Regierungsprogramm (1): Konzentration, Effizienzsteigerung und Beschleunigung von Verwaltungsverfahren

Unter den Kapiteln „Moderner Bundesstaat“, „Schlanker Staat“ oder „Moderner Verfassungsstaat“ enthält das Regierungsprogramm eine Reihe von Vorhaben, die Auswirkungen auf die künftige Verfahrensführung der Verwaltungsgerichte haben werden. Zahlreiche vorgeschlagene Änderungen sind deckungsgleich mit der „Agenda VG 2022“, dem Forderungspapier des Dachverbands der Verwaltungsrichter.

Im Rahmen der in Aussicht genommenen Entflechtung der Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern ist eine weitere Verfahrenskonzentration bei Betriebsanlagengenehmigungen etwa durch Vollkonzentration für die Bereiche Baurecht, Naturschutzrecht und Wasserrecht geplant. Das erklärte Ziel ist ein „bundeseinheitlicher Vollzug“ durch die Bezirksverwaltungsbehörde.

Die Landespolizeidirektionen sollen Kompetenzen an die Bezirksverwaltungsbehörden abgeben, letztere sollen zu Sicherheitsbehörden erster Instanz aufgewertet werden. Die Behördenzuständigkeit für Staatsbürgerschaftsverfahren wird überdacht. Im Dienstrecht soll u.a. eine größere Durchlässigkeit zwischen Bund und Ländern (Homogenität) ermöglicht werden.

Bessere Ausstattung der Verwaltungsgerichte

Zur Steigerung der Effizienz der rechtsprechenden Tätigkeit durch Entlastung der Richterrinnen und Richter von nichtrichterlichen Tätigkeiten und der damit verbundenen Verkürzung der Verfahrensdauer sowie zur Heranbildung des richterlichen Nachwuchses ist die Zurverfügungstellung  von  entsprechendem  Verwaltungspersonal  und  Arbeitsplätzen  für juristische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geboten.  Es sollen weitere Präzisierungen und Bereinigungen im Bereich von Schnittstellen zwischen Verwaltung und Verwaltungsgerichtbarkeit durchgeführt werden.

Eine Gesamtevaluierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit soll vier Jahre nach deren Einführung erfolgen.

Folgende allgemeine verfahrensrechtliche Neuerungen sind vorgesehen:

  • Schaffung der  Möglichkeit,  das  Ermittlungsverfahren  mit  Schluss  der  Verhandlung  auch formell zu beenden
  • Prüfung der  Möglichkeit,  bei  technischen  Fragen  Ermittlungsaufträge  an  die  belangten Behörden zu richten
  • Säumnisbeschwerde: Vor Übergang der Entscheidungspflicht an ein Verwaltungsgericht soll säumiger  Verwaltungsbehörde  eine  Nachfrist  zur  Entscheidung  gesetzt    In  dieser Frist ist die Behörde verpflichtet, die Entscheidung nachzuholen
  • Prüfung der  Einführung  eines  allfälligen  Neuerungsverbots  im  verwaltungsgerichtlichen  Verfahren

Im Verwaltungsstrafrecht sind folgende Änderungen geplant:

  • Zur Verhinderung von Strafexzessen soll das Kumulationsprinzip überarbeitet werden (z.B. eine Strafe statt Mehrfachbestrafung, Verhältnismäßigkeit der Strafen).
  • Stärkung der     Unschuldsvermutung:     Abschaffung     der     Verschuldensvermutung bei Strafdrohungen (§ 5 Abs. 1 2. Satz VStG)
  • Beraten statt Strafen: Verankerung des Prinzips in den einzelnen Materiengesetzen
  • Anerkennung von Compliance-Maßnahmen: Mehr Rechtssicherheit für Unternehmen
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