Polen (1): Europäische Richter fordern Europäischen Rat zu entschlossenen Maßnahmen gegen polnische Rechtsstaatkrise auf

Angesichts der weiter eskalierenden Krise in Polen haben die vier größten Europäischen Richtervereinigungen ein Schreiben an den derzeitigen Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, geschickt.

Grund für das Schreiben ist die Tatsache, dass jene Disziplinarkammer, welche in Polen Entscheidungen über Strafen und Suspendierungen von Richtern trifft -entgegen der ausdrücklichen Anordnung des EuGH vom 8.4.2020 – ihre Verfahren gegen missliebige Richterinnen und Richter weiter fortführt. Die Richtervereinigungen verweisen dazu auf aktuelle Entscheidungen der Disziplinarkammer vom November 2020, mit denen Richter von ihrem Amt suspendiert und gleichzeitig ihre Bezüge gekürzt wurden.

Da nach den Informationen der Richtervereinigungen viele weitere polnische Richterinnen und Richter missbräuchliche Disziplinar- oder Strafverfahren zu befürchten haben, würde die Entscheidungen der Disziplinarkammer, die entgegen der Anordnung des EuGH in der Rechtssache C-791/19 ihre Tätigkeit weiter fortzusetzt, zu schweren, nicht wieder gutzumachenden Schäden am gesamten polnischen Justizsystem führen.

Angesichts dieser ernsten Lage fordern die Richtervereinigungen den Rat der Europäischen Union auf, den Grundwert der justiziellen Unabhängigkeit in der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten klar und eindeutig zu wahren, auf die polnische Rechtsstaatskrise zu reagieren und dafür zu sorgen, dass sich die polnische Regierung von dem zuvor gewählten Weg abwendet und alle geeigneten Schritte zur Wiederherstellung und Achtung der Unabhängigkeit der Justiz unternimmt.

Unterzeichnet ist der Brief vom den Präsidentinnen und Präsidenten von AEAJ, EAJ, MEDEL, Judges4Judges.

Hier geht’s zum Original des Briefes (nur Englisch verfügbar)

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