„Die verdeckte Erfassung und Identifizierung von Lenkern, die Verarbeitung von Daten aus Section-Control-Anlagen durch Sicherheitsbehörden, die geheime Überwachung verschlüsselter Daten und die Ermächtigung zur Installation eines Programms zur Überwachung von Bürgern sind allesamt rechtswidrig“. Das erklärte Christoph Grabenwarter, Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), am Mittwoch.
Damit wurden vom Verfassungsgerichtshof weite Teile des sogenannten „Sicherheitspakets“ aufgehoben, welches im Wesentlichen aus einem Strafprozessrechtsänderungsgesetz, Änderungen im Sicherheitspolizeigesetz, in der Straßenverkehrsordnung und im Telekommunikationsgesetzes 2003 bestand.
Vorgeschichte
Die Gesetzesmaßnahmen waren vor dem Verfassungsgerichtshof gelandet, nachdem sich Oppostionsparteien beschwert hatten. Im Juni wurde dann öffentlich verhandelt. Bereits damals hinterfragten die Richter das Gesetz. Konkret wollte die Regierung Autofahrer weitaus strenger als zuvor überwachen: So sollten bei Section-Control-Anlagen, die die Geschwindigkeit von Fahrzeugen innerhalb einer Wegstrecke messen, weitere Daten gespeichert werden. Bisher wurden Kennzeichen auf der Autobahn erfasst und überprüft. Wird ein Fahrzeug als gestohlen gemeldet oder fährt man zu schnell, werden die Informationen gespeichert, ansonsten kommt es zu einer Löschung.
Neben diesem Abgleich sollten nun weitere Daten hinzukommen: Die Marke, der Typ, die Farbe und eben das Kennzeichen sollten zwei Wochen lang gespeichert werden, im Verdachtsfall sogar fünf Jahre. Die Verfassungsrichter urteilten nun, dass es sich dabei um eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung handelt. Damit sei ein „gravierender“ (Grabenwarter) Eingriff in das Grundrecht auf Privatsphäre und das Recht auf Datenschutz gegeben.
Trojaner
Bei dem Bundestrojaner handelt es sich nach den Plänen der abgesetzten Regierung um eine staatliche Spionagesoftware, die es ermöglichen soll, auch die Kommunikation in verschlüsselten Messengerdiensten wie Whatsapp oder Signal auszulesen. Die Einführung wäre für April 2020 vorgesehen gewesen.
Geplant war, diesen bei Verbrechen mit einer Strafobergrenze von mehr als zehn Jahren, bei einem Verdacht auf terroristische Straftaten oder bei Straftaten gegen Leib und Leben sowie gegen die sexuelle Integrität mit einer Strafobergrenze von mehr als fünf Jahren einzusetzen. Aber auch Kontakte einer verdächtigen Person, etwa auf Facebook, hätten betroffen sein können. Zudem sollten die Überwachten gar nicht über die Maßnahme informiert werden.
Aus Sicht des Verfassungsgerichtshofs ist das ein „gravierender Eingriff“ in die Privatsphäre. Eine Rechtfertigung sei trotz des gewählten Straßmaßes „nicht erkennbar“. So handle es sich bei den eingegeben Daten um hochsensible, private Informationen. Der Staat könne, sagt Grabenwarter, anderenfalls Rückschlüsse auf die Gedanken des Nutzers, seine Vorlieben, seine Neigungen und seine Orientierungen ziehen. Somit handle es sich bei der verdeckten Überwachung um einen schwerwiegenden Eingriff des Grundrechts aus Privatsphäre. Diese Form der Überwachung sei daher nur „in äußerst engen Grenzen“ zulässig.
Dazu kommt, dass vorgesehen war, dass bei einer physischen Installation ein heimliches Eindringen in eine Wohnung vorgesehen war. Es wäre dabei zulässig gewesen, etwaige Sicherheitsvorkehrungen zu überwinden. Der Verfassungsgerichtshof sieht darin einen Verstoß gegen die Unverletzlichkeit des Hausrechts.
Anschaffung von 30 Systemen zur Kfz-Erfassung geplant
Für die Kennzeichenüberwachung wollte das Innenministerium zehn stationäre und 20 mobile Kennzeichenerkennungssysteme kaufen. Die Rechtsanwaltskammer hatte in der Begutachtung kritisiert, dass damit ein flächendeckendes Bewegungsprofil von Verkehrsteilnehmern erstellt werden könnte – und zwar ohne gerichtlichen Rechtsschutz und ohne konkreten Anlass.
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Siehe dazu auch: Sicherheitspaket und Datengesetz beschlossen
Und: Neues „Sicherheitspaket“ – Weiterhin keine richterliche Kontrolle
Und: Sicherheitspaket- „Massive Einschränkung von Bürgerrechten“