Statement zur Situation der Gerichtsbarkeit in der Türkei

Die Plattform für eine unabhängige Justiz, bestehend aus den vier europäischen Richterorganisationen AEAJ, EAJ, MEDEL und Judges4Judges, beobachtet die Entwicklungen im türkischen Rechtssystem seit mehr als zehn Jahren sehr genau und legt in einer gemeinsamen Stellungnahme dar, dass die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei seit 2016 auf mehreren Ebenen einen dramatischen Einbruch erlitten habe.

Zahlreiche Aufforderungen europäischer und internationaler Institutionen seien leider unbeantwortet geblieben, und seien keine nennenswerten Schritte unternommen worden, um die Unterdrückungsmaßnahmen und die Defizite in der Rechtsstaatlichkeit zu beheben. In der Stellungnahme wird daran erinnert, dass

  • mehr als 4.500 türkische RichterInnen und StaatsanwältInnen entlassen und etwa 2.450 von ihnen inhaftiert worden seien
  • viele KollegInnen seien immer noch unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert
  • die beiden Träger des Vaclav-Havel-Menschenrechtspreises sich noch immer in Haft befinden
  • keine Gesetzesänderungen betreffend die Grundrechte verabschiedet worden seien, um die verbleibenden Elemente der Notstandsgesetze von 2016 zu beschneiden
  • die Umsetzung verschiedener Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) verweigert worden seien
  • die türkische Justiz nicht in der Lage sei, Recht zu sprechen und wirksame Rechtsmittel einzulegen, und es mangle ihr eindeutig an Unabhängigkeit.

Diese Umstände spiegeln sich auch im Rechtsstaatlichkeitsindex 2023 wider, in dem die Türkei derzeit auf Platz 117 von 142 Ländern stehe. All diese Faktoren zeigen eine klare Missachtung der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Werte. Die Plattform habe wiederholt darauf hingewiesen, dass die türkische Justiz politisch vereinnahmt worden sei und es ihr an Unabhängigkeit mangle.

Die Plattform für eine unabhängige Justiz ergreife daher die Gelegenheit zu betonen, dass diese schwerwiegenden Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit nicht toleriert werden können, da die Türkei Mitglied des Europarats und Beitrittskandidat zur EU sei und fordert Maßnahmen ein, um diesen Missständen entgegenzuwirken bzw. diese zu beseitigen.

Hier geht es zur Stellungnahme …

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