Möglichkeiten des Dienstgebers zum Schutz von Richter:innen und des Gerichtes durch das Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz (1)

Mit dem Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz (HiNBG) wurde auch ein weiterer Schutz für Dienstnehmer durch ihre Dienstgeber geschaffen. Gemäß § 20 Abs. 2 ABGB wird eine Aktivlegitimation der Dienstgeber und damit eine vom betroffenen Dienstnehmer unabhängige Abhilfe geschaffen. Damit sollen Situationen erfasst werden, in denen ein Dienstnehmer aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit Hasspostings ausgesetzt wird, die letztlich bewirken, dass die Tätigkeit erschwert und damit die wirtschaftliche Sphäre oder das Ansehen des Dienstgebers beeinträchtigt wird. Die Zustimmung der betroffenen Person ist nicht erforderlich; der Dienstgeber kann von sich aus tätig werden.

Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage halten dazu fest, dass „[d]ieses Phänomen […] in jüngerer Zeit beobachtbar, etwa wenn gegen Rechtsprechungsorgane wegen unliebsamer Rechtsprechung gehetzt wird, sodass diese in die Befangenheit getrieben werden, was wiederum den Gang der Rechtsprechung insgesamt beeinträchtigen und sogar blockieren kann. Auch die ‚Vorführung‘ eines Polizeiorgans mit dem Ziel, die Staatsgewalt ‚herunterzumachen‘ (und damit auch deren Arbeit zu erschweren), war bereits Gegenstand von Gerichtsverfahren (6 Ob 6/19d).“

Praktische Anwendungsfälle für diese Bestimmung können auch bei Journalisten auftreten, deren Persönlichkeitsrechte systematisch verletzt werden. Journalisten sollen nicht an Recherchen in einem gesellschaftlich emotionalisierten Thema Zielscheibe von Hassattacken werden, andernfalls könnte das deren Bereitschaft beeinträchtigen, in diesem Umfeld überhaupt zu recherchieren oder die Ergebnisse zu veröffentlichen. „Das beeinträchtigt die Fähigkeit des Medieninhabers, über ein Thema zu berichten und letztendlich auch die Meinungsäußerungsfreiheit“, so die Erläuternden Bemerkungen.

Kommt der Dienstgeber somit zu dem Schluss, dass die Verletzung der Persönlichkeitsrechte seines Dienstnehmers dazu geeignet ist, seine eigene Rechtssphäre zu beeinträchtigen, soll ihm zur Abwehr ein eigener Anspruch auf Unterlassung zustehen.

Der Anspruch besteht parallel zum Anspruch auf Einziehung der zur Verbreitung bestimmten Medienstücke oder Löschung der betreffenden Stellen der Website nach dem ebenso neu geschaffenen § 33a MedienG und wird für Fälle der Verletzung des Ansehens (§ 33a Z 1 MedienG umschriebenen Handlungen) und der Privatsphäre (§ 33a Z 2 und 3 MedienG umschriebenen Handlungen) normiert.

Die Geltendmachung des Anspruchs des Dienstgebers ist nicht von der Zustimmung des Mitarbeiters abhängig. Eine Pflicht zur gerichtlichen Geltendmachung für Dienstgeber bezüglich die den Dienstnehmer betreffende Persönlichkeitsrechtsverletzung insbesondere aufgrund der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht besteht nicht.

Dies bedeutet aber lediglich, dass der Dienstnehmer auch andere – geeignetere – Mittel zur Wahrung seiner Führsorgepflicht einsetzen kann. Die Persönlichkeitsrechte wirken auch im dienstlichen Bereich fort und schützen dort den Dienstnehmer insbesondere vor Erniedrigung, Ungleichbehandlung und Willkür (OGH 29.11.2021, 8ObA288/01p). Die allgemeine Fürsorgepflicht gebietet dem Dienstgeber, dafür zu sorgen, dass die Persönlichkeitssphäre seiner Dienstnehmer nicht durch unsachliche Belästigungen beeinträchtigt wird (OGH 28.11.2018, 8ObA3/04f).

Der Unterlassungsanspruch erfasst nur Persönlichkeitsrechtsverletzungen in einem Medium, die in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen. Da es sich um einen originären Anspruch des Dienstgebers handelt, muss die Verletzung geeignet sein, deren Möglichkeiten, den betroffenen Dienstnehmer einzusetzen, nicht unerheblich zu beeinträchtigen oder sein Ansehen erheblich zu schädigen. Dies ist der Fall, wenn der Dienstnehmer aufgrund des psychischen Drucks erkrankt und der Arbeit nicht mehr nachgehen kann, oder woanders eingesetzt werden muss, oder es für den Dienstgeber dadurch schwieriger wird, Menschen zu finden, die bereit sind, dieser Arbeit nachzugehen.

Auch ehrenamtlich Tätige (etwa für Vereine oder NGO) sowie Organe einer Körperschaft sind davon mitumfasst. Mit „Organ“ ist hier ein menschlicher Organwalter gemeint, etwa ein Mitglied des Vorstands, ein Geschäftsführer oder ein Bürgermeister (EB zu RV 481 BlgNR XXVII. GP, 22f).

Gemäß § 20 Abs 3 ABGB können nicht nur unmittelbare Täter, sondern auch Vermittler oder „mittelbare Störer“ iSd Rsp des OGH (Person, die die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hat, die auf sie zurückgehende, ihre Interessenswahrung dienende, aber unmittelbar von Dritten vorgenommenen Störhandlungen zu steuern und gegebenenfalls auch zu verhindern) auf Unterlassung geklagt werden.

Hier geht’s zum Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG im BGBl I Nr. 148/2020 vom 23.12.2020

Teilen mit: