CCJE Opinions (1): Die Rolle der Gerichtspräsidenten

Die Hauptaufgabe des Consultative Council of European Judges (CCJE) im Europarat besteht darin, zur Umsetzung des globalen Rahmenplans für Richter in Europa beizutragen, der am 7. Februar 2001 vom Ministerkomitee angenommen wurde, um die Rolle der Richter in den Mitgliedstaaten zu stärken.

Der CCJE hat eine beratende Funktion in allgemeinen Fragen der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Kompetenz von Richtern.

In dieser Funktion bereitet er Stellungnahmen  für das Ministerkomitee des Europarates vor. Der CCJE kann auch Stellungnahmen von anderen Gremien des Europarats erhalten. Obwohl die Stellungnahmen des CCJE den bestehenden nationalen Gegebenheiten Rechnung tragen, enthalten sie hauptsächlich innovative Vorschläge zur Verbesserung des Status von Richtern und der Dienstleistungen für die Bürger, die Gerechtigkeit suchen.

Anlässlich seines 10. Jahrestages verabschiedete der CCJE auf seiner 11. Plenarsitzung (November 2010) eine Magna Carta of Judges (Grundprinzipien) Zusammenfassung und Kodifizierung der wichtigsten Schlussfolgerungen der bereits angenommenen Stellungnahmen.

Wir werden in periodische Abständen scherpunktmäßig über diese Stellungnahmen berichten. Aus aktuellem Anlass (siehe: Präsidentenbesetzung am LVwG Burgenland: Dachverband der Verwaltungsrichter fordert Neuausschreibung ) beginnen wir mit der

Stellungnahme zur Rolle der Gerichtspräsidenten

(Opinion N° 19/2016)

Auswahl und Ernennung

Die Mindestqualifikation, um ein Gerichtspräsident zu werden, besteht darin, dass der Kandidat über alle notwendigen Qualifikationen und Erfahrungen verfügen muss, damit er als Richter bei diesem Gericht eingesetzt werden kann. Die Fähigkeiten zur Ernennung als Gerichtspräsidenten sollten die Aufgaben widerspiegeln, die zu erfüllen sind.

Der CCJE ist der Auffassung, dass die Verfahren für die Ernennung von Gerichtspräsidenten dem gleichen Weg folgen sollten wie die Auswahl und Ernennung von Richtern. Im Allgemeinen wird die Leistung der Gerichtspräsidenten ebenso zu bewerten sein, wie die Arbeit der ordentlichen Richter, wobei alle erforderlichen Garantien zu beachten sind.

Der Grundsatz der Unabsetzbarkeit von Richtern sollte für die Amtszeit von Gerichtspräsidenten gelten, unabhängig davon, ob sie zusätzlich zu ihren richterlichen Aufgaben Verwaltungs- oder Leitungsaufgaben wahrnehmen. Die Abberufung eines Gerichtspräsidenten vor Ablauf seines Mandats sollte zumindest den gleichen Garantien unterliegen wie die Absetzung von ordentlichen Richtern. Die Beendigung der Amtszeit eines Gerichtspräsidenten sollte sich grundsätzlich nicht auf seine Position als Richter auswirken.

Leitung

Die Rolle der Gerichtspräsidenten besteht darin, das Gericht und die anderen Richter zu vertreten, um das effektive Funktionieren des Gerichts zu gewährleisten und damit seinen Dienst an der Gesellschaft zu verbessern und Gerichtsfunktionen zu übernehmen. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben schützen die Gerichtspräsidenten Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Gerichts und der einzelnen Richter und sie müssen jederzeit als Hüter dieser Werte und Grundsätze handeln.

Gerichtspräsidenten haben die Aufgabe, einen Beitrag zur Arbeit der Selbstverwaltungsorgane zu leisten. Eine Konzentration von Funktionen und Befugnissen in den Händen nur einer begrenzten Gruppe von Personen sollte jedoch vermieden werden.

Es ist von grundlegender Bedeutung, dass die Gerichtspräsidenten Gerichte in strikter Übereinstimmung mit den Grundprinzipien der richterlichen Gewalt verwalten. Im Allgemeinen erfordert dies, dass diejenigen, die als Gerichtspräsidenten ernannt werden, über umfassende Erfahrung in der Entscheidung von Rechtsachen verfügen sollten.

Wenn Gerichtspräsidenten eine Rolle bei der Datenerhebung und bei der Beurteilung der Arbeit des Gerichts und der einzelnen Richter spielen, müssen geeignete Garantien vorhanden sein, um Unparteilichkeit und Objektivität zu gewährleisten. Jedes Verwaltungsmodell in Gerichten muss eine bessere Rechtspflege ermöglichen und darf kein Selbstzweck sein. Die Gerichtspräsidenten sollten niemals Handlungen oder Tätigkeiten vornehmen, die die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz beeinträchtigen

Die Rolle der Gerichtspräsidenten bei der Zuweisung von Haushaltsmitteln an das Gericht sollte erheblich, wenn nicht entscheidend sein und sie sollten die Befugnis haben, den Haushalt innerhalb ihrer Gerichte zu verwalten.

Richterliche Tätigkeit

Der CCJE hält es für sehr wichtig, dass die Gerichtspräsidenten nach ihrer Ernennung weiterhin ihr Richteramt aktiv ausüben. Eine ständige richterliche Tätigkeit ist nicht nur wichtig, damit die Präsidenten ihre Professionalität aufrechterhalten und den Kontakt zu anderen Richtern im Einklang mit dem Grundsatz primus inter pares aufrechterhalten können, sondern auch ihre organisatorische Rolle durch das direkte Bewusstsein für Probleme in der täglichen Praxis bestmöglich erfüllen können. Die Fallzahl der Gerichtspräsidenten kann unter Berücksichtigung ihrer Führungsaufgaben reduziert werden.

Bewertung der Arbeit des Gerichtspräsidenten

Im Allgemeinen wird die Leistung des Gerichtspräsidenten ebenso bewertet wie die Arbeit der ordentlichen Richter.

Auf der Grundlage der spezifischen Rolle des Gerichtspräsidenten kann außerdem eine Bewertung der Leitungsfunktion erfolgen, um die Möglichleit von Verbesserungen auszuloten und um aus den Erfahrungen zu lernen.

Amtszeit

Zum einen sollte die Amtszeit des Präsidenten lange genug sein, um genügend Erfahrung zu sammeln und die Umsetzung von Ideen zu ermöglichen, die den Parteien bessere Dienste bieten. Auf der andern Seite sollte die Amtszeit nicht zu lange sein, da dies zu Routine führen und die Entwicklung neuer Ideen behindern kann.

Ein schwerwiegender organisatorischer Misserfolg oder die Unfähigkeit, die Funktion des Gerichtspräsidenten zu erfüllen, kann zu einem Absetzungsverfahren führen, das klaren objektiven Kriterien und Garantien unterliegt.

Die Beendigung der Amtszeit des Gerichtspräsidenten, sei es aufgrund des Endes des Mandates oder im Fall der vorzeitigen Abberufung, darf seine Richterstellung nicht beeinträchtigen.

Hier die ganze Stellungnahme (Englisch) lesen …

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