Verwaltungsgerichtstag Darmstadt (2): Leistungsbeurteilung von Richtern – schnell, viel und billig?

Prof. Dr. Jan Bergmann, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und Honorarprofessor an der Universität Stuttgart, referierten in diesem Arbeitskreis zum Thema „Gerechte Beurteilung von Beamten- und insbesondere Richterarbeit“.

Im Allgemeinen hat nach seinem Verständnis eine gerechte Beurteilung unparteiisch, sachlich und verantwortungsfreudig zu sein. Bei der Beurteilung ist eine Differenzierung in Bezug auf den jeweiligen Aufgabenbereich erforderlich und die Heranziehung von Richtwerten und Quoten ist zulässig. Derartige Quoten dürfen jedoch nur dann herangezogen, wenn sie „weich“ gehandhabt werden und nach der Gaußschen Verteilung eine Gruppe von zumindest 30 Personen als Vergleich dient.

Bei der Beurteilung der Arbeit von Richterinnen und Richter steht der Grundsatz der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit im Vordergrund. Jede Einflussnahme auf die richterliche Unabhängigkeit, und sei es auch nur eine psychologische, ist unzulässig. Er verwies dabei auf die Lage der Unabhängigkeit der Justiz in Polen, Ungarn und der Slowakei. Für die Abgrenzung des geschützten Kernbereiches der Unabhängigkeit ist es nach Auffassung des Vortragenden zielführend einen funktionalen Ansatz zu wählen, damit sind von dieser alle richterlichen Tätigkeiten umfasst.

Ebenso wie in Österreich sind die Verwaltungsgerichte in Deutschland aufgrund der Migrationsbewegungen in den letzten Jahren besonders gefordert. In diesem Zusammenhang führte Prof. Bergmann aus, dass „schnell, viel, billig“ – er verwendete dabei die Begriffe „Notstandsjudikatur“ und „lemminghafte Schlagzahlenfixiertheit“ – nicht zum Beurteilungsmaßstab werden darf. Dies führt nämlich zu einer großen Konkurrenz unter den Richterinnen und Richtern, was wiederum dauerhaft Strukturen zerstört.

Das heißt nach den Ausführungen von Prof. Bergmann nicht zugleich, dass „wenig, langsam und teuer“ gut ist. Ein allgemeines Anhalten zur vermehrten Erledigung ist mit der richterlichen Unabhängigkeit vereinbar, bei einem erheblichen Zurückbleiben in den Erledigungszahlen müssen Ermahnungen möglich sein.

Zum Abschluss betonte der Vortragende, dass „good judging“ ein zentrales Element bei der Beurteilung der richterlichen Arbeit ist. „Good judging“ war dann Thema eines weiteren Arbeitskreises am Deutschen Verwaltungsgerichtstag. Prof. Bergmann skizzierte schließlich die für ihn dabei maßgeblichen Kriterien, darunter versteht er die Haltung der Richterin oder des Richters zu den Prozessbeteiligten, zur Fairness, zur Öffentlichkeit, zum politischen Meinungskampf, zu den Kollegen und zu sich selbst.

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