbereich dieser Bestimmungen fallen. Er verweist auf seine ständige Judikatur, die aus dem rechtsstaatlichen Prinzip die Forderung nach einem solchen System von Rechtsschutzeinrichtungen ableitet, das gewährleistet, dass rechtswidrige Akte staatlicher Organe beseitigt werden. Daraus folgt unter anderem, dass Rechtsschutzeinrichtungen ihrer Zweckbestimmung nach ein bestimmtes Mindestmaß an faktischer Effizienz für den Rechtsschutzwerber aufweisen müssen. Dieses rechtsstaatliche Gebot eines effektiven Zugangs zu den Verwaltungsgerichten dürfte unabhängig davon bestehen, ob sich um eine Angelegenheit im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK oder des Art. 47 GRC. Die Gewährung von Verfahrenshilfe in allen Verfahren außerhalb des Anwendungsbereiches von Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC könnte nicht schlechthin nie erforderlich und damit ausgeschlossen sein, um einen wirksamen Zugang zum verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz sicherzustellen. Vielmehr kann es auch in anderen als im Anwendungsbereich der genannten Grundrechte erfassten Verfahren Konstellationen geben, in denen es im Einzelfall erforderlich ist, bestimmte Formen der Unterstützung zu ermöglichen.

Der Verfassungsgerichtshof hält es daher vorläufig als mit rechtsstaatlichen Grundsätzen eines effektiven verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nicht für vereinbar, dass § 8a VwGVG die Gewährung von Verfahrenshilfe in verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK oder des Art. 47 GRC fallen, schlechthin ausschließen dürfte. Es wird im Gesetzesprüfungsverfahren auch zu klären sein, ob eine verfassungskonforme Interpretation möglich ist.

Hier geht es zum Beschluss des VfGH vom 12. Dezember 2023, E 119/2023

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