UN-Menschenrechtskommissarin fordert Verhältnismäßigkeit von Corona-Maßnahmen

Coronavirus

Mit Blick auf die drastischen Maßnahmen zur Bekämpfung des neuartigen Coronavirus weltweit hat UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet zur Verhältnismäßigkeit und zur Einhaltung der Menschenrechte aufgerufen.

„Alle öffentlichen Gesundheitsmaßnahmen sollten ohne Diskriminierung irgendeiner Art umgesetzt werden“, forderte Bachelet letzte Woche vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf. Staaten sollten zudem nur in absolut notwendigen Fällen Quarantäne-Maßnahmen beschließen.

„Quarantänen, welche das Recht auf körperliche Bewegungsfreiheit beschränken, müssen im Verhältnis zur Gefahrenlage stehen sowie zeitgebunden und sicher sein“, sagte Bachelet. Überdies müssten die Rechte der isolierten Menschen gewährleistet sein. Dazu gehörten das Recht auf „Nahrung und sauberes Wasser, menschliche Behandlung, Zugang zu medizinischer Versorgung, das Recht auf Information sowie auf freie Meinungsäußerung“.

EMRK ist Maßstab für die Zulässigkeit von Maßnahmen

Die Frage, was gerade noch zulässig und was übertrieben ist, stellt sich auch in Österreich. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) erlaubt im Kampf gegen eine Epidemie Einschränkungen der persönlichen Freiheit, ebenso das österreichische Epidemiegesetz. Dazu zählen Absperrungen und Quarantänemaßnahmen, wie sie zum Beispiel der am Freitag präsentierte Wiener Notfallplan vorsieht.

Laut Artikel 5 der EMRK kann die Freiheit einem Menschen unter anderem dann entzogen werden, „wenn er eine Gefahrenquelle für die Ausbreitung einer ansteckenden Krankheit“ darstellt. Das jedoch dürfe „nicht willkürlich“ geschehen, sagt der Menschenrechtsexperte Manfred Nowak: „Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben.“

Wie aber stellt man fest, ob eine Maßnahme – etwa die vorübergehende Abriegelung einer Schule – verhältnismäßig ist? Hier, so Nowak, gebe es „verschiedene Stufen“. Erstens müsse die Maßnahme einen klaren Zweck haben; im Fall einer Schulabriegelung jenen, die Ausbreitung von Coronavirus-Infektionen zu verhindern.

Zweitens sei sie nur dann zulässig, wenn es kein gelinderes Mittel gebe. Das wäre, sagt Nowak, „eine andere Vorgangsweise, die ebenso schützt, aber weniger tief in die persönliche Freiheit eingreift“.

Eine eindeutige Verletzung stelle „Diskriminierung“ dar: „etwa wenn alle Asiaten oder alle Italiener unter Quarantäne gestellt würden“. Handle es sich hingegen etwa um Italiener mit Covid-19-Symptomen, die in den vergangenen Wochen in Norditalien waren, sei die Quarantäne wohl berechtigt.

Hier dem Beitrag auf dem Schweizer Nachrichtenportal nau.ch lesen …

Hier den Beitrag im Standard lesen …

Teilen mit: