Transparenz in der Straf- und Zivilgerichtsbarkeit – Status Quo und Ausblick

Im Rahmen des Linzer Verwaltungsgerichtstages 2024 am 24.09.2024 wurde von Dr. Helmut Katzmayr, Präsident des OLG Linz, die Transparenz in der Straf- und Zivilgerichtsbarkeit beleuchtet. Neben der Darlegung der Besonderheiten des Öffentlichkeitsgrundsatzes und seiner Bedeutung, zeigte er die Rolle der Volksöffentlichkeit aber auch der Medien auf und stellte die Zukunft der Medienarbeit bei Gericht dar.

Der Vortragende unterscheidet zwischen der dynamischen Öffentlichkeit, als Zeitraum bis zum Zustandekommen der Entscheidung, und der statischen Öffentlichkeit, als Publizität des Ergebnisses des Prozesses (Entscheidung).

Er wies darauf hin, dass die Bedeutung des Öffentlichkeitsgrundsatzes einem Wandel unterliege und  nicht nur die Überwachung der Rechtsprechung in den Vordergrund gestellt werde, sondern das verstärkte Informationsbedürfnis einer breiten Bevölkerung, vor allem bei aufsehenerregenden Strafverfahren.

Aufgrund der Volksöffentlichkeit, als Schlüssel zur Transparenz in zivil- und strafrechtlichen Verfahren, sei die Teilnahme an der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht und die Verkündung der richterlichen Entscheidung ungestört und ohne Nachweis irgendeines rechtlichen Interesses zu gestatten; es sei kein systematischer Ausschluss bestimmter Teile der Bevölkerung zulässig („Demokratieprinzip“). Auch die Justizverwaltung habe daher Maßnahmen zu setzen, um die Volksöffentlichkeit zu gewährleisten. Jeglicher, nicht gesetzlich gerechtfertigter Ausschluss der Öffentlichkeit sei mit der Nichtigkeit des Verfahrens sanktioniert.

Das Verfahren selbst müsse nur parteiöffentlich sein, doch werde mit „Litigation-PR“ von Betroffenen gezielt Informationen im Interesse der Verteidigung veröffentlicht, um in ihrem Sinn „Stimmung zu machen“.

Auch wenn die öffentliche Urteilsverkündung im Strafrecht verpflichtend sei und dies auch grundsätzlich in Zivilverfahren vorgesehen werde, wenn dies möglich sei, so bleibe die Urteilsverkündung im Zivilverfahren die Ausnahme. Durch §§ 15 und 15a OGHG werde die unbeschränkte öffentliche Bekanntmachung der Entscheidungen des OGH und ihre Zugänglichkeit sichergestellt. Dagegen sei die Veröffentlichung von rechtskräftigen Entscheidungen der OLG, LG und BG gemäß § 48a GOG nur vorgesehen, wenn die Veröffentlichungen von allgemeinen, über den Einzelfall hinausgehenden Interesse und die für die Veröffentlichung notwendigen Ressourcen vorhanden seien. Mit dem Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2024 (349/ME) sei die Ausweitung der Veröffentlichungspflicht auf Entscheidungen der OLG in § 48a GOG geplant gewesen, jedoch nicht beschlossen worden. Dazu sei kritisiert worden, dass der tatsächlich entstehende Mehraufwand in der wirkungsorientierten Folgenabschätzung nur unzureichend abgebildet worden sei.

Transparenz und Informationsfreiheitsgesetz (IFG)

Nach § 1 und § 4 Abs 1 IFG seien neben der Justizverwaltung auch die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit dazu verpflichtet, Informationen von allgemeinem Interesse von sich aus, also proaktiv jedem/r zugänglich zu machen, soweit und solange diese Informationen nicht der Geheimhaltung unterliegen.

Dazu zähle § 2 IFG jede amtliche Aufzeichnung als Informationen von allgemeinem Interesse, erwähne jedoch Urteile nicht explizit. Das IFG sei jedoch nicht anzuwenden, soweit gesetzlich besondere Informationszugangsregelungen bestehen oder besondere öffentliche elektronische Register eingerichtet seien. Dazu zähle möglicherweise das Rechtsinformationssystem – RIS.

Medienstelle und Mediensprecher:in

Der Vortragende weist darauf hin, dass beim Präsidium der OLG und beim GH I. Instanz sowie bei den Vorsteher:innen der BG mit mindestens 10 systemisierten Richterplanstellen je eine Medienstelle einzurichten sei. Der/Die Leiter:in bestelle den/die Mediensprecher:in. Als Mediensprecher:innen sollen dafür geeignete und interessierte Richter:innen, Staatsanwält:innen und leitende Strafvollzugsbedienstete herabgezogen werden. Im OLG-Sprengel seien als Mediensprecher:innen insgesamt 0,5 VZK und pro Medienstelle 0,1 VZK vorgesehen.

Als Pilotprojekt sei eine Medienkompetenzstelle für die weitere Medienarbeit der Dienststelle durch Unterstützung von Medienexpert:innen eingeführt worden. Dabei erfolge eine aktive Medienbeobachtung für die Dienststelle und Themenmonitoring, Analyse der Ergebnisse und Ausarbeitung von Vorschlägen für allfällige Reaktionen. Es werde nicht nur aktiv bei der Kommunikation (Pressemitteilungen, Statements für TV und Radio) unterstützt, sondern auch bei größeren medialen Ereignissen Pressekonferenzen, Verhandlungen und Mediengesprächen Unterstützung geboten. Gleichermaßen werde Krisenkommunikation angeboten und durchgeführt. Es erfolge Coaching für die Personen der Medienstelle.  Zur Vorbereitung auf Anfragen bei medienträchtigen Verfahren werde ein aktiver Kontakt als Ansprechstelle bei der eigenen Dienststelle gegebenenfalls eingerichtet. Für diese medienträchtigen Verfahren werde den Richter:innen und Staatsanwält:innen Medienkompetenz vermittelt. Nicht zuletzt werden mit diesen Experten Medienstrategien für die einzelnen Dienststellen entwickelt und umgesetzt und regelmäßiger Kontakt zu relevanten Stakeholdern (z.B. Sprecher:innen der LPD und Behörden etc.) eingerichtet.

Als Fazit sah der Vortragende Verbesserungsbedarf bei den Veröffentlichungen von Zivilurteilen. Es gäbe deutliche Akzente, die Medienarbeit aktiver zu gestalten, insbesondere sollten die Medien in die Gerichtsbeobachtungen stärker einbezogen werden. Dabei müsse eine seriöse Gerichtsberichterstattung sicherstellt werden und dürfe nicht der Verhandlungssaal zu einem Übertragungsort für Medien gestaltet werden.

Siehe dazu auch den Medienerlass 2016 …

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